Schriesheim: Friedrich Ewald wird 70 Jahre alt
Von Micha Hörnle
Schriesheim. Bankvorstand, Kommunalpolitiker, Vorstandsvorsitzender der Winzergenossenschaft: Friedrich Ewald war über Jahrzehnte eine der prägenden Gestalten der Stadt. Am Montag wird er 70 Jahre alt. Damit gehört er zu dem 1950er-Jahrgang, dem auch seine Weggefährten (und einstige Schulkameraden) Heinz Kimmel oder Peter Grüber entstammen. Ewalds Familie ist schon seit Urzeiten in Schriesheim ansässig – mit allem, was dazugehört: Obst- und Weinbau im Nebenerwerb und eine tiefe Verbundenheit zu den Vereinen – im Falle Ewalds zum TV, wo auch schon sein Vater aktiv war.
Ewalds Vater arbeitete als Kältemonteur, zuletzt bei der BBC in Ladenburg, seine Mutter war Hausfrau – "aber eine ausgebildete Hauswirtschafterin beim evangelischen Pfarramt in Edingen, da war sie stolz drauf", so Ewald – und zudem eine talentierte Pianistin. Er und sein zehn Jahre älterer Bruder Alfred sollten es aber eher mit den Zahlen haben, sie beide machten eine Lehre als Bankkaufmann – landeten später bei den Genossenschaftsbanken. Das ist, gerade in Schriesheim, nicht weiter verwunderlich, denn seit jeher ist die Stadt genossenschaftlich geprägt: Viele kleine Bauern, darunter auch die Ewalds, lieferten im Raiffeisenmarkt ihr Obst und Gemüse ab, und über Jahre war die dazugehörige Bank auch das einzige Institut am Ort.
Dabei war am Anfang nicht klar, welchen Weg der junge Friedrich einschlagen würde, er hatte nämlich zwei Bewerbungen abgegeben: eine auf dem Schriesheimer Rathaus und eine bei der Spar- und Kreditbank in Heidelberg. Von beiden kamen Zusagen, da kam der entscheidende Rat von seinem Bruder – und so wurde er auch Banker. Nach der Bundeswehr, bei den Fallschirmjägern in Bruchsal, trat er 1971 seine erste Stelle bei der Spar- und Kreditbank in Seckenheim an, wo er bis 1975 bleiben sollte und sich fortbildete – er wollte schließlich Führungskraft werden. In der Raiffeisenbank Großsachsen erhielt er schließlich einen entsprechenden Posten, als stellvertretender Geschäftsführer. Ziemlich bald, 1977, machte er seine erste Fusion mit – und es sollten noch einige folgen: Damals vereinigten sich die Genossenschaftsbanken von Großsachsen und Lützelsachsen, im Jahr drauf folgte Leutershausen. Aber schon 1979 wechselte Ewald in seine Heimatstadt, er wurde Vorstandsmitglied bei der Schriesheimer Raiffeisenbank und verantwortete den gesamten Betriebsbereich. Vorstandskollege war Rolf Renz. Nach dessen Ausscheiden am 30. September 1979 kam am 1. Februar 1980 sein Seckenheimer Ex-Kollege Kurt Schmitt als weiteres Vorstandsmitglied.
Ewald erinnert sich: "Dass ich an dieser Position tätig war, war schon etwas Besonderes im Ort." 20 Jahre später 1999, kam dann die nächste Fusion: Schriesheim, Hirschberg und Ladenburg gingen in der neuen Volksbank Neckar-Bergstraße auf. "Fusionen sind heute nicht mehr die große Ausnahme", erklärt Ewald, "sie geschehen auch nicht unbedingt aus wirtschaftlicher Notwendigkeit, sondern sind mehr dem Blick in die Zukunft, vor allem der immer bürokratischeren Regulatorik geschuldet." Früher waren solche Zusammenschlüsse "noch von Emotionen geprägt" – nämlich wenn die Bank, die den Ortsnamen auch noch im Namen trug, mit ihren Nachbarn fusionierte.
Da mochte es geholfen haben, dass sich Ewald mit seinen neuen Vorstandskollegen gut verstand, vor allem mit dem Leutershausener Thomas Götz, einem alten Handballkameraden. 2009 schließlich ging die Volksbank Neckar-Bergstraße mit der Heidelberger H+G-Bank in der Volksbank-Kurpfalz auf, Ewald wurde ihr erster (und auch letzter) Vorstandsvorsitzender. "Es war klar, dass die Volksbank Neckar-Bergstraße nicht der letzte Schritt sein würde, ich war und bin von der Sache überzeugt." Und so wechselte Ewald für knapp sieben Jahre nach Heidelberg an den Hauptsitz der neuen Bank.
Die "anstrengende und schöne Zeit" als Bankdirektor forderte einige Tribute: Hätte ihn nicht mit 57 Jahren eine Handverletzung dazu gezwungen, als aktiver Handballer aufzuhören, seine neue Position hätte es zwei Jahre später getan. Dabei war Ewald ein begeisterter Handballer, auch wenn er zunächst im SV 1919 mit Fußball anfing. Mit elf Jahren begann er im TV 1883 parallel mit dem Handball, mit 17 spielte er in der ersten Mannschaft, zwölf Jahre leitete er die Handball-Abteilung. "Der Abschied vom Sport fiel mir schwer. Aber nach der Fusion war es mir rein zeitlich nicht mehr möglich, regelmäßig zu trainieren", bekennt er. Aber immerhin blieb und bleibt ihm das Tennis, schon bei der Gründung des Tennisclubs war er dabei.
