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Декабрь
2018

China | Berge versetzen

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Vor 40 Jahren bewirkt ein KP-Plenum, dass die Volksrepublik die Irrgärten des Maoismus verlässt. Deng Xiaoping setzt sich mit marktwirtschaftlichen Reformen durch

Sinnbilder und Sagen, Metaphern und Allegorien prägen seit jeher die Sprache der Politik in China. Ihren verschlüsselten Botschaften können Mentalitäten und Philosophien entnommen werden, der sich abzeichnende Aufstieg oder Fall von Politikern, die Konjunktur einer Idee oder deren Konkurs.

So erzählte Staatsgründer Mao Zedong zu seinen Lebzeiten gern die Geschichte vom Bauern Yú Gōng, der sich vor sehr langer Zeit darüber ärgerte, dass der Weg, der von seiner Haustür nach Süden führte, von zwei großen Bergen versperrt war. Deshalb habe er sich entschlossen, teilte er dem Oberhaupt seines Dorfes mit, gemeinsam mit den Söhnen diese Berge abzutragen. Was auch geschah, viele Jahre dauerte und vollendet wurde, so die Legende, als der Jadekaiser im Himmel helfend eingriff, zwei Engel schickte und das Werk des Yú Gōng vollenden ließ. Mao gebrauchte den Stoff, um seinen Landsleuten mitzuteilen: Auch das chinesische Volk kann Berge versetzen. Es ist dazu noch viel mehr in der Lage als der alte Yú Gōng, wird es doch erleuchtet von den Ideen des Sozialismus und den Fortschritts.

Seit Gründung der Volksrepublik 1945 fanden sich etliche Gelegenheiten, Berge zu versetzen. Vor allem aber gab es den Zwang dazu, der aus existenzieller Not resultierte, wie sie nicht zuletzt die Kulturrevolution zwischen 1966 und 1969 in vielen Regionen hinterlassen hatte. Der ständige Kampf gegen den Klassenfeind in den eigenen Reihen hatten die Menschen wie die Wirtschaft zermürbt und in ein Chaos gestürzt.

Vier Modernisierungen

Es bedurfte eines radikalen Kurswechsels, für den es nach einigen gescheiterten Anläufen endlich soweit sein sollte, als vor 40 Jahren zwischen dem 18. und 22. Dezember 1978 die 3. Tagung des XI. Zentralkomitees der KP Chinas stattfand. Was sie in einem Beschluss an kritischer Würdigung des zwei Jahre zuvor verstorbenen Mao Zedong festschrieb, war so in Peking noch nie öffentlich verbreitet worden. Man beschrieb zwar die „gewaltigen Verdienste des Großen Steuermanns“, formulierte aber zugleich, man könne nicht verlangen, „dass dieser oder jener Führer frei von Mängeln und Fehlern ist“.

Kein Verriss, aber vorsichtige Distanz, um zu ermöglichen, was dieses Plenums mit den „Vier Großen Modernisierungen“, bezogen auf die Industrie, die Agrarwirtschaft, die Armee sowie Wissenschaft und Technik, dekretierte. Dahinter verbarg sich eine Reformstrategie, mit der Deng Xiaoping, erst 1977 auf dem XI. Parteitag wieder ins Politbüro gewählt und bereits über 70 Jahre alt, eine Reform- und Öffnungspolitik durchsetzen konnte. Damit sollte in China eine „sozialistische Marktwirtschaft“ etabliert und eine bis dato unbekannte Dynamik der Innovation erreicht werden, um innerhalb von zwei Jahrzehnten – zwischen 1980 und 2000 – das Bruttosozialprodukts zu vervierfachen und der Bevölkerung einen bescheidenen Wohlstand zu garantieren. Wie man heute weiß, begann nach diesem Plenum ein ganzes Land, Berge zu versetzen, um zu der Weltwirtschaftsmacht aufzusteigen, die China heute ist und die auf Augenhöhe mit den USA verkehren kann.

Kein Denkmal geschleift

Was sich seinerzeit vollzog und bald unwiderruflich sein sollte, war der Abschied vom maoistischen Dogma, ohne dass die Lehre Mao Zedongs demonstrativ verworfen wurde. Der Leichnam des am 8. September 1976 verstorbenen Parteiführers blieb im Mausoleum auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking, keine Mao-Büste wurde zertrümmert, kein Denkmal geschleift, keines seiner Werke auf den Index gesetzt – die Zäsur war kein Bruch.

