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Heidelberg: Friedrich Welz schließt nach fast 40 Jahren sein Antiquariat

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Von Philipp Neumayr

Heidelberg. Ein Kunstband über Hieronymus Bosch, der pfälzische Geschichtsatlas, Immanuel Kants "Ästhetische und Religionsphilosophische Schriften", zeitgenössische Literatur von Martin Suter – im Antiquariat von Friedrich Welz findet man so ziemlich alles, was Leserinnen und Sammler begehren. Tausende Bücher reihen sich in dem Laden in der Mönchgasse aneinander, stapeln sich in Regalen, die bis zur Decke reichen. Dazwischen stehen überquellende Pappkartons, großformatige Bilderrahmen, ein paar Kassetten und eine Pflanze. "Es ist gerade ein wenig unaufgeräumt", sagt Welz und lächelt entschuldigend. Ende des Jahres wird er seinen Laden schließen. Nach fast 40 Jahren im Heidelberger Antiquariatsgeschäft wird es seine Bücher künftig nur noch online geben – zumindest einen Teil davon. Denn der 60-Jährige will seinen Bestand deutlich verkleinern. Rabatte bis zu 80 Prozent sollen ihm dabei helfen. Ein Gespräch über die Schwierigkeit des analogen Verkaufs gebrauchter Bücher im 21. Jahrhundert und überholte Klischees.

Herr Welz, Ende Dezember schließen Sie Ihr Antiquariat in der Altstadt. Warum?

Da kommen verschiedene Gründe zusammen. Ein wesentlicher Grund sind wirtschaftliche Überlegungen. Es ist einfach sehr schwierig, ein Antiquariat als Ladengeschäft zu betreiben. Das funktioniert nur dann, wenn interessierte Leser und Sammler diese Läden auch in den Nebenstraßen suchen und besuchen. Die Umsätze, die mein Laden generiert, sind schon über die letzten Jahre rückläufig gewesen. Und irgendwann kommt man dann an den Punkt, an dem man als Kaufmann sagen muss: Das ergibt keinen Sinn mehr.

Hätte Ihr Geschäft ohne die Corona-Pandemie eine Zukunft gehabt?

Nein, die Schließung hat nicht direkt etwas mit Corona zu tun, das ist eher noch das letzte Tröpfchen, das das Fass zum Überlaufen bringt. Es sind strukturelle Probleme, die der Buchhandel, aber auch der Einzelhandel grundsätzlich haben.

Können Sie das genauer erklären?

Das Kaufverhalten hat sich verändert. Es gibt heute zum Beispiel viel weniger Sammler. Die Menschen müssen beruflich mobil sein, da stellt sich kaum noch jemand einige Tausend Bücher in seine Wohnung, wenn alle paar Jahre ein Umzug ansteht. Alte Traditionen wie die einer gutbürgerlich sortierten Grundbibliothek gibt es zudem nicht mehr. Früher war der Stolz eines jeden Haushaltes eine möglichst aktuelle Meyers- oder Brockhaus-Lexikonausgabe. Die haben damals Tausende von Mark gekostet. Wenn mir heute einer sagt, wollen Sie einen "Meyers" haben, ich gebe Ihnen den für 100 Euro, dann sage ich: Tut mir leid, aber den werde ich nicht mehr los.

Die Veränderung des Kaufverhaltens wurde auch durch das Internet ausgelöst. Wie hat die digitale Welt das Antiquariatsgeschäft verändert?

Anfangs verband die Branche große Hoffnungen damit. Aber heute muss man sagen: Das Internet hat das Existieren als Antiquar mit Ladengeschäft nicht einfacher gemacht. Mittlerweile werden Millionen von Büchern in verschiedenen Exemplaren über alle möglichen Plattformen angeboten. Durch die Masse des Angebots sind auch die Preise extrem gesunken. Heute bekommt man für viele Bücher, wenn man Glück hat, vielleicht noch zehn Prozent dessen, was man als Preis noch vor 15, 20 Jahren erzielen konnte. Auch die Anforderungen an den Beruf haben sich durch das Internet verändert: Früher benötigten Sie noch eine große Handbibliothek und gedruckte Bibliografien. Da Informationen und Wissen nun schnell und jederzeit verfügbar sind, wurde das über viele Jahre angeeignete Wissen des Antiquars gewissermaßen entwertet.

Drohen Antiquariate gänzlich auszusterben?

Nein, das glaube ich nicht. In den Laden zu gehen, ist eben immer noch etwas anderes. Man riecht es, man kann die Bücher anfassen und erfährt vielleicht noch die ein oder andere Geschichte dazu. Wenn Leute sich im Antiquariat bewegen, entdecken sie oft Bücher, nach denen sie gar nicht gesucht hatten, von denen sie womöglich nicht einmal gewusst hatten, dass es sie gibt. Dieses Erlebnis kann das Internet nicht ersetzen.

Sie verkaufen seit fast vier Jahrzehnten gebrauchte Bücher. Wie wurden Sie zum Antiquar?

Erste Erfahrungen in dem Metier habe ich schon in jungen Jahren gesammelt. Anfang der 70er-Jahre gab es am Marktplatz das Antiquariat Stuckhardt, geführt von Walter Stuckhardt. Über dieses Antiquariat bin ich sozusagen gestolpert. Als Schüler habe ich dort Aushilfstätigkeiten ausgeübt, beim Drucken von Katalogen geholfen, bei der Erfassung und beim Schleppen von Büchern. Der Grundstock meines Wissens, das ich als Antiquar brauchte, stammt aus dieser Zeit. Dort habe ich gelernt, wie man ein Buch bewertet, welche Sammelmotive es gibt und was eine einzelne Ausgabe wert ist.

