Theater Heodelberg: Doppelspitze in der Oper
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Von Matthias Roth
Heidelberg. Sie kommt gebürtig aus Dresden, er aus Solingen: Zusammen bilden Ulrike Schumann und Thomas Böckstiegel das neue Team der Operndirektion am Heidelberger Theater in der Nachfolge von Heribert Germeshausen, der im Herbst als Intendant nach Dortmund wechselt.
Es sei die "Reaktion auf einen Trend", so Intendant Holger Schultze vor der Presse, denn viele Theater in Deutschland würden vermehrt auf Leitungsteams in Führungspositionen setzen, die gemeinsam die zahlreichen Aufgaben einer solchen Stellung bewerkstelligen. Dabei sind nun Ulrike Schumann schwerpunktmäßig für dramaturgische Aufgaben und der Kulturmanager Thomas Böckstiegel für das Sänger-Casting und die Ensemblearbeit zuständig, wobei beide zusammen den Spielplan erstellen und verantworten. Die nächste Spielzeit allerdings plante wegen der langen Vorlaufzeiten noch Heribert Germeshausen, wie Schultze betonte.
Die beiden Neuen taten ganz überrascht vom Heidelberger Flair und dem reichen Theaterangebot in der Stadt. Ulrike Schumann wuchs in bildungsbürgerlichem Umfeld auf und erlebte den Fall der Mauer als 14-Jährige. Nach dem Studium in Leipzig ging sie nach Berlin und realisierte 1997/98 Musiktheater im Problemstadtteil Neukölln. Damals lernte sie: "Musiktheater muss für alle offen sein", was nicht bedeute, dass es deshalb auf niedrigem Niveau stattfinden müsse. Ihr Weg führte sie weiter an die Oper Bonn und nach Osnabrück, wo sie die Operndramaturgie leitete. Bei den Schwetzinger Festspielen konnte man eine Produktion sehen, die sie mitverantwortete: "Bluthaus" (2011) von Georg Friedrich Haas und Händl Klaus.
Ihre besondere Neugier gilt seltener gespielten Werken oder unbekannten Stücken, etwa solchen, die durch die NS-Diktatur "verschwunden" sind und nie wieder aufgeführt wurden. "Das wird ein Themenschwerpunkt in Heidelberg werden", so Schumann im Einvernehmen mit ihrem Team-Partner Böckstiegel und Intendant Holger Schultze, allerdings erst ab der Spielzeit 2019/20. Auch zur Operette hat Ulrike Schumann einen Draht und findet sie "mitnichten angestaubt oder miefig".
Thomas Böckstiegel begann seine Theaterlaufbahn bei der Ruhrtriennale unter Gerard Mortier und Jürgen Flimm, nachdem er Theater- und Musikwissenschaften studiert hatte. An den Theatern in Dortmund, Essen und zuletzt in Wuppertal war er danach tätig und baute dort mehrfach prämierte Opernensembles auf. Im Sommer wird er erstmals Jurymitglied des Internationalen Haydn-Wettbewerbs für Gesang in Österreich sein.
In Heidelberg sieht Böckstiegel auf der Basis eines "guten Bildungsstands" der Bevölkerung ein "hohes Potenzial" für die Oper. Auf der anderen Seite faszinieren ihn auch "partizipative Musiktheaterprojekte mit jungen Menschen und Amateuren", die er ein- bis zweimal pro Spielzeit realisieren möchte.
Im Team möchten Ulrike Schumann und Thomas Böckstiegel die eingeschlagene Richtung des Heidelberger Musiktheaters in etwa beibehalten: Neben Entdeckungen im Alten und Neuen soll auch beim Repertoire der Fokus auf eher weniger oft gespielte Werke (etwa aus dem slawischen oder britischen Raum) gelenkt werden.
Den erfolgreichen "Winter in Schwetzingen" wollen sie in jedem Fall beibehalten, wobei der Blick hier auf die deutsche Barockoper gerichtet wird. Auch sollen keine bereits bekannten Werke gespielt werden als vielmehr unbekannte oder vergessene Werke den Spielplan bestimmen. Aber auch hier ist die Planung Heribert Germeshausens für das Barockfestival 2018/19 noch ausschlaggebend, sodass die Arbeit des neuen Direktorenteams erst mit der Saison 2019/20 durchstarten wird.