Deutsche Bahn streicht Züge: Schlecht für Pendler zwischen Heidelberg und dem Rhein-Main-Gebiet
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Von Carsten Blaue und Ira Schaible
Mainz/Heidelberg. Die Kritik an der Deutschen Bahn (DB) wegen der Streichung wichtiger Pendlerzüge zwischen Stuttgart, der Metropolregion und dem Rhein-Main-Gebiet reißt nicht ab. Wie berichtet, verzichtet die Bahn künftig auf die Hin- und Rückfahrt des ICE 2010/2011 von Stuttgart über Heidelberg und Mannheim nach Mainz und Koblenz sowie morgens auf den IC 1510 von Stuttgart über Heidelberg nach Wiesbaden. Jetzt meldet sich das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium in Mainz zu Wort. Zudem hat sich nach dem RNZ-Artikel über die Probleme der Stuttgarter Bahn-Pendlerin Elke Weichsel der Heidelberger Klaus-Michael Konrad mit dieser Zeitung in Verbindung gesetzt. Er ist ebenfalls vom Aus der Züge betroffen – auf der Strecke zwischen Heidelberg und Mainz.
In Mainz antwortet Verkehrsstaatssekretärin Daniela Schmitt (FDP) auf eine kleine Anfrage von Grünen-Landtagsabgeordneten: "Die Landesregierung hält die Streichung beider Züge am Morgen für eine Verschlechterung der Angebotsstruktur." Dies sei ein "falsches Signal". "Die Landesregierung ist der Ansicht, dass die Landeshauptstadt Mainz dauerhaft eine gute Anbindung an das Deutsche Fernverkehrsnetz braucht, um Wettbewerbsvorteile gegenüber vergleichbaren Großstädten zu haben", schreibt Schmitt.
"Pendlerinnen und Pendler, die aus der Metropolregion Rhein-Neckar nach Mainz pendeln, können mit dem Fernverkehr nicht mehr pünktlich am Arbeitsplatz sein", ergänzt die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion in Mainz, Jutta Blatzheim-Roegler. Dies sei "ein fatales Zeichen" im Kampf gegen die Klimakatastrophe, weil Menschen aufs Auto umsteigen müssten. Zudem werde es negative Auswirkungen für den Wirtschaftsstandort Mainz haben.
Die RNZ hat auch das baden-württembergische Verkehrsministerium sowie das Bundesverkehrministerium um eine Bewertung der drei Zugstreichungen gebeten. Im Sinne der Pendler sind die Antworten ernüchternd. Aus Stuttgart heißt es dazu, man sei für die Fernverkehre der Bahn nicht zuständig, und man solle dort fragen. Aus Berlin kommt ebenfalls keine konkrete Position, sondern lediglich der Hinweis, der Bund bestelle keine Fernverkehre. Diese würden eigenwirtschaftlich im Rahmen des operativen Geschäfts von der DB angeboten.
Unterdessen gibt es auch in Heidelberg schon lange Befürchtungen, dass die Stadt immer mehr von IC- und ICE-Verbindungen abgehängt wird und es bald nur noch Nahverkehrszüge oder S-Bahnen nach Heidelberg gibt. Zuletzt hat sich der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Gemeinderatsfraktion und ehemalige Landtagsabgeordnete Werner Pfisterer in einer Anfrage an Oberbürgermeister Eckart Würzner zu Wort gemeldet.
Seit Jahren würden die Anbindungen immer schlechter, schreibt Pfisterer. Auch die sanierte Schnellfahrstrecke Stuttgart-Mannheim bringe Heidelberg nicht den direkten Anschluss. Pfisterer erinnert an Heidelbergs Bedeutung für den Tourismus sowie als Standort von Firmen, Kliniken und Forschungseinrichtungen. Auf Touristen und Pendler nehme die Bahn "keine angemessene Rücksicht". Für sie gebe es jetzt zwischen Heidelberg und Stuttgart deutliche Verschlechterungen zu "sehr hoch frequentierten Reisezeiten".
"Die Streichung der IC-Verbindungen betrifft auch die Pendler zwischen Heidelberg und Mainz beziehungsweise Wiesbaden. Insbesondere trifft dies für den IC 1510 zu", betont Klaus-Michael Konrad. Er arbeitet an der Mainzer Universitätsmedizin und leitet dort die Abteilung Medizintechnik – eine systemkritische Tätigkeit, die Homeoffice ausschließt.
