"Die Stunde Null": Selbstfahrende Autos in deutschen Städten könnten schon 2022 Realität sein
Johann Jungwirth ist ein Vordenker der Autoindustrie. Nach seiner Einschätzung könnten bald Hunderte von fahrerlosen Taxis in den Großstädten unterwegs sein. Einzige Hürde: der gesetzliche Rahmen.
Von der Arbeit zum Supermarkt und dann nach Hause im Auto, ohne selbst steuern zu müssen, das klingt wie Zukunftsmusik. Doch das sollte in Deutschland bald möglich sein, glaubt Johann Jungwirth, der heute für die Intel-Tochter Mobileye arbeitet. "Angenommen, in München, Berlin oder Hamburg wären Hunderte, vielleicht sogar tausende selbstfahrende Taxis oder auch Shuttles für normalen Personenverkehr unterwegs", sagt Jungwirth im Podcast "Die Stunde Null". "Dann bräuchten die Menschen, die die dort wohnen und leben, kein eigenes Fahrzeug mehr." Ein solches Szenario könnte nach seiner Einschätzung schon ab 2022 möglich sein.
Jungwirth ist, obwohl erst 47, ein Tausendsassa der Branche. Er arbeitete im Silicon Valley für Mercedes-Benz und Apple, bevor er 2015 Chief Digital Officer beim Volkswagen-Konzern wurde. Jetzt ist er bei Mobileye, einem israelischen Spezialisten für autonomes Fahren, der seit 2017 zum Chip-Konzern Intel gehört.
"Was die Technologie angeht, kann ich sagen: Es geht jetzt los", sagt Jungwirth. Fahrzeuge des Levels 4, also im Grunde selbst fahrende Autos mit leichten Einschränkungen, gibt es bereits. Was hauptsächlich fehle, seien Gesetze, die das autonome Fahren einrahmen und erlauben. "Es gibt heute kein Land auf der Welt, das ein Gesetzesvorhaben hat, welches den Regelbetrieb von vollautomatisierten Fahrzeugen beschreibt und regelt", sagt er. STERN PAID 11_21 Elektroauto 11.14
Deutschland als Vorreiter?
Nach Jungwirths Ansicht könnte Deutschland dabei eine Vorreiterrolle einnehmen: Die Bundesregierung hat schon ein Gesetz über selbstfahrende Autos auf den Weg gebracht. Der Ingenieur hofft auf eine Entscheidung im Mai oder Juni. In München testet Mobileye gerade Fahrzeuge, die "die Aufgabe bewältigen so wie wir auch. Das heißt, dass sie von A nach B fahren, also im im Stadtkern, in höchst komplexen Umgebungen", sagt er. Da es sich um einen Test handelt, sitzen immer noch Sicherheitsfahrer im Auto.
Auch auf dem Land könnten bald fahrerlose Autos eine große Rolle spielen. Die Läden und Dienstleistungen, die es in vielen Dörfern nicht mehr gibt, könnten dann in Form eines selbstfahrenden Fahrzeugs zu den Menschen kommen: "Wenn Sie den Fahrer nicht mehr brauchen, können Sie einfach eine Apotheke auf Räder stellen und sie einen Tag pro Woche in einem ländlichen Gebiet von Ort zu Ort fahren lassen", sagt Jungwirth.
Nach seiner Einschätzung wird der Fokus zuerst auf dem Transport von Waren und Menschen liegen, dann auf privaten Fahrzeugen. "Ab 2024 oder 2025 kommt die nächste Stufe, wo es darum geht, tatsächlich einen Autopiloten in seinem eigenen Fahrzeug zu haben. Und diesen kann man dann als Sonderausstattung vielleicht für 8000 bis 10.000 Euro oder ein bisschen mehr kaufen", sagt Jungwirth.
Hören Sie außerdem in der neuen Folge von "Die Stunde Null":
- Wie der Arbeitsalltag in der Pandemie in Jerusalem aussieht
- Ob es bald möglich wird, während der Autofahrt in einem Whirlpool zu baden
- Ob es in der Zukunft noch Knöllchen geben wird
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