Gerichtsentscheidung: Zuckerbergs nächste Schlappe: Gericht bestätigt Facebooks EU-Albtraum
Gerade gab es erst Ärger wegen Whatsapp, nun steht Facebook vor der nächsten großen Herausforderung: Dem Konzern könnte die Übertragung der europäischen Nutzerdaten verboten werden. Ein Gericht machte nun den Weg dafür frei.
Es war keine gute Woche für Facebook. Zuerst wurde die harte Durchsetzung der neuen Whatsapp-Nutzungsbedingungen wegen Nutzerbeschwerden noch einmal nach hinten verschoben, mehr dazu erfahren Sie hier. Dann kam am Wochenende der zweite Hammer: Das Oberste Gericht Irlands blockte einen Antrag Facebooks ab. Und könnte so dafür sorgen, dass der Konzern für seine europäischen Nutzer bald eine gigantische Extrawurst braten darf.
Dahinter steckt eine ganz grundsätzliche Frage: Welche Daten von EU-Bürgern darf Facebook auf seine Server in den USA übertragen und kann man den Konzern als einfacher Bürger davon abhalten? Das fragte der damalige Student und mittlerweile als Jurist und Autor bekannte Max Schrems aus Österreich vor etwa neun Jahren. Und klagt seitdem, um es heraus zu finden. Schon der Europäische Gerichtshof (EuGH) beschäftigte sich damit, zweimal. Nun könnte das Oberste Gericht von Irland eine wegweisende Entscheidung getroffen haben.STERN PAID 15_21 Big Tech 08.20
"Auf allen Ebenen verloren"
Der EU-Staat ist deswegen dafür verantwortlich, weil Facebook dort vermutlich aus Steuergründen seinen Europa-Sitz betreibt. Nachdem zunächst das Datenaustausch-Programm mit den USA namens Safe Harbour und dann auch der Nachfolger Privacy Shield vom EuGH für ungültig erklärt worden waren, versuchte sich Facebook die Weiterleitung der EU-Daten in die USA über sogenannte Standardvertragsklauseln zu rechtfertigen. Eine Untersuchung dieser Praxis durch die irische Datenschutzbehörde DPC hatte der Konzern bisher erfolgreich verhindert. Jetzt hat das Gericht den Weg dafür frei gemacht - mit erstaunlicher Klarheit. "Ich weise alle von Facebook Irland erbetenen Erleichterungen ab und erkläