Winzergenossenschaft Schriesheim: Trauben haben das Zeug zum Spitzenjahrgang
Von Nicoline Pilz
Schriesheim. Der Beginn der Weinlese am 4. September mit den Sorten Dornfelder und St. Laurent ist zwar recht früh, aber doch kein extremer Ausrutscher im Kalender der Schriesheimer Winzergenossenschaft (WG): 2007 begann die Lese am 5., 2011 am 6. September. "Wir sind aber jederzeit startklar. Falls es die Witterung erforderlich macht und Fäulnis droht, können wir früher beginnen", erklärte gestern WG-Geschäftsführer Harald Weiss im Pressegespräch.
Am Abend zuvor hatten er, Winfried Krämer und der frisch gewählte Vorstandsvorsitzende Karlheinz Spieß die angeschlossenen Winzer - rund 120 liefern Trauben an die WG - noch eingeschworen auf ein hohes Maß an Flexibilität, das sie in den nächsten Wochen zeigen müssen. Tagsüber bereits am frühen Morgen, notfalls aber auch nachts, wenn der Vollernter zum Einsatz kommt.
Die Mahnungen wiederholen sich jährlich: Sie drehen sich um astreines Lesegut, um die Erreichbarkeit der Winzer und darum, Anlieferungen und Mengen den Verarbeitungskapazitäten in der Kelterei anzupassen, damit die Maische nicht zu lange im Warmen steht und die Vergärung droht. "Unser Ziel ist es, alles auszuschöpfen, was einen guten Jahrgang ausmacht und nicht die Nerven zu verlieren", betonte Weiss.
Wie der 2018er Jahrgang ausfällt, sei noch offen, meint Aufsichtsratsvorsitzender Winfried Krämer. Fraglos habe er Potenzial zum Spitzenjahrgang in Qualität und Ertrag. Doch es gibt Unwägbarkeiten, die diese Hoffnung torpedieren könnten: "Wir bräuchten jetzt sanften Landregen. Starkregen könnte die Trauben zum Platzen bringen", sagte Karlheinz Spieß. "Wir sind Realisten, wir können das Wetter nicht steuern", meinte Weiss.
Die extreme Trockenheit zeigt trotz Tröpfchenberegnung Auswirkungen durch Trockenschäden in den jüngeren Anlagen, in denen die Wurzeln nicht so ans Wasser reichen, sowie bei schlechteren, weil durchlässigeren Böden, beispielsweise im Kuhberg. "Durch die Trockenheit haben die Rebstöcke eine Pause eingelegt. Zumindest hier bei uns", meinte Krämer. Normalerweise habe man einen Jahresdurchschnitt an Regen von 650 Liter pro Quadratmeter. Aktuell liege man bei 257 Litern, üblich seien zu dieser Zeit jedoch 450.
Während der falsche Mehltau, die Peronospora, in diesem Jahr keine Probleme machte, sind die Bedingungen für Oidium geradezu optimal. Der Kirschessigfliege, üblicherweise eine Bedrohung, war es 2018 viel zu heiß und trocken. "Dafür haben wir jede Menge Wespen und Bienen", seufzte Krämer.
Auch sie werden zur Gefahr, wenn die angebohrten Trauben zu faulen beginnen. Es war in mancherlei Hinsicht ein besonderes Jahr für die Winzer: Ausgehend von einer guten Winterfeuchtigkeit setzte der Austrieb der Reben vier Tage früher, die Blüte sogar 16 Tage eher als sonst ein.
"Zwischen Austrieb und Blüte liegen normalerweise 50 Tage, diesmal waren es nur 30", schilderte Krämer. Alle Laubarbeiten nebst Bodenpflege und Pflanzenschutz mussten unter Hochdruck erledigt werden. "Wir haben jetzt vitale Laubwände, beginnenden Trockenstress aber auch in guten Lagen", sagte Weiss.
Die Oechsle-Grade divergieren in großer Bandbreite je nach Standort und liegen beispielsweise bei der wichtigsten Rotweinsorte Spätburgunder bei 68 bis 87 Grad, bei Müller-Thurgau und Riesling, den beiden weißen Hauptsorten, bei 61 bis 75 und 63 bis 76 Grad. "Wir achten darauf, dass wir botrytisfreie Trauben für süffige, fruchtige Weine bekommen", meinte Krämer.
Weiss nickte: "Wir brauchen Weine, die gut reinpassen in das, was der Verbraucher möchte." Und anders als früher, als schwere Weine ölig in die Gläser flossen, wünschen Weintrinker heute leichte und fruchtige Sommer- und Terrassenweine, Seccos oder eben einen harmonischen Rotwein. "Wir erwarten tolle Rotweine mit einer schönen Färbung. Bei der Verkostung haben wir gute Aromen festgestellt", so Weiss.
Die Lese für den Federweißen mit Müller-Thurgau beginnt bereits am 28. August. Den Leseplan erhalten die Winzer dann immer donnerstags um 14 Uhr per E-Mail.