Sinsheim-Steinsfurt: Hier wird künftig aller Opfer gedacht
Sinsheim-Steinsfurt. (app) Die Große Kreisstadt hat in ihrem einwohnerstärksten Stadtteil seit Samstag einen besonderen Platz, einen bemerkenswerten, wie Oberbürgermeister Jörg Albrecht bei der Übergabe betonte: die Erinnerungsstätte an die Opfer des Nationalsozialismus auf dem speziell dafür geschaffenen Synagogenplatz vor dem ehemaligen Gotteshaus der jüdischen Gemeinde. Die Steinsfurter möchten damit an die Frauen und Männer erinnern, die den Nationalsozialisten zum Opfer gefallen sind.
Für die Übergabe des Synagogenplatzes hatten sich die Initiatoren bewusst für den 10. November entschieden. Genau 80 Jahre zuvor waren in Steinsfurt die Nachwehen der spöttisch als "Reichskristallnacht" bezeichneten Vorkommnisse zu spüren gewesen, einen Tag nach den deutschlandweiten Pogromen. Bei diesem Anlass betraf es jüdische Familien, später kamen noch andere Opfergruppen hinzu. Für all die NS-Geschädigten ist diese Erinnerungsstätte geschaffen worden.
Oberbürgermeister Jörg Albrecht wertete die Initiative, die zu der Erinnerungsstätte führte, und die zahlreichen Besucher bei der Übergabefeier, die bewusst schlicht gehaltenen wurde, als ein positives Zeichen, "gerade in unserer Zeit, sich mit diesen Ereignissen auseinanderzusetzen und an die damaligen Vorfälle zu erinnern". Er sah den Erhalt der ehemaligen Synagoge und diese neue Erinnerungs- oder Gedenkstätte als ein sich ergänzendes Ganzes. Sein Dank galt den Initiatoren. Ortsvorsteher Rüdiger Pyck bezog auch Dezernatsleiter Tobias Schutz als ständigen Begleiter mit ein.
Die Vorarbeiten waren von einem Arbeitskreises erledigt worden, der aus Mitgliedern des Ortschaftsrates sowie der beiden Vereine "Alte Synagoge Steinsfurt" und "Freunde des Lerchennestes" besteht. Von der Firma Helm aus Neckargerach wurde das dunkelrote Pflaster verlegt, Walter Hentschel von "puregraphik Sinsheim" hatte die Edelstahlplatten angefertigt. Zudem wurden als Abgrenzung zum Gehweg und zur Landstraße nach Adersbach Absperrstangen gesetzt. Wie Oberbürgermeister Albrecht ausführte, seien hierfür und für die erforderlichen Gehwegarbeiten sowie die im kommenden Jahr noch auszuführenden Böschungs- und Bepflanzungsarbeiten zwischen Goldbach und ehemaliger Synagoge rund 80.000 Euro Kosten angefallen. Rund 30.000 Euro wird die Stadt über das aktuelle Dorfsanierungsprogramm erstattet bekommen.
Zwei Steinsfurter Schüler des Wilhelmi-Gymnasiums lasen ihre Gedanken über die NS-Opfer vor. Anschließend trugen sie Laternen mit brennenden Kerzen an die sieben eingelassenen Erinnerungstafeln, die auf die Erinnerungswand hinführen. Jeweils mit den Worten "Wir erinnern daran" werden die Gruppen benannt, die in der Zeit der NS-Diktatur erniedrigt wurden, gesundheitliche Schäden erleiden mussten oder zu Tode kamen.
Zur Übergabe des Synagogenplatzes hat der Verein "Alte Synagoge Steinsfurt" eine Ausstellung zusammengetragen. "Von Mitbürgern zu Ausgegrenzten" kann bis zum 16. Dezember jeweils sonntags von 15 bis 17 Uhr oder nach vorheriger Absprache unter synagog@synagoge-steinsfurt.org in der ehemaligen Synagoge besichtigt werden.