Die Bahn, schreibt Konrad der RNZ, habe bereits in der Vergangenheit die IC-Verbindung Stuttgart-Heidelberg-Mainz-Wiesbaden in Frage gestellt. Die Corona-Situation biete nun offenbar eine willkommene Argumentationsgrundlage, aufgrund der zurückgegangenen Fahrgastzahlen die Verbindungen einzustellen. Konrad schreibt, vor 20 Jahren habe er sich bewusst dafür entschieden, in Heidelberg mit seiner Familie zu wohnen und in Mainz zu arbeiten, da die IC-Verbindungen akzeptabel gewesen seien.
Der IC 1510 um 7.20 Uhr nach Mainz und Wiesbaden, so Konrad, sei eine wichtige Pendlerverbindung und während der Sanierung der Schnellbahnverbindung geringer ausgelastet gewesen, "da der Zug in dieser Zeit erst in Heidelberg seine Fahrt aufnahm und nicht, wie üblich, in Stuttgart". Seit dieser Zug wieder in Stuttgart starte, sei auch die Anzahl der Mitreisenden gestiegen. Konrad bestätigt die Angaben von Elke Weichsel in der RNZ, dass die Züge 2010 und 2011 bereits ohne Ankündigung gestrichen worden seien: "Auf den Aushangfahrplänen in Mainz sind diese sogar noch aufgeführt." Wenn die DB schon mit dem Slogan "Deutsche Bahn: Mit uns sind Sie Umweltschützer" werbe, sei es für ihn umso unverständlicher, dass wichtige Verbindungen einstellt werden, so Konrad.
In Gesprächen mit "Mitpendlern" komme immer wieder die Frage auf, "weshalb die Bahn als eigentlich steuerfinanziertes bundeseigenes Unternehmen ihrer Verantwortung als verlässlicher Partner zur Grundversorgung in der Mobilität nicht nachkommt". Gerade in der momentanen Corona-Situation sollte sie eine besondere Verpflichtung gegenüber denjenigen tragen, die eben nicht von zu Hause aus arbeiten können, so der Pendler. Der ab 13. Dezember gültige DB-Fahrplan werde ihn jedenfalls dazu zwingen, von der Bahn auf das Auto zu wechseln, "was mir widerstrebt und in keiner Weise meiner Überzeugung entspricht".
Update: Mittwoch, 18. November 2020, 19.28 Uhr
Mainz/Heidelberg. (dpa) Mit Beginn des Winterfahrplans der Deutschen Bahn fallen einige wichtige Verbindungen aus der Rhein-Neckar-Region ins Rhein-Main-Gebiet weg. Betroffen sind Hin- und Rückfahrt des ICE 2010/2011 von Stuttgart über Heidelberg und Mannheim nach Mainz und Koblenz sowie der morgendliche IC 1510 von Stuttgart über Heidelberg nach Wiesbaden. Das geht aus einer Antwort des rheinland-pfälzischen Verkehrsministeriums in Mainz auf eine kleine Anfrage mehrerer Landtagsabgeordneten der Grünen hervor.
"Die Landesregierung hält die Streichung beider Züge am Morgen für eine Verschlechterung der Angebotsstruktur", heißt es in der Antwort von Verkehrsstaatssekretärin Daniela Schmitt. Sie ist auch FDP-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im kommenden März.
Ein Umstieg auf den Nahverkehr bedeute 14 Minuten mehr Fahrtzeit. Die temporäre Streichung sei ein "falsches Signal". "Die Landesregierung ist der Ansicht, dass die Landeshauptstadt Mainz dauerhaft eine gute Anbindung an das Deutsche Fernverkehrsnetz braucht, um Wettbewerbsvorteile gegenüber vergleichbaren Großstädten zu haben", schreibt Schmitt.
"Pendlerinnen und Pendler, die aus der Metropolregion Rhein-Neckar nach Mainz pendeln, können mit dem Fernverkehr nicht mehr pünktlich am Arbeitsplatz sein", sagte die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion in Mainz, Jutta Blatzheim-Roegler. Dies sei "ein fatales Zeichen" im Kampf gegen die Klimakatastrophe, weil Menschen aufs Auto umsteigen müssten. Zudem werde es negative Auswirkungen für den Wirtschaftsstandort Mainz haben, gerade Arbeitnehmer aus führenden Unternehmen wie Biontech und der Schott AG pendelten mit dem Zug zwischen diesen Regionen.