Der Job in Heidelberg beendete aber auch seine knapp 30-jährige Karriere als Kommunalpolitiker – auch hier lag es an der fehlenden Zeit: "Das wollte ich weder mir noch der Bank zumuten." Dass Ewald zu den Freien Wählern stieß, hatte vor allem zwei Gründe: sein Unwillen, in einer Partei zu sein – und Peter Hartmann. Denn das Urgestein der Freien Wähler war immer bei den geselligen Abenden der Handballer dabei, und 1977 sprach er Ewald an: "Wir brauchen junge Leute." Gleich auf Anhieb schaffte er 1979 den Sprung in den Gemeinderat, zehn Jahre später wurde er Fraktionsvorsitzender. Mit Peter Hartmann sollte er zudem auch noch 25 Jahre Kreisrat sein. Ewald gehört mit zu den langgedienten wie legendären Fraktionsvorsitzenden dieser Zeit wie Siegfried Schlüter (CDU), Hans-Jürgen Krieger (SPD) oder Christian Wolf (Grüne Liste, der einzige, der noch aktiv ist) – und es war auch die Zeit großer Entscheidungen: der lange Kampf um den Tunnel, Altstadtsanierung, das Baugebiet Nord – und natürlich die Rebflurbereinigung am Kuhberg.
Besonders die verfolgte Ewald nicht nur als Kommunalpolitiker, sondern auch als Vorstandsvorsitzender der Winzergenossenschaft (WG). Sozusagen mit ein paar Wingerten erblich vorbelastet ("Wir hatten nie Bier zuhause"), sprach ihn 1978 der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Martin Müller an – und wieder einmal fiel dieser Satz: "Wir brauchen neue Leute." Drei Jahre später war er Aufsichtsratsvorsitzender, 1987 schließlich Vorstandsvorsitzender. Unter ihm begann auch die lange Ära von Harald Weiss als WG-Geschäftsführer – und wie er teilt Ewald auch das Credo: "Ohne Qualität können wir nicht am Markt bestehen. Und der Erfolg gibt uns recht – sonst hätten wir nicht den 16. Bereichsehrenpreis erhalten."
Damit liegt er auch ganz auf der Linie des Aufsichtsratsvorsitzenden Winfried Krämer, mit dem er (wie auch mit seinem damaligen Stellvertreter Karlheinz Spieß) eng zusammenarbeitete. Mit 68 Jahren reichte er das Zepter an Spieß weiter: "Ich konnte das Amt beruhigt in jüngere Hände abgeben." Was nicht heißt, dass er den Weinbau aufgegeben hat: Zwei Wingerte im Gewann Mergel bewirtschaftet er noch: 13 Ar Riesling und zusammen mit der Tochter 17 Ar Weißburgunder, die natürlich an die WG abgeliefert werden. Zwei Wingerte, im Mönch und in der Breitkammer, unweit des Madonnenbergs, sind verpachtet.
Seit zwei Jahren ist Ewald nun auch sein Amt bei der WG los, in den beruflichen Ruhestand ging er Anfang 2016 – was nicht heißt, dass es ihm langweilig werden würde: Er sitzt immer noch im Kuratorium der H+G-Bank und der Markus-Paul-Stiftung, ist Vorsitzender des Schwimmbad-Beirats, arbeitet im Förderverein "Die Rebe" der Evangelischen Kirchengemeinde mit und ist im Verein der Hundefreunde – zumal er ja selbst einen Hund hat.
Der sechs Monate alte Riesenschnauzer Anderl ist auch mit ein Grund, weswegen man Ewald noch so viel auf der Straße sieht, beim Gassigehen. Ansonsten hat Ewald endlich wieder mehr Zeit für die Familie: Seit 1973 ist er mit seiner Frau Christa verheiratet – eine der ersten ökumenischen Trauungen damals –, und die lief nicht ohne Schwierigkeiten ab. Der katholische und der evangelische Pfarrer, Linus Holderbach und Wolfgang Putschky, lehnten das ab, Putschkys Amtskollege Helmut Zeller, der erste Pfarrer von Schriesheim-West, war da milder.Und so zelebrierte er zusammen mit Pater Norbert im Ziegelhäuser Stift Neuburg die Hochzeit. 1978 kam Sohn Stefan auf die Welt, 1982 Tochter Nadja. Mittlerweile haben Christa und Friedrich Ewald vier Enkel: "Tolle Kinder, ich kann mich wirklich nicht beklagen." Und da beide Kinder mit ihren Familien auch in Schriesheim wohnen, ist er sozusagen ein Opa der kurzen Wege. Dass Nadja Lamprecht in seine kommunalpolitischen Fußstapfen trat, freut Ewald besonders – auch wenn er sich in laufende Geschäfte des Gemeinderats nicht mehr einmischt.
Jetzt, mit 70 Jahren, führt er das Leben eines "Rentners im Unruhestand" – mit etwas Arbeit in den Vereinen, der Familie, der Pflege seiner zwei Wingerte und dem Sport – Tennis und gelegentliche Touren auf dem Rennrad. Und endlich bleibt ihm auch mal Zeit, den Blick von seinem Elternhaus in der St.-Wolfgang-Straße zu genießen: die Schriesheimer Postkartenidylle mit gleichzeitigem Blick auf die Strahlenburg und den Steinbruch.