Neckar-Odenwald-Kreis: Die Sternsinger haben sich einiges einfallen lassen
Von Stephanie Kern
Neckar-Odenwald-Kreis. Eigentlich wären sie in diesen Tagen unterwegs, die Sternsinger. Sie wollten (laut Motto) heller leuchten denn je. Doch die Corona-Pandemie vereitelte wie so vieles andere auch die größte deutschlandweite Hilfsaktion von Kindern für Kinder. Zum 63. Mal startete die Aktion Ende Dezember – von Haus zu Haus können die Sternsinger aber nicht gehen, den Segen an der Haustür gibt es in diesem Jahr nicht. Dafür kommt er aber auf anderen Wegen.
In der katholischen Seelsorgeeinheit Mose hat man nach kreativen Ideen gesucht – und sie auch gefunden. "Heute wären die Sternsinger eigentlich schon unterwegs", sagte Ehrenamtskoordinatorin Kristina Göb am Montag. Seit etwa 30 Jahren engagiert sie sich bei den und für die Sternsinger. "Es ist die größte Aktion von Kindern für Kinder. Und es ist nach den Weihnachtsfeiertagen eine schöne Form der Gemeinschaft", so Göb. Jede Kirchengemeinde hat dabei ihre eigenen Traditionen: Manche kochen zusammen, die anderen verbringen auch die Zeit nach dem Laufen noch in Gemeinschaft.
Schon seit Oktober hat man in der Seelsorgeeinheit überlegt, wie die Sternsinger coronakonform werden können, Hygienekonzepte wurden erstellt, und auch einen Haussegen für den Briefkasten hat man in Druck gegeben. Kurz vor Weihnachten wurde dann alles abgesagt. "Das war ein Tiefschlag", sagt Göb. Selbst Haussegen und Infoblätter dürfen nicht in die Briefkästen der Menschen geworfen werden – denn die Verteilung ist kein triftiger Grund und fällt somit unter die Ausgangsbeschränkungen, die in Baden-Württemberg nach wie vor gelten.
Die Bedeutung der Aktion unterstreicht Kristina Göb: Kinder bitten um Spenden für Kinder in anderen Teilen der Welt. Rund 50.000 Euro sammelten die Mose-Sternsinger sonst im Jahr. Ein Betrag, den man dieses Jahr wohl nicht erreichen wird, auch wenn man sich mit einem Stand auf dem Wochenmarkt, RNZ- und SWR-Beiträgen schon etwas Aufmerksamkeit verschafft hat.
Auch für die Kinder und Jugendlichen, die aktuell eigentlich den Segen zu den Menschen bringen würden, ist die Absage eine Enttäuschung. "Es ist schon blöd, dass alles abgesagt wurde", erklärt etwa Luise Albert. Die Zehnjährige war schon dreimal dabei, nun konnte sie wenigstens am Marktstand erklären, warum die Aktion so wichtig ist. "Die Leute fanden es aber schön, dass wir uns eine Alternative überlegt haben", sagt Luise. "Ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr wieder rumgehen und Spenden sammeln können."
Diese Hoffnung teilt auch Johanna Edin. Die 15-Jährige gibt offen zu: "Ich bin schon enttäuscht, dass die Aktion ausgefallen ist." Denn durch die Sternsinger komme immer viel Geld zusammen: "Es ist einfach wichtig, dass mit den Spenden Kindern geholfen wird." Um auf die Situation aufmerksam zu machen, verfasste sie einen Brief, schickte ihn an Mosbachs Oberbürgermeister Michael Jann, Landrat Achim Brötel, Ministerpräsident Winfried Kretschmann und auch Kanzlerin Angela Merkel. Bis auf Merkel haben alle geantwortet. "Das waren wirklich sehr liebe Briefe", berichtet Edin. Michael Jann war daraufhin auch einverstanden, den Sternsingern einen Stand auf dem Wochenmarkt zu erlauben. Dort sind sie auch heute und am kommenden Samstag jeweils von 9 bis 13 Uhr anzutreffen. "Ich hoffe für dieses Jahr, dass so viele Leute wie möglich doch noch spenden", sagt Johanna Edin.