Der vor vier Jahrzehnten endgültig rehabilitierte Deng warb für einen Sozialismus, der eine Marktwirtschaft war und sich kapitalistischer Methoden bediente. Die Katze sollte Mäuse jagen und fangen. Ob sie das mit schwarzem, weißem oder grauem Fell tat, sei egal, so Deng, womit gesagt sein sollte: Jeder theoretische Purismus ist uns fremd, es zählt das Ergebnis.

Die Erneuerung sollte dort greifen, wo Veränderungen unmittelbar wirksam wurden – bei einem Wandel der Produktionsverhältnisse, in der Industrie, der Landwirtschaft und auf dem Binnenmarkt. Anders als in der Sowjetunion unter Parteichef Michail Gorbatschow ab 1986, konzentrierte sich Chinas „Perestroika“ allein auf wirtschaftliche Reformen und klammerte den politischen Überbau aus. Weder sollte die innere Stabilität Schaden nehmen, noch die Führung von Staat und Gesellschaft durch die Kommunistische Partei in Frage gestellt sein. Die Unerbittlichkeit, mit der Anfang Juni 1989 der Aufstand auf dem Tian'anmen-Platz niedergeschlagen wurde, war der seit 1978 nachdrücklichste Beweis dafür, dass an diesem Axiom keinerlei Abstriche geduldet wurden und als KP-Generalsekretär gestürzt werden konnte, wer sich wie Zhào Zǐyáng 1989 nicht kompromisslos daran hielt.

Zweimal gestürzt

Deng Xiaoping, 1978 die zentrale Gestalt der Reformwilligen, hatte in seiner politischen Karriere schwere Rückschläge hinnehmen müssen und war zweimal derart in Misskredit geraten, dass eine Rehabilitierung nicht unbedingt zu erwarten war. In den 1950er Jahren zum Mitglied des Politbüros aufgestiegen und mit mehreren Ministerämtern betraut, wurde ihm mit der 1966 beginnenden Kulturrevolution ein „revisionistischer Reformismus“ vorgeworfen, der China einem „kapitalistischen Weg“ ausliefern wolle. Deng verlor sämtliche Funktionen und wurde zur Umerziehung in eine Traktorenfabrik an Rand der Provinz Jianxi geschickt.

Die Rückkehr in den Führungszirkel der KP Anfang 1973 erwies sich zunächst als kein irreversibler Vorgang, da nach dem Tod Mao Zedongs dessen Witwe Jiang Qing als Anhängerin des „permanenten Klassenkampfes“ und als Hohepriesterin der reinen maoistischen Lehre im Herbst 1976 Dengs erneute Entmachtung durchsetzte. Bis Jiang schließlich selbst mit ihren Getreuen („Viererbande“) gestürzt und kriminalisiert wurde. Nach diesen und anderen Turbulenzen einer postmaoistischen Übergangszeit kehrte Deng nicht nur gestärkt zurück, sondern konnte für seinen pragmatische Reformwillen zusehends mehr Anhänger gewinnen. Das galt für das Politbüro wie dessen Führungszirkel, den Ständigen Ausschuss. So war der Weg geebnet zu jenem ZK-Plenum Ende 1978, mit dem besiegelt wurde, was sich seit Mitte der 1970er Jahre als „Neuer Kurs“ für die Volksrepublik abgezeichnet hatte.

10.000 Yuan-Bauern

Es war eine der ersten Konsequenzen, dass 1979/80 in der Landwirtschaft das so genannte „Vertragssystem“ eingeführt wurde. Das hieß, Kooperativen und Einzelbauern hatten fortan eine vertraglich vereinbarte Quote von Agrarerzeugnissen an den Staat abzugeben, während alles, was darüber hinaus produziert wurde, auf freien Märkten zu freien Preisen verkauft werden konnte.

Die Versorgungslage entspannte sich innerhalb eines Jahres, nach der Hungersnot in den zentralchinesischen Provinzen. Während der Kulturrevolution war das ein ungeheurer Fortschritt, auch wenn dies international wenig Beachtung, geschweige denn Beifall fand. Erst als chinesischen Zeitungen die ersten „10.000-Yuan-Bauern“ wie eine Avantgarde feierten, wurde klar, dass die Reform einer Revolution zu gleichen schien, mit der sich die Volksrepublik von den ersten drei Jahrzehnten ihres Daseins verabschiedete, ohne diese Periode zu verdammen.

Es hatte sich gelohnt, Berge versetzen zu wollen und es wohl teilweise auch vollbracht zu haben.

Lesen Sie mehr in der aktuellen Ausgabe des Freitag.




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