DRK-Demonstration in Mannheim: "Wir sitzen auf einem Pulverfass"
Von Jan Millenet
Mannheim. Mit Trillerpfeifen - fast lauter als die Sirenen von Rettungsfahrzeugen - und leuchtenden Westen ziehen gestern Beschäftigte des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) durch Mannheim. Es ist die erste Warnstreikphase des DRK nach zwei ergebnislosen Verhandlungsrunden, zu der die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi aufgerufen hat. Die Forderung: Mehr Lohn für die DRK-Mitarbeiter. Die neue Verhandlungsrunde startet heute in Berlin.
Die lautstarke Demo vom Gewerkschaftshaus bis zum Hauptbahnhof ist ein eindrucksvoller Warnschuss seitens der DRK-Mitarbeiter. Laut Verdi-Schätzung nehmen in Mannheim über 900 Beschäftigte teil. Darunter Mitarbeiter aus Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Selbst aus dem Saarland und vom Bodensee sind DRK’ler zur Unterstützung angereist.
Wut über Arbeitgeber-Angebote
Ihre Wut über die ersten Arbeitgeberangebote, beispielsweise eine einmalige Zahlung über 200 Euro, können und wollen die Streikenden nicht verbergen. "Mehr von uns ist besser für alle", rufen sie und deuten damit an, dass schlechte Bezahlung zu Personalmangel führt. "Unsere Arbeit ist mehr wert" prangt auf den Bannern. Oder: "Sparen am Personal - eine todsichere Sache." Die Unzufriedenheit ist spürbar.
"Man gibt vor, mehr Leute einstellen zu wollen. Aber mehr Geld wollen sie nicht bezahlen", sagt der Rettungsassistent Hans-Jürgen Hillwert aus dem Westerwald nach der Kundgebung am Hauptbahnhof. Dabei seien die Probleme deutlich sichtbar. "Wir bekommen wegen des Personalmangels teilweise die Dienstpläne nicht mehr geregelt", erzählt er aus seinem Arbeitsleben.
In der Zwischenzeit würden daher schon Rettungsfahrzeuge abgemeldet, weil sie nicht mehr besetzt werden können. "Wir sitzen auf einem Pulverfass", sagt der Rettungsassistent. Sein Blick zeigt Entschlossenheit: "Wenn die Verhandlungsergebnisse wieder schlecht sind, gehen wir wieder auf die Straße." Doch der Rotkreuzler gibt sich auch hoffnungsvoll: "Es wird was passieren. Denn so kann es nicht weitergehen."
Eine Unverschämtheit seien die Angebote der Arbeitgeber, finden auch drei junge Rettungssanitäter aus Rheinland-Pfalz. Ihre Namen wollen sie nicht sagen. Auch sie nennen den Personalmangel an erster Stelle, wenn es um die Probleme im Arbeitsalltag geht. Dazu viel Arbeit und wenig Geld. "Das ist so nicht mehr hinnehmbar", sagen die drei. Auch sie werden wieder auf die Straße gehen, sollte es keine besseren Angebote ihrer Arbeitgeber geben.
Einen viel zu schlecht bezahlten Nachtdienst, deutliche Lohnunterschiede zu Kollegen anderer Rettungsdienste und Nachwuchsprobleme beklagt hingegen Notfallsanitäter Manfred Buhl aus Mosbach. "Die Angebote der ersten beiden Verhandlungsrunden sind eine schallende Ohrfeige", sagt er wütend. Die schlechte Bezahlung beim DRK würde dafür sorgen, dass Interessenten sich für andere Arbeitgeber entscheiden würden. "Es herrscht eine hohe Fluktuation", so Buhl.
Unter den Rednern befindet sich am Dienstag auch Wolfgang Prinz vom DRK Reutlingen. Er lobt die große Teilnehmerzahl, die ein deutlicher Rückenwind für die Verhandlungen in Berlin sei. "Wir werden mit Druck antreten. Wir werden weitermachen", ruft er ins Mikro und erntet dafür Beifall und ein schallendes Trillerpfeifenkonzert. Beeindruckt zeigt sich auch der Verdi-Verhandlungsführer Frank Hutmacher bei der Kundgebung. "Ich gehe von einem besseren Angebot aus", sagt er mit Blick auf die neue Verhandlungsrunde: "Ansonsten treffen wir uns hier wieder."
In der aktuellen Tarifrunde fordert die Gewerkschaft 7,5 Prozent mehr Lohn, mindestens jedoch 200 Euro, und eine Anhebung der Ausbildungsvergütungen um 150 Euro pro Monat. Die Bundestarifgemeinschaft (BTG) hatte Mitte April eine Einmalzahlung sowie eine Laufzeit von 27 Monaten vorgeschlagen, bei der die Gehälter dieses Jahr um 2,4 und nächstes Jahr noch mal um 2,2 Prozent steigen sollen. Beim DRK arbeiten bundesweit rund 150.000 Menschen hauptamtlich.