Libanon: Zwei heftige Explosionen erschüttern Beirut – mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen
Der Libanon erlebt eine seiner schwersten Krise und inmitten der politischen Turbulenzen kommt es am Hafen von Beirut zu einer heftigen Explosion. Auf den Straßen spielen sich dramatische Szenen ab.
Bei zwei starken Explosionen in der libanesischen Hauptstadt Beirut sind Medien zufolge, zehn Menschen ums Leben kommen. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen gab es dutzende von Verletzten. Ein Regierungsbeamter wird auf dem Sender "al Dschasira" mit den Worten zitiert, es gebe eine "große Anzahl an Opfern". Die Detonationen ereigneten sich im Hafenviertel. Örtliche Medien zeigten Bilder von unter Trümmern feststeckenden Menschen, einige von ihnen waren blutverschmiert. Die Ursache der Explosionen ist noch unklar.
Alle Geschäfte im Hamra-Quartier beschädigt
Die Explosion in der Hafengegend war in mehreren Teilen der Stadt zu spüren. Am Himmel standen große Rauchwolken, zahlreiche Fensterscheiben in angrenzenden Gebäuden zersprangen. Wie ein AFP-Reporter berichtete, wurden alle Geschäfte im Quartier Hamra durch die Explosionen beschädigt. In den Straßen waren zudem ausgebrannte Autos zu sehen. Auch eine Reporterin der Nachrichtenagentur DPA berichtet von einer starken Erschütterung im Stadtzentrum und von großen Schäden.
Augenzeugen verbreiteten im Internet Filme der Explosion (auf Twitter sind (nicht verifizierte) Videoaufnahmen der Detonation zu sehen sowie Fotos von der Umgebung und Straßen voller Trümmer. Auch die Schnellstraße auf dem Weg zum Hafen war mit Glasscherben übersäht. Dutzende Autos wurden beschädigt. Die libanesische Armee half dabei, die Verletzten in Krankenhäuser zu bringen.
Explosionen wie Erdbeben in Beirut
Ein Bewohner Beiruts schrieb auf Twitter von "bebenden Gebäuden". Ein anderer schrieb: "Beirut wurde gerade von einer gewaltigen, ohrenbetäubenden Explosion verschlungen. Ich habe es in meilenweiter Entfernung gehört." Die Explosionen hätten sich wie ein Erdbeben angefühlt, sagte eine Frau der Nachrichtenagentur AFP. "Ich hatte den Eindruck, es war eine größere Explosion als bei der Ermordung von Rafik Hariri 2005."
Die staatliche Nachrichtenagentur NNA berichtete, am Hafen sei in einem Lagerhaus in Nähe mehrerer Getreidespeicher ein Feuer ausgebrochen. Der Hafen liegt nur wenige Kilometer von der Innenstadt Beiruts entfernt.
Schwerste Krise seit Jahrzehnten
Der Libanon durchlebt derzeit die verheerendste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Seit Mitte Juni befindet sich das libanesische Pfund im freien Fall, die Arbeitslosenrate steigt. Aus Protest gegen wochenlange massive Stromausfälle hatten Demonstranten am Dienstag versucht, das Energieministerium in Beirut zu besetzen. In Teilen des Landes hatte es in den vergangenen Wochen bis zu 20 Stunden am Tag keinen Strom gegeben.
27: Schusswechsel Israels Militär stoppt HisbollahKämpfer - 2daf4e678d90e992
Zuletzt hatten sich auch die Spannungen zwischen dem Libanon und dem Nachbarland Israel wieder erheblich verschärft. Ende Juli hatte die israelische Armee erklärt, einen "Infiltrationsversuch" im israelisch-libanesischen Grenzgebiet vereitelt zu haben. Demnach hatte eine Gruppe aus bewaffneten Männern die sogenannte Blaue Linie im umstrittenen Berg-Dow-Gebiet in den Golanhöhen überquert. Israel machte die radikalislamische Hisbollah-Miliz für den Vorfall verantwortlich, der Libanon warf Israel seinerseits eine "gefährliche Eskalation" vor.
Sondergericht mit Urteil zu Hariri-Anschlag
Die Explosionen in Beirut ereigneten sich zudem nur wenige Tage, bevor am Freitag vor einem Sondergericht in Den Haag das Urteil im Prozess um den tödlichen Anschlag auf den libanesischen Ex-Ministerpräsidenten Rafik Hariri fällt. Vier angebliche Mitglieder der schiitischen Hisbollah-Miliz sind wegen des Selbstmordanschlags auf den sunnitischen Politiker angeklagt, bei dem 21 weitere Menschen getötet wurden. Der Prozess findet in Abwesenheit der Angeklagten statt.