Nußloch: Beweisaufnahme im Prozess gegen Karl Rühl abgeschlossen (Update)
Nußloch/Heidelberg. (cm) Schuldig oder nicht schuldig? Diese Frage ist im Berufungsprozess um falsche Verdächtigung gegen Nußlochs Ex-Bürgermeister Karl Rühl noch immer nicht beantwortet. Am vierten Verhandlungstag vor dem Heidelberger Landgericht wurde am Dienstag jedoch die Beweisaufnahme abgeschlossen. Die Verteidigung plädierte anschließend auf einen Freispruch, während die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 6000 Euro forderte. Eigentlich sollte schon das Urteil fallen. Wegen der langen Plädoyers soll dieses nun erst am kommenden Montag verkündet werden.
In dem Prozess geht es um die Frage, ob Karl Rühl – von 2002 bis 2018 Bürgermeister von Nußloch – am 8. Juni 2016 in seinem Heimatort Mühlhausen beleidigt, verletzt und genötigt wurde. Genau das hatte Rühl nach einem Streit mit einem Bauherrn behauptet und diesen bei der Polizei deshalb angezeigt. Zu dem Streit war es gekommen, da ein angrenzender Acker von Rühls Mutter abzurutschen drohte. Das wollte mit der Kamera fotografieren, die ihm der Bauherr entreißen wollte, so Rühl. Dabei habe er eine Schramme am Arm erlitten. Das Wieslocher Amtsgericht kam im Jahr 2017 jedoch zu dem Schluss, dass dies nicht stimme und verurteilte den 58-Jährigen wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe von rund 6000 Euro. Der Ex-Bürgermeister legte Berufung ein. Seit Anfang Dezember wird der Fall am Heidelberger Landgericht neu aufgerollt.
Update: Dienstag, 5. Januar 2021, 16.10 Uhr
Prozess gegen Ex-Bürgermeister Rühl steht vor dem Abschluss
Karl Rühl wegen falscher Verdächtigung vor dem Landgericht – Alle Zeugen sind nun gehört – Urteil Anfang Januar
Nußloch/Heidelberg. (cm) Der Berufungsprozess wegen falscher Verdächtigung gegen den früheren Nußlocher Bürgermeister Karl Rühl geht nun in die Weihnachtspause. Alle Zeugen sind inzwischen gehört, am 5. Januar sollen vor dem Heidelberger Landgericht die Plädoyers gehalten werden. Noch am selben Tag soll dann auch das Urteil fallen.
Der dritte Verhandlungstag brachte etwas mehr Klarheit, aber es steht weiter Aussage gegen Aussage. Bekanntlich geht es um die Frage, ob Rühl am 8. Juni 2016 an seinem Wohnort Mühlhausen bei einem Streit beleidigt, verletzt und genötigt wurde. Genau das hatte Rühl nach einem Vorfall zwischen ihm und einem Bauherrn behauptet, der neben Rühls familieneigenen Acker ein Haus errichtete. Dieser drohte nach Erdarbeiten abzurutschen. Als Rühl dies mit der Kamera dokumentieren wollte, habe der Bauherr ihn bemerkt, beleidigt und versucht, ihm die Kamera zu entreißen, wobei er eine Schramme am Arm erlitt – sagt zumindest Rühl. Das Wieslocher Amtsgericht kam im Jahr 2017 jedoch zu dem Schluss, dass dies nicht stimme und verurteilte den 58-Jährigen wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe von rund 6000 Euro. Der Ex-Bürgermeister legte Berufung ein. Seit Anfang Dezember wird der Fall am Landgericht neu aufgerollt.
Dort ging es am dritten Verhandlungstag um die fragliche Verletzung am Arm. Konnte diese nach drei Wochen bei der Anzeigenerstattung noch zu sehen sein? Da es kein Foto gibt, rief Richter Michael Waldmann die Beschreibungen in Erinnerung. Es sei von einem roten Kratzer, einer Schramme oder einem Strich die Rede gewesen. Laut Rühl könnte dieser beim Versuch des Bauherrn zustande gekommen sein, ihm die Kamera zu entreißen. Die Verletzung an der Innenseite des Oberarms sei etwa acht Zentimeter lang und drei Millimeter breit gewesen. Es habe nicht geblutet, aber es habe sich ein Grind gebildet, der auch etwa zwei Wochen später noch sichtbar gewesen sei.