War Ihr Weg danach vorgezeichnet?

Ich wusste jedenfalls bereits als Jugendlicher, dass ich mal ein eigenes Antiquariat haben möchte. Die Frage war nur, was ich bis dahin mache und welche Berufsausbildung sinnvoll ist. Buchhändler war natürlich naheliegend, dazu kam es aber erst einmal nicht. Stattdessen habe ich in der Dantestraße eine Buchbinderausbildung bei dem Kunstbuchbinder Willy Pingel gemacht. Das war ein großes Glück für mich, weil ich so auch die handwerkliche Seite der Buchherstellung kennenlernte. Zudem habe ich in der Werkstatt Pingel viele interessante Leute kennengelernt, etwa den Grafikdesigner Erwin Poell, der das Logo der Stadt Heidelberg entworfen hat, oder den Verleger Gotthard de Beauclair, der viele Jahre künstlerischer Leiter des Insel Verlags war. Als junger Mensch hat mich das sehr begeistert, mit solchen Leuten vom Fach zu tun zu haben – und es hat mein Wissen enorm erweitert.

Und wie kamen Sie dann zu Ihrem ersten eigenen Laden?

Nach der Lehre zum Buchbinder musste ich erst einmal zum Militär. Am Ende dieser Zeit habe ich parallel bereits einen Laden gemietet und den Grundbestand des Antiquariats Stuckhardt übernommen, der sein Geschäft in Heidelberg aufgab. Damals konnte man einen Grundbestand für ein Antiquariat nicht so einfach aus dem Boden stampfen und sagen, ich kaufe jetzt mal ein paar Tonnen Bücher. Das musste wachsen und mit irgendetwas muss man beginnen. Mit der Übernahme des Stuckhardt-Bestands habe ich dann im Januar 1982 meinen Laden in der Oberbadgasse 8 eröffnet. Dort war ich bis zum Jahr 1996. Nach weiteren zehn Jahren in der Haspelgasse bin ich 2006 in die Mönchgasse umgezogen.

Was fasziniert Sie so am Medium Buch?

Ehrlich gesagt haben mich anfangs weniger die Inhalte von Büchern als die Buchkunst fasziniert. Ein Buch ist vielfältig, es umfasst mehr als nur Geschichten. Mich interessiert auch, wie es gedruckt und gebunden ist, wie die Typografie und die Illustration aussehen.

Als Antiquar haben Sie die Bücher, die Sie heute umgeben, aber natürlich schon alle gelesen, oder?

(lacht) Wenn man ein Antiquariat betreibt, ist es sicher nicht verkehrt, das Werk von Autoren wie Mann oder Kafka etwas besser zu kennen und eine gewisse Vorstellung von den Inhalten der eigenen Bücher zu haben. Aber in den allermeisten Fällen ist es schlichtweg so, dass der Käufer mehr über den Inhalt des Buches weiß oder ahnt als der Antiquar. Das liegt in der Natur der Sache. Allein in meinem Laden stehen vermutlich zwischen 15.000 und 20.000 Bücher. Wann sollte ich die alle lesen? Das schafft man in einem Menschenleben nicht.

Ist die Vorstellung vom dauerlesenden Antiquar also nur ein Klischee?

Es entspricht auf jeden Fall nicht meiner Realität. Man schaut natürlich mal in ein Buch hinein oder hat auch mal die Zeit, ein Gedicht zu lesen, ansonsten gibt mein Arbeitsalltag aber einfach nicht mehr her. Sie müssen die Bücher zunächst irgendwo herholen, Sie müssen sie bewerten, ein Angebot dafür machen. Wenn die Bücher dann im Antiquariat sind, müssen Sie diese erst einmal entstauben. Anschließend sortieren Sie die Bücher, erfassen und bevorraten sie. Diese Dinge sind einfach wahnsinnig zeitintensiv. Und das wurde in den letzten Jahren nicht weniger, da man immer mehr dafür tun muss, die Bücher auch an den Mann oder die Frau zu bringen.

Wie geht es Ihnen damit, diese Arbeit nun hinter sich zu lassen?

Es tut mir natürlich schon leid. Und ich weiß auch nicht, wie es wirklich wird, wenn das Ende da ist. Zumal es ja nicht nur ein Broterwerb ist, sondern auch eine Berufung, und das gibt man nicht so leicht auf. Ich werde den Betrieb des Antiquariats aber nicht ganz einstellen, sondern weiter online führen und will auch mit einigen Stammkunden in Kontakt bleiben. Über meine Homepage wird man nach wie vor Bücher bestellen können. Als Buchbinder hatte ich in meinem Antiquariat immer meine eigene Reparaturwerkstatt, in der ich ältere Bücher reparieren konnte – und das werde ich auch weiter machen, nur eben zu Hause.

Auf was freuen Sie sich mit Blick auf Ihre Zukunft als Teilzeit-Antiquar am meisten?

Ich werde mir zumindest einen Teil meiner Zeit freier als bisher einteilen können, und darüber freue ich mich. Ich bin sehr gerne in der Natur und wandere. Vielleicht ist künftig dann auch für derlei Hobbys wieder mehr Zeit. Ich bin einfach offen für das, was jetzt kommt. Dem Buch werde ich aber nach wie vor verbunden bleiben.




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