Eppelheimer Rathaussturm: Der Rathausschlüssel ist nicht leicht zu haben
Von Sabine Geschwill
Eppelheim. "Wer ins Rathaus will, braucht Durchhaltevermögen." Ob Bürgermeisterin Patricia Rebmann aus Erfahrung sprach? Schließlich war sie letztes Jahr als "Bürgermeisterin im Wartestand" bundesweit bekannt geworden: Wegen einer Klage gegen ihre Wahl dauerte es zehn Monate, bis sie ihr Amt antreten konnte. Und so verteidigte sie beim gestrigen Rathaussturm ihren Amtsszitz bis aufs Äußerste und machte den Narren die Eroberung nicht leicht.
An ihrer Seite wusste Rebmann Stadträte und Mitarbeiter. Zudem hatte sie sich fünf lustige Aufgaben für die Rathausstürmer vom Eppelheimer Carnevalclub (ECC) überlegt. Ehrenkonsule, Elferräte und Garden mussten einiges an Geschick und Können zeigen, um ins Rathaus zu gelangen. Bis der Stadtschlüssel endlich erobert war, gab es für die vielen Zuschauer viel zu lachen; das Spektakel hatte so viele Schaulustige angezogen wie noch nie.
Die erste Aufgabe bestand in einem Bierkistenlauf. Die Elferräte mussten einen imaginären Wassergraben überwinden und die Stufen der Rathausburg erreichen, ohne den Boden zu berühren. Zum Vorwärtskommen dienten ihnen vier Bierkisten. Die nächste Aufgabe erwartete die Narren vor dem Ratssaal. Hier war beim Dosenwerfen Zielgenauigkeit gefragt. In der guten Stube der Stadt angekommen wollte die Bürgermeisterin die Fürsorge der Narren testen. Die Elferräte mussten beweisen, dass sie Butterbrote schmieren und mit Wurst und Käse belegen können, um die Bürger bis Aschermittwoch gut zu versorgen. Allgemeinwissen war bei der vorletzten Aufgabe, der Schnellrate-Runde, gefragt. Rebmann hatte für Sitzungspräsident Jens Schneider und seinen Elferrat Fragen im Quizformat vorbereitet.
Damit nicht genug: Danach musste der Sitzungspräsident mit Schutzhelm und Sicherheitshandschuhen in einem Luftballonbad nach dem Rathausschlüssel suchen. Der war in Miniaturausführung in einem der Ballons versteckt. Hilfe bekam er von Elferräten und Stecknadeln, mit denen die Ballons zum Platzen gebracht wurden. Die Aktion glich der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen und war eine schweißtreibende Angelegenheit.
Als der Schlüssel endlich zum Vorschein kam, verkündete Patricia Rebmann ohne zu zögern ihre Kapitulation. Doch zwei wichtige Forderungen stellte sie an den ECC: Zum einen wollte sie die Eppelheimer bis Aschermittwoch gut versorgt wissen und zum anderen machte sie klar: "Passt mir ja gut auf meine Mitarbeiter auf."
Der Sitzungspräsident ließ in seiner Rede dann die Muskeln spielen: "Ab heute weht hier ein anderer Wind!" Er wollte alle "Rathaus-Stubenhocker" schaffen sehen. Und auch der Rathauschefin werde man ganz genau beim Arbeiten auf die Finger schauen, versicherte er.
Seinen Blick richtete Schneider auf die leere Stadtkasse. Dass die sich schnellstmöglich wieder füllen müsse, sei unstrittig. "Aber muss das mit Strafzetteln geschehen?", fragte er in die Runde. Der oberste Narr war der Ansicht: "Drum prüfe, wer den Bürger schindet, ob sich nicht etwas Bessres findet." In der Amtszeit des ECC jedenfalls werde Spaß, Toleranz und Lebensfreude an erster Stelle stehen. Mann und Frau grüßen sich in der Stadt ab sofort nur noch mit Helau, verkündete er.
Großartig fand Schneider, dass während der Regentschaft des ECC die neue Autobahnbrücke eingeweiht wird und bald wieder die Straßenbahn zwischen Eppelheim und Heidelberg verkehrt. "Ihr Leut, was ä Glick: Bald is unser Bembl widda zurick!" Die Karnevalisten haben sich für dieses historische Ereignis etwas Besonderes ausgedacht. Schneider verriet: "Als Dank für unsere neue Brücke und den Straßenbahnverkehr setzen wir eine neue Veranstaltung an. Zum ersten Mal findet Fastnacht statt, wo man sie noch nie in Eppele gesehen hat."