Die Rechtsmedizinerin Dr. Kirsten Marion Stein fand dies merkwürdig. Dass es einerseits nicht blutete, aber andererseits ein Grind entstanden sein soll, passte für sie nicht zusammen. "Es wurde nur eine oberflächliche Schürfung beschrieben, die nicht zu einer Blutung geführt hat", so Stein. "Das heilt innerhalb weniger Tage – es ist auszuschließen, dass die Verletzung nach drei Wochen noch sichtbar war." Diese sei mit dem Geschilderten nicht in Einklang zu bringen.
Ebenfalls sagte eine Nachbarin aus, die während des Streits gerade auf dem Balkon Wäsche aufgehängt hatte. Die 38-Jährige erzählte, dass Rühl nicht auf die Bitten des Bauherrn reagiert und einfach weiter fotografiert habe. Es sei zwar zu einer lautstarken Diskussion gekommen, sie habe aber keine Schimpfwörter oder Bedrohungen gehört und es sei auch nicht zu Handgreiflichkeiten gekommen. Der Bauherr habe zwar versucht, Rühl die Kamera wegzunehmen, habe ihn aber nicht angefasst oder gar geschlagen.
Am 5. Januar soll es laut Richter Michael Waldmann außerdem darum gehen, ob Rühl, von 2002 bis 2018 Bürgermeister, Auswirkungen auf pensionsrechtliche Ansprüche zu befürchten hat.
Update: Sonntag, 20. Dezember 2020
Im Berufungsprozess von Ex-Bürgermeister Rühl steht Aussage gegen Aussage
Karl Rühl hatte im Prozess um falsche Verdächtigung Berufung eingelegt. Im Januar soll das Urteil fallen.
Nußloch/Heidelberg. (lesa) Wurde Karl Rühl am 8. Juni 2016 bei einem Streit wirklich beleidigt, verletzt und genötigt? Diese Frage versucht aktuell das Landgericht in Heidelberg zu klären, das die Berufung des 2017 wegen falscher Verdächtigung verurteilten Ex-Bürgermeisters von Nußloch verhandelt. Der zweite Verhandlungstag am gestrigen Dienstag stand ganz im Zeichen der Rekonstruktion des Vorfalls.
Es geht um einen Streit zwischen Rühl und dem Bauherrn eines Grundstücks neben dem familieneigenen Acker in Mühlhausen. Dort waren Grabarbeiten durchgeführt worden, durch die Rühls Familie einen Hangrutsch befürchtete. Am 8. Juni wollte er daher Fotos machen, die den Behörden die mangelnde Stabilität beweisen sollten. Laut Rühl habe der Bauherr ihn bemerkt, beleidigt und versucht, ihm die Kamera zu entreißen, wobei er eine Schramme am Arm erlitt.
"Es war schwer, einzuschätzen, in welcher Situation er war", sagte der ehemalige stellvertretende Revierleiter des Polizeireviers Wiesloch nun in der Verhandlung. Diesen hatte Rühl aufgebracht aus dem Auto angerufen und angekündigt, Anzeige erstatten zu wollen. "Er gab an, nicht wegfahren zu können, was er als Nötigung interpretierte. Eine Nachfrage zu körperlichen Streitigkeiten blieb aber offen", so der Polizist. Die Anzeige folgte dann einige Tage später. Vermutlich noch am selben Tag zeigte Rühl aber seiner Frau sowie einem Nachbarn die Schramme und berichtete überdies einem Mitarbeiter des Baurechtsamts davon. Alle gaben in der Verhandlung an, dass diese ihrer Information nach beim vermeintlichen Wegreißen der Kamera entstanden war.
Der Bauherr hatte sich ebenfalls noch am Tag des Streits an die Polizei gewandt. "Ich bin mit einem Kollegen hingefahren, habe aber keine strafbaren Handlungen feststellen können", so der damals diensthabende Polizist. Der Bauherr und ein Zeuge hätten angegeben, dass der Bauherr Rühl weder beleidigt noch angefasst habe. "Beide sagten, sie hätten Abstand zum Auto gehabt, während Rühl im Auto bei heruntergelassenem Fenster mit der Polizei telefonierte", so der Polizist.
