Prozess gegen drogensüchtigen Anwalt in Mannheim: "Das Motiv war die Sucht"
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Von Willi Berg
Mannheim. Im Prozess gegen einen drogensüchtigen Rechtsanwalt haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung Bewährungsstrafen beantragt. Der bekannte Mannheimer Strafverteidiger soll insgesamt 200 Gramm Kokain für den Eigenbedarf gekauft haben. Das Urteil wird am kommenden Freitag verkündet.
Der 51-Jährige zeigte sich in seinem Schlusswort reumütig: "Ich habe schwere Schuld auf mich geladen und das Vertrauen vieler Menschen enttäuscht." An dieser Schuld trage er schwer. Er habe harte Drogen "in erheblichem Umfang" konsumiert. Inzwischen sei er frei davon und mache eine ambulante Therapie beim Drogenverein. An das Gericht gewandt, sagte er: "Ich nehme das Urteil demütig entgegen." Sein größter Wunsch: als Anwalt weiterarbeiten zu können. Er habe den geliebten Beruf mit heißem Herzen ausgeübt und "immer ein freches Maul gehabt".
"Er hat sich den Ruf eines unnachgiebigen Strafverteidigers erworben", so sein Anwalt Klaus Malek. Und das über Mannheim hinaus. Sein Mandant sei seit Jahren abhängig. "Das Motiv war die Sucht", sagte Malek. Für den 51-Jährigen stehe viel auf dem Spiel: Bei einer Verurteilung drohe der Ausschluss aus der Anwaltschaft. Malek geht ebenso wie Mitverteidiger Jens Graf von einem minder schweren Fall aus und beantragte eine Strafe von maximal 18 Monaten auf Bewährung.
Anders sieht dies Staatsanwältin Linda Thomsen. Für sie liegt kein minder schwerer Fall vor. Sie plädierte auf eine zweijährige Bewährungsstrafe. Zudem solle der Angeklagte 15.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Als "Organ der Rechtspflege" habe der Angeklagte Drogen von einem befreundeten Mandanten gekauft, den er in BTM-Prozessen verteidigte. Das Kokain sei zumeist in die Kanzlei oder die Wohnung des Anwalts gebracht worden.
Auch eine langjährige, schon verurteilte Freundin habe ihm Kokain besorgt. Der Angeklagte habe zudem den Kontakt zwischen seinen zwei Lieferanten hergestellt. Und dadurch Beihilfe zu einem Drogengeschäft der beiden mit Marihuana und Ecstasy geleistet. Auch die Staatsanwältin glaubt, dass sich der Angeklagte inzwischen von den Drogen gelöst hat und geht von einer "günstigen Sozialprognose" aus.
Mitverteidiger Jens Graf bezweifelt die in der Anklageschrift genannten Kokainmengen und den Reinheitsgrad von 30 Prozent. Und begründete das so: Nach Aussage eines Kokslieferanten habe der Anwalt drei Gramm hintereinander geschnupft. Und sei dann mit ihm zu einem Prozess nach Düsseldorf gefahren.
Der Verteidiger kann das nicht glauben. Das sei "eine absurd hohe Menge". Er kann sich nicht vorstellen, dass der Angeklagte dann noch hätte Auto fahren können. Vielmehr glaubt Graf, dass der Stoff gestreckt war und einen viel geringeren Reinheitsgrad hatte. Damit sei die Grenze zur strafverschärfenden "nicht geringen Menge" nicht oder nur geringfügig überschritten. Die Übergabe des Kokains in der Kanzlei sei nicht verwerflicher als in der Wohnung. Die beruflichen Folgen müssten bei der Strafzumessung berücksichtigt werden. Verliere der Angeklagte seine Zulassung, dann sei dessen "wirtschaftliche Existenz am A..."
Sein Mandant hatte am ersten Prozesstag offen über sein Leben berichtet. Der Jurist sprach von einem "exzessiven Privatkonsum" und gestand, keine Rücklagen gebildet zu haben. Inzwischen hätten sich rund 200.000 Euro Schulden angesammelt. "Ich fand sein Konsumverhalten bedenklich", sagte sein verurteilter Kokslieferant aus. Mindestens einmal habe er gesehen, wie sich der Anwalt "zwei bis drei Gramm in einer halben Stunde reingehauen hat".