Kristina Göb koordiniert aber noch weitere kreative Ideen: Auf der Internetseite der Seelsorgeeinheit findet sich der digitale Segen der Sternsinger, den man sich von zu Hause aus ansehen kann. Wenn die Ausgangssperre entfällt, will man auch die Flyer und den Segen an die Häuser verteilen – kontaktlos, versteht sich. Die Enttäuschung über die Absage habe die Kinder und Verantwortlichen angetrieben. "Das konnte man im ersten Moment aber auch gar nicht auffangen", berichtet Göb. Man habe sich dann aber aufgebäumt, denn: "Die Notlage der ärmsten Kinder ist dramatisch. Das können wir uns hier gar nicht vorstellen." Und Corona habe das vielerorts noch verschlimmert.
In Obrigheim sind Sternsinger seit Montag damit beschäftigt, den Segen auf die Straße zu bringen – mittels Straßenmalkreide. Die Kinder und Jugendlichen sind aufgerufen, den Segen auf die Straße zu zeichnen, um zu zeigen, "dass wir trotzdem da sind", wie Alexandra van Damme berichtet. So kann man beim Spaziergang durch den Ort sehen, wo die Sternsinger wirken. Van Damme hat die Obrigheimer Sternsinger auch aufgerufen, sich zu verkleiden und Fotos davon zu machen. In der katholischen Kirche wurden die Motive und der Segensspruch dann auf einer Stellwand aufgehängt, so kann man sich den Jahressegen kontaktlos abholen. "Wir wollen einfach zeigen, dass die Sternsinger da sind, aber dieses Jahr eben im Hintergrund", so van Damme weiter. Eine Spendenbox wird dort ebenfalls aufgestellt. "Unser Stern strahlt heller denn je", lautet das Motto für die aktuelle Sternsingeraktion. Diese Zuversicht, diese Hoffnung setzen die Ehrenamtlichen und Kinder um.
Auch in Krumbach herrscht Enttäuschung über die Absage. Sonja Petzl ist seit vier Jahren als Ehrenamtliche dabei. "In unserer Seelsorgeeinheit gab es so viele Ideen", berichtet sie. Die Krumbacher wollten Interessierte an der katholischen Kirche empfangen und ihnen einen Segensaufkleber mitgeben. Die Sternsinger in Dallau wollten etwas Ähnliches auf dem Schlossplatz gestalten. Aber auch diese Pläne mussten wegen Corona abgesagt werden. "Aber am besten ist es ohnehin, von Haus zu Haus zu gehen. So kann man die meisten Spenden sammeln", erklärt Petzl. Man könne nur hoffen, dass die Leute trotzdem spenden. Die frisch gereinigten Kostüme und die neuen Kronen und Sternsinger-Mund-Nasen-Masken liegen derweil in Sonja Petzls Keller. Auch die eigene Tochter wäre dabei gewesen. "Ja, sie war schon sehr enttäuscht", sagt Petzl.
In Auerbach stellte Siegfried Grünewald die Spendenboxen und Infomaterialien zumindest in der katholischen Kirche und in der Bäckerei Zettl auf. "Für uns Verantwortliche war es in diesem Winter auch nervenaufreibend, von Tag zu Tag mussten wir neu planen", berichtet Grünewald. Die Aktion sei aber sehr wichtig. "Weltweit werden Projekte unterstützt, es ist wichtig, dass die Gelder auch weiterhin fließen." Er wünsche sich, dass die Aktion trotzdem noch ein Erfolg werde.
Unser Stern strahlt heller denn je – dieses Motto könnte man auch auf den Willen der Sternsinger und ihren Ideenreichtum beziehen. Luise Albert hat übrigens auch selbst schon für die Sternsingeraktion gespendet. Sie hofft, dass es ihr noch viele nachmachen.
Spendenkonto: Iban: DE 95.3706.0193.0000 0010 31, Sternsinger-Aktion, Pax-Bank.