Güterverkehrsverbindung nach China: Moderne "Seidenstraße" mündet in Mannheim
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Von Gaby Booth
Mannheim. Zu Marco Polos Zeiten waren es Kamele, die Waren von Europa nach China brachten. Auf dem Weg zurück waren sie mit Seide, Porzellan oder Gewürzen beladen. Als "Seidenstraße" ist dieser beschwerliche Weg in die Geschichtsbücher eingegangen.
Heute sind es lange Güterzüge, deren Container mit Computerbauteilen, Autos, Elektronikzubehör oder Lebensmitteln gefüllt sind. Diese moderne "Seidenstraße" ist viele tausend Kilometer lang und führt auf dem Schienenweg über die transsibirische Strecke und durch viele Länder hindurch.
Der Rangierbahnhof Mannheim wird schon bald Endstation und Verteilerzentrum für Transporte aus China sein, aber auch in umgekehrter Richtung Exportprodukte für den chinesischen Markt auf die Reise schicken. Eine Vereinbarung über die künftige Zusammenarbeit im Bereich Logistik und Güterverkehr wurde gestern im Mannheimer Rathaus unterzeichnet.
Für den Warenaustausch zwischen den europäischen Ländern und dem Riesenreich China wird diese Verbindung immer interessanter. Denn: Der Seeweg ist zu lang, der Luftweg zu teuer. Die chinesische Regierung hat daher vor ein paar Jahren die Initiative "One Belt One Road" gestartet, um die Transportwege neu zu ordnen und ist Schrittmacher bei der Erschließung neuer Verkehrswege.
In Deutschland sind es drei Städte, die als westlicher Haltepunkt für Güterzüge aus China von Bedeutung sind: Hamburg und Duisburg werden bereits angefahren, hier kommen mehrmals in der Woche Züge aus dem 8000 Kilometer entfernten Chongqing an.
Schon bald wird Mannheim als dritter Zielbahnhof in Deutschland angefahren, die Signale stehen auf grün: Das gestern unterzeichnete "Memorandum of Understanding" dokumentiert das Interesse auf deutscher wie auf chinesischer Seite, die Vereinbarung schnell umzusetzen.
Wann rollen die ersten Züge? Das steht noch nicht fest. Das bisherige Tempo der Verhandlungen zwischen allen Beteiligten, insbesondere der deutschen Contargo GmbH und der chinesischen Yuxinou Logistics Company, lassen aber erwarten, dass es bald losgeht.
Welche Unternehmen sind interessiert? An dem gestrigen Gespräch im Mannheimer Hafen nahmen Vertreter von John Deere, Schenker, Kühne + Nagel, Eichbaum, Almatis und der Gesellschaft für Wirtschafts- und Technologieförderung Rostock teil. Vorteile versprechen sich vor allem Unternehmen der Chemie-, Pharma- oder Automobilindustrie, aber auch der Maschinenbau und die Computerbranche.
Warum Mannheim? Für die logistische Verteilung von Gütern, die in Containern auf der Schiene transportiert werden, bietet Mannheim aus verkehrstechnischen Gründen zwei Vorteile: Hier liegt der zweitgrößte Güter- und Rangierbahnhof Deutschlands, über den heute schon ein Großteil der Güterzüge aus dem Norden Deutschlands und Europas rollen und zum Weitertransport nach Süd-, Ost- und Westeuropa neu zusammengestellt und auf die Reise geschickt werden. Außerdem liegt hier der zweitgrößte Binnenhafen Europas. Zudem pflegt die Stadt Mannheim seit Jahren zwei Partnerschaften mit großen chinesischen Städten: Qingdao und Zhenjiang. Und sie hat dort enge Netzwerke aufgebaut.
Wie lange dauert der Transport? 15 Tage per Eisenbahn, das sind 20 Tage weniger als auf dem Seeweg. Der Container-Transport auf der Schiene empfiehlt sich für Güter, die zu groß und zu schwer für das Flugzeug sind oder schnell zu den Kunden müssen.
Wo liegt Chongqing? Die 33 Millionen-Stadt liegt im Landesinneren am Oberlauf des Yangtse. Da sie Start und Ziel des neuen Transeurasia-Expresses ist, der China mit Deutschland verbindet, ist die Metropole von hoher strategischer Bedeutung für die Güterlogistik.
Wer profitiert? Sowohl Chongqing als auch Mannheim zusammen mit der Metropolregion Rhein-Neckar sind bedeutende Wirtschaftsstandorte und Verkehrsknotenpunkte. Beide Städte würden von einer solchen Zugverbindung profitieren. Bei dem gestrigen Gespräch wurde von beiden Seiten das hohe Potenzial einer durchgehenden Schienenverbindung zwischen Mannheim und Chongqing hervorgehoben. In Duisburg kommen beispielsweise schon heute jeden Monat 20 Güterzüge aus China an.
Was sind die nächsten Schritte? Die Stadt Chongqing wird in Mannheim ein Repräsentanzbüro eröffnen. "Königsweg", ein Mannheimer Startup-Unternehmen, hat in Abstimmung mit der IHK ein Konzept für eine Mannheim-Repräsentanz in China vorgelegt.