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Kunst | Kopflos unter vielen

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In Dresden werden Skulpturen von Magdalena Abakanowicz gezeigt. Ihre Arbeiten sind bedrückend aktuell

Was sind das nur für Zeiten, fragt man sich derzeit manchmal augenreibend. Es ist eben unsere Zeit, czas nasz, wie man auf Polnisch sagen würde. Die Zeit, in der man lebt, kann man sich bekanntermaßen ebenso wenig aussuchen wie die Zeitläufe, die sie durcheinanderwirbeln. Czas Nasz – Unsere Zeit– Our Time, so lautet auch der Titel der Ausstellung zu Magdalena Abakanowicz im Albertinum Dresden – eine kleine, beinahe intime Ausstellung, die im Rahmen eines deutsch-polnischen Kulturaustauschs zwei skulpturale Arbeiten der großen polnischen Künstlerin von Wrocław nach Dresden holt. Begleitet von einer Videoarbeit, präsentiert die Ausstellung einen kleinen Ausschnitt aus dem umfangreichen Werk der Künstlerin.

Zu sehen ist die Figurengruppe Tłum (Menge), bestehend aus 26 Figuren, die zwischen 1986 und 1994 geschaffen wurden. Vielleicht wird einem beim Anblick der Menge, die sich da in dem schmalen Durchgangsraum zwischen dem Mosaiksaal und dem Zugang zur Ernst-Barlach-Retrospektive (interessante Gesellschaft!) einreiht, nicht sofort bewusst, dass die Figuren kopflos sind. Tatsächlich sind sie ausgehöhlt, nur ihre Rückseiten sind intakt, als hätte man menschlichen Körpern die Haut abgenommen. Allerdings wirkt diese „Haut“ nicht fein und dünn; sie erscheint ledrig, dick, durchaus widerstandsfähig.

Der Eindruck wird durch das verwendete Material erzeugt: In der Kombination von Sackleinen, das den Effekt von weicher, beinahe schlaffer und faltiger Haut erzeugt, und Kunstharz, das den formbaren Stoff erstarren lässt, ergibt sich der für Abakanowiczs Arbeiten so typische Schwebezustand zwischen fest und weich, formbar und starr. Nun könnten die Skulpturen ohne Innenleben beinahe unheimlich anmuten, wie Bilder aus einem Horrorfilm. Bei genauerer Betrachtung aber stellt sich ein anderer Effekt ein. In die Leiber haben sich Spuren von Fingern eingegraben. Die Oberflächen mit ihrer graubeigen Farbgebung und ihren feinen Linien, wie gealterte Körper sie tragen, erinnern an Elefantenhaut. Die Figuren der Gruppe sind – bei aller scheinbaren Uniformität – keine identischen Kopien, vielmehr individuell geformt. Das Individuum geht nie vollständig in der Menge oder der Masse auf, so könnte man sie deuten.

Abakanowicz hat, nach den Deutungsmöglichkeiten ihrer Arbeiten befragt, stets allen möglichen Interpretationen recht gegeben. Denn der Mensch, der sie interessiere, sei nicht der Mensch einer bestimmten Zeit, sondern der Mensch als solcher („not the man of a certain time, he is the man as such“). Die Menge, die Masse, sie ist ohnehin ein zentrales Thema der Kunst des 20. Jahrhunderts mit seinen Massenbewegungen wie dem Faschismus und dem Kommunismus, mit den Massenaufständen und Protesten. (De-)Mobilisierung von Massen, massenhafte Arbeitslosigkeit – so fest ist die Masse begrifflich mit den gesellschaftlichen Verwerfungen des 20. Jahrhunderts verbunden, dass sie die Deutung der Arbeiten vielleicht vorschnell in eine Richtung treiben.

Wie eine Bakterienkolonie

Abakanowicz entwickelte bereits als Kind ein besonderes Verhältnis zur Natur. Das Mädchen, das von den Eltern wenig gefördert wurde, weil es eben kein Junge war, streifte allein durch die Natur. Hier beobachtete sie das Viele, die Menge in der Natur: Froschlaich, der sich in einem Teich sammelt, Vogelschwärme, die aus Feldern aufsteigen. Bei alldem geht es nicht um die Frage der Individualität in der Menge, denn fraglos unterscheidet sich jeder Vogel in Details von einem anderen, auch wenn man schon genau hinsehen muss, um die Unterschiede zu erkennen. Zentral ist das Zusammenwirken der Individuen in der Menge, das sich visuell nicht genau analysieren und schon gar nicht ein zweites Mal exakt wiederholen lässt.

Die Massenbewegung, also die Bewegung einer Menge im Raum, ist ästhetisch, visuell, analytisch für sich genommen ein Ereignis. Man muss sie also nicht mit den großen Totalitarismen des 20. Jahrhunderts gleichsetzen. Das zeigt auch Abakanowiczs Installation Embryologie, bei der rund 800 einzelne biomorphe Formen, manche wenige Zentimeter lang, andere weit über zwei Meter messend, im Raum verteilt sind – und damit unwillkürlich an eine Bakterienkolonie in einer Petrischale erinnern. Auch hier sind die einzelnen Teile individuell gestaltet, auf diese Individualität aber kommt es im Arrangement nicht an.

Die zweite in Dresden gezeigte Arbeit, Klatka (Käfig) rückt dagegen das Individuum in der Isolation in den Vordergrund. Hier wirkt die Frage nach Einsamkeit, nach Isolation vordergründig. Erscheint die Figur in der Rückansicht zunächst intakt (womöglich mit gesenktem Haupt), erkennt man in der Seiten- und Vorderansicht, dass auch sie ausgehöhlt und kopflos ist. Lesbar ist das als Verweis auf die conditio humana, die existenzielle Einsamkeit, mit der jeder Mensch konfrontiert ist. Gefangen, letztlich in sich selbst.

Als Abakanowicz im Jahr 2017 starb, war sie wohl die bedeutendste polnische Bildhauerin, ausgezeichnet mit unzähligen internationalen Preisen und Ehrendoktorwürden. Interessant ist, dass diese Frau, die bis zum Fall des Eisernen Vorhangs in Polen lebte und arbeitete, international solch eine Wirkung entfalten konnte. Vielleicht fiel ihre erste große Ehrung – der Grand Prix der Biennale in São Paulo, den sie 1965 erhielt – nicht zufällig in eine spannende politische Phase, in der das sowjetische System zwischen kultureller Öffnung und regressiver Kulturpolitik schwankte. Abakanowiczs Lebensthemen bleiben, das zeigt diese Ausstellung, Teil unserer Zeit.

Info

Czas Nasz – Unsere Zeit – Our Time Magdalena Abakanowicz Albertinum Dresden, noch bis 10. Januar 2021

Lesen Sie mehr in der aktuellen Ausgabe des Freitag.




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