Mehrgenerationen-Projekt in Ladenburg: "Vielfalt" trifft Zeitgeist
Von Silke Beckmann
Ladenburg. Riesengroß war das Interesse zur Auftaktveranstaltung, mit der die Planungsgemeinschaft "Vielfalt" ihr gemeinschaftliches Mehrgenerationen-Wohnprojekt in der Nordstadt vorstellte. Mit 200 Gästen, darunter rund ein Drittel aus der Umgebung, hatte der Domhof seine Kapazitätsgrenze erreicht. Einige weitere Interessierte mussten gar vertröstet werden. "Ich bin ein bisschen erschlagen", staunte Fred Hammerschlag namens der Initiatoren, die mit einem Bruchteil des Zuspruchs gerechnet hatten.
Auch Bürgermeister Stefan Schmutz freute sich über diese nie da gewesene Fülle: "Das spricht für Ihr Projekt", das dem Zeitgeist entspreche und das die Stadtverwaltung aufgeschlossen begleite. "Der Weg wird auch vom Gemeinderat unterstützt", versicherte Schmutz, schließlich soll ein "buntes, vielseitiges, urbanes Quartier" entwickelt werden. Gemeinschaftliches Zusammenleben lasse sich nicht am Schreibtisch entwickeln, geschweige denn verordnen.
Insofern nahm Schmutz die Veranstaltung als Auftakt zur Frage, wie die neue Nordstadt inhaltlich gestaltet werden solle. Kein reines Wohnbaugebiet, sondern ein Quartier soll am Ende des Stadtentwicklungsprozesses stehen, in dem über tausend Menschen in 550 Wohneinheiten vielfältiger Bebauungsformen leben werden.
Begleitet wird "Vielfalt" von Rainer Kroll vom Unternehmen Wohnberatung und -entwicklung aus Karlsruhe. Er bringt auf diesem Gebiet reichlich Praxis und Erfahrung mit, war Vorstand im Forum gemeinschaftliches Wohnen und hat schon etliche vergleichbare Projekte realisiert. Im Domhof präsentierte er mehrere Beispiele dieser Wohnform, sei es die von vielen Baugruppen geprägte Südstadt Tübingens, der Generationenhof Landau oder die im Mannheimer Quadrat C7 von vier Baugruppen realisierten Projekte.
Die Vorteile liegen laut Kroll auf der Hand, angeführt von der guten Nachbarschaft: "Sie lernen sich ganz zu Anfang kennen, und es bleiben die zusammen, die miteinander können und wollen." Zudem haben die Mitmacher die Chance, entscheidend bei der Planung mitzuwirken, indem sie mit dem Architekten zusammenarbeiten, können vergleichsweise preisgünstig bauen und schließlich "ganz viele interessante Lösungen umsetzen und Vielfalt erreichen".
Und ob individuelles Eigentum, Mietwohnungen oder Genossenschaftsmodelle - es können Menschen mit ganz unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten untergebracht werden, so Kroll. Eine entscheidende Rolle spielt der "soziale Mehrwert", den er anhand des Karlsruher Wohnprojekts der "Baugemeinschaft Vielfalt" erläuterte, in dem er selbst zu Hause ist und wo sich zum Beispiel Gemeinschaftsräume und Gästewohnungen, Werkstätten, ein Kinderhort, eine betreute Wohngemeinschaft und eine Car-Sharing-Station befinden. "Es ist eigentlich ein kleines Dorf in der Stadt."
Und so soll auch das Nordstadt-Projekt auf drei Säulen basieren, deren Hauptziele gemeinschaftliches Mehrgenerationen-Wohnen und Gemeinschaftseinrichtungen sind, aber ebenso gewerbliche Einrichtungen mit sozialem Mehrwert. Bereits jetzt gibt es Ideen, etwa ein kleinerer Nahversorgungsladen, ein Backshop mit Café, Gesundheitseinrichtungen oder Kinderbetreuung.
Einen anvisierten Wunsch-Standort gibt es schon. Kroll rechnet mit siebzig bis achtzig Wohneinheiten, einem möglichen Baubeginn 2020 und mit einer Baudauer von unter zwei Jahren. Dass seine Ausführungen großen Anklang gefunden hatten, bewies die Zahl der Finger, die hochgingen auf die unverbindliche Frage, wie viele der Anwesenden sich denn vorstellen könnten, sich einzubringen: mindestens 50 Personen wären dabei.
In Stein gemeißelt ist bislang jedoch noch nichts. Wie Fred Hammerschlag eingangs gesagt hatte, liegen aktuell weder Hochglanzprospekte oder gar Finanzierungsmodelle vor, vielmehr sollte die Veranstaltung eine Art Initialzündung markieren: "Je früher man mitmacht, desto eher hat man die Chance, mitzugestalten."
Info: Weitere Interessenten können sich jederzeit mit der Planungsgemeinschaft "Vielfalt" per Mail info@vielfalt-ladenburg.de in Verbindung setzen. Der nächste Info-Abend findet am Dienstag, 20. Februar, um 20 Uhr im Café Antique, Lustgartenstraße 6 (im Auktionshaus Seidel) statt.