Heidelberg: 90 Operationen wegen Ärzte-Streiks abgesagt (Update)
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Von Birgit Sommer
Heidelberg. Auf die Straße gingen die Heidelberger Klinikärzte am Dienstag nicht. Aber knapp 200 von ihnen fuhren per Bus oder Bahn nach Hannover. Dort verhandelten am heutigen Dienstag die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und der Marburger Bund (MB) für 23 Kliniken, so dass sie mit der zentralen Demonstration ihren Forderungen besonderen Nachdruck verleihen konnten. Der Zug zog zum Finanzministerium von Reinhold Hilbers, dem Verhandlungsführer der TdL, und zur Schlusskundgebung an den Opernplatz.
Im Heidelberger Universitätsklinikum, in dem 1780 Mediziner arbeiten und jährlich knapp 80.000 Patienten versorgt werden, standen die Räder deshalb aber nicht still. 90 geplante Operationen wurden am Dienstag verschoben – "was für unser Haus von der Dimension her nicht so viel ist", unterstrich eine Sprecherin des Uniklinikums. Den ganzen Tag über habe man eine sehr gute Versorgung der Patienten gewährleisten können. Eine Notdienstvereinbarung, die bei Streiks normalerweise zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeber abgeschlossen wird, wurde vom Klinikum erst gar nicht in Erwägung gezogen.
Es war der erste große Streik der Klinikärzte in Deutschland seit dem Jahr 2006. Und dafür, so meinte Dr. Christof Hofele, stellvertretender Bezirksvorsitzender des Marburger Bundes in Nordbaden, sei die Beteiligung der Kollegen ganz gut. Bei den Forderungen an die Arbeitgeber gehe es den Ärzten weniger um die Gehaltserhöhung von sechs Prozent, erklärte Hofele, sondern um Veränderungen von Strukturen. Die Gewerkschaft will vor allem Verbesserungen bei den Dienstplänen erreichen, sie will für die Mediziner weniger Wochenendschichten – maximal zwei pro Monat – und Bereitschaftsdienste sowie eine "manipulationsfreie Zeiterfassung" bei den Überstunden.
"Wir brauchen in Teilbereichen mehr Personal, um die Arbeit zu bewältigen", lauten die Konsequenzen für Christof Hofele, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Mitglied des Personalrates am Uniklinikum. Allein in seinem Bereich sei die Zahl der Patientenkontakte in den letzten zehn Jahren von 20.000 auf 30.000 gestiegen.
Dass die Mediziner viel arbeiten, weiß auch die Leitung des Universitätsklinikums. "Wir unterstützen grundsätzlich das berechtigte Ansinnen der Ärzte, nicht durch eine viel zu hohe Zahl von Bereitschaftsdiensten in eine Überlastungssituation zu gelangen", sagte Prof. Matthias Karck, der Leitende Ärztliche Direktor, zu den Forderungen der Gewerkschaft Marburger Bund. Er gibt aber auch zu bedenken, dass sich die Facharzt-Ausbildungszeiten verlängern könnten, wenn weniger Dienste abgeleistet würden. Und für das Universitätsklinikum Heidelberg könne dies bedeuten, dass mehr Ärzte eingestellt werden müssten.
Update: Dienstag, 4. Februar 2020, 20.20 Uhr