So steht weiterhin Aussage gegen Aussage. Mehr Klarheit könnte nun eine Zeugin bringen, die zum Zeitpunkt des Vorfalls auf einem nahen Balkon stand und den Streit beobachtet haben könnte. Sie wird am nächsten Verhandlungstag gehört.
Update: Dienstag, 15. Dezember 2020
Nußloch. (cm) Fast genau drei Jahre ist es nun her, dass Karl Rühl vom Wieslocher Amtsgericht wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe von rund 6000 Euro verurteilt worden ist. Am Donnerstag stand der Ex-Bürgermeister von Nußloch jetzt erneut vor Gericht – dieses Mal allerdings vor dem Landgericht in Heidelberg. Rühl war nämlich in Berufung gegangen, weil er unschuldig sei.
Richter Michael Waldmann erinnerte eingangs an die Tat, um die es geht. Rühl, von 2002 bis 2018 Bürgermeister und seither Pensionär, habe im Juni 2016 Anzeige wegen Körperverletzung, Beleidigung und Nötigung erstattet. Anlass war ein Streit um einen drohenden Hangrutsch in seiner Heimatgemeinde Mühlhausen zwischen ihm und einem Mann, der neben dem Acker von Rühls Familie ein Haus baute. Der 58-jährige Rühl soll "bewusst wahrheitswidrig" behauptet haben, dass er von dem Mann am Arm gerissen worden sei und eine Verletzung davongetragen habe. Außerdem habe Rühl behauptet, dass er "Drecksack" genannt worden sei und der Bauherr gedroht habe, ihn "vom Grundstück zu prügeln". Das Gericht kam aber zur Überzeugung, dass dies nicht stimmt.
Urteil wohl erst im Januar
Nun wird der Fall gerichtlich neu aufgerollt. Zum Auftakt bekräftigte Rühl, dass er beim Fotografieren des Bauwerks von dem Bauherrn angegriffen worden sei. Dieser habe ihn beim Versuch, die Kamera zu entreißen, am Arm erwischt, bedroht und beleidigt. "Ich weiß nicht, woher die Aggressivität kam", so Rühl. Nach dem Vorfall habe er die Polizei und den Chef des Kreisbauamts informiert. Anzeige erstattete er jedoch erst drei Wochen später.
Ein Beamter des Wieslocher Polizeireviers berichtete als Zeuge, dass es Probleme bei der Terminfindung gab und er beim Formulieren der Anzeige im Nußlocher Rathaus geholfen habe. Richter Waldmann stellte die Frage in den Raum ob ein Bürgermeister eine Sonderbehandlung genieße. Er störte sich daran, dass die Aussage von Rühl und dem Beamten zusammen formuliert und von Rühls Sekretärin getippt worden sei. Diese betonte als Zeugin, dass sie dies nicht während der Arbeitszeit getan habe. "Herr Rühl war nach dem Vorfall sehr aufgebracht ins Rathaus gekommen und hat alles erzählt", erinnerte sie sich. Ihr sei damals ein "roter Kratzer" am Arm aufgefallen. Dieser sei auch nach drei Wochen noch zu sehen gewesen. "Ich hatte keinen Zweifel, dass das nicht stimmt", sagte sie. "Herr Rühl hat nie gelogen."
Eine völlig andere Geschichte erzählte der Bauherr. Er habe Rühl lediglich gebeten, nicht sein Grundstück zu betreten und keine Bilder zu machen, so der 32-jährige Angestellte einer Zimmerei. Rühl habe jedoch gesagt, dass er machen könne, was er wolle. "Es kann sein, dass ich etwas lauter und zornig war", gab er zu. "Ich habe ihn aber definitiv nicht berührt und bedroht." Dies bestätigte ein Bauhelfer.
Richter Waldmann sah "zwei völlig unterschiedliche Geschichten" und Rühls Verteidigerin Britta Albiez erkannte viele Widersprüche in Zeugenaussagen. Die größte Herausforderung der nächsten drei Verhandlungstage wird nun sein, diese nach so langer Zeit aufzulösen. Das Urteil soll Anfang Januar fallen.
Update: Donnerstag, 3. Dezember 2020