Maultaschen: Von Schwaben einmal um die Welt
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Von Oliver Schmale
Ditzingen. Auf heimisches Essen hat Alexander Gerst im Weltraum nicht verzichten müssen: Als er 2018 an Bord der Raumstation ISS war, hat es sogar Maultaschen gegeben. Die schwäbische Spezialität erfreut sich schon lange großer Beliebtheit, vor allem im Süden von Deutschland. Hier sitzen auch die wichtigsten und bekanntesten Hersteller. Marktführer Bürger in Ditzingen (Kreis Ludwigsburg), Rehm Fleischwaren in Aichwald (Kreis Esslingen) und Settele im bayerischen Neu-Ulm. Und in der ersten Phase der Corona-Krise sind neben Klopapier und Tiefkühlpizza auch vermehrt die gefüllten Teigtaschen gekauft worden.
"Im März haben wir das gemerkt", sagt Bürger-Chef Martin Bihlmaier, 47. Inzwischen herrscht wieder normale Nachfrage. Das änderte sich auch im November nicht, als wegen steigender Coronazahlen strengere Regeln wirksam wurden. Seitdem dürfen sich keine Gäste mehr in Restaurants und Cafés aufhalten – mindestens bis Ende des Monats.
Corona sei ein weiterer Impulsgeber für die steigende Nachfrage an Convenience-Produkten gewesen, sagt eine Settele-Sprecherin. Der Begriff für vorgefertigte Lebensmittel kommt aus dem Englischen und bedeutet etwa: Bequemlichkeit. Jeder Verbraucher in Deutschland isst nach Schätzung der Firma Bürger im Durchschnitt etwa sieben solcher Teigtaschen im Jahr, der Baden-Württemberger etwa 32 Stück, egal ob in der Brühe gekocht, in der Pfanne mit Zwiebeln angebraten oder in Streifen geschnitten und mit Ei überbacken.
"Die Maultasche ist ein sehr regionaler Artikel, der aber auch im Norden immer mehr verkauft wird", so Frank Roth, Geschäftsführer von Rehm Fleischwaren. In Großstädten wie Hamburg oder Berlin werde sie immer populärer, fügt die Settele-Sprecherin hinzu. "In Berlin gibt es viele Exilschwaben", sagt Bihlmaier und erläutert, dass das Gericht oftmals auch in Mensen von großen Universitätsstädten angeboten werde. Es gebe ein deutliches Stadt-Land-Gefälle.
2019 produzierte Bürger mit 1000 Mitarbeitern 81.900 Tonnen Lebensmittel – Eierspätzle, Schupfnudeln, Gnocchi und natürlich Maultaschen, rund 30.000 Tonnen. Der Umsatz betrug 223,7 Millionen Euro. Die Teigtaschen stehen für die Hälfte der Gesamterlöse. Im laufenden Jahr rechnet der Branchenprimus mit weniger Umsatz, weil das Geschäft mit Kantinen und Mensen coronabedingt zurückgegangen ist. Der Einzelhandel kann das das nicht wettmachen.
Die Europäische Union gewährt der schwäbischen Leibspeise seit Ende 2009 den höchsten Schutz. Seitdem ist sie als regionale Spezialität anerkannt. Echte Schwäbische Maultaschen, die mit Wurstbrät, Ei, Brot, Petersilie, Zwiebeln und Lauch gefüllt sind, dürfen nur aus Baden-Württemberg und dem Regierungsbezirk Schwaben in Bayern kommen. Bürger produziert nicht am Stammsitz in Ditzingen, sondern in Crailsheim.
2,5 Millionen Maultaschen werden am Tag produziert. Zunächst wird der Teig durch Walzen immer dünner, dann in vier Streifen geschnitten, anschließend kommt das Brät drauf. Die Füllung enthält neben dem Fleisch auch Petersilie und Spinat. Das sorgt für die grüne Sprenkelung. Dann werden die Teigtaschen zugeklappt und am Ende kommen sie 20 Minuten in den Dampfgarer. Schließlich werden sie verpackt. Die Herstellung dauert mehrere Stunden.
Der Klassiker mit Schweinefleisch gefüllt sei immer noch am gefragtesten, sagt Bihlmaier. Aber es gibt die Teigtaschen in allen Varianten: mit Rind, für Vegetarier mit Gemüse und auch vegane Variante ohne Ei in Teig und Füllung. Auch bei Settele ist man "zufrieden mit der Entwicklung" bei den Produkten ohne Fleisch. Settele macht wie Rehm mit seinen etwa 100 Mitarbeitern keine Angaben zum Umsatz. Maultaschen werden aber nicht nur in Deutschland verkauft. Durch ihre Kunden sind manche Hersteller auch im Ausland aktiv. Ins Weltall haben sie es noch nicht geschafft. Dafür war damals die Lufthansa-Catering-Tochter LSG Group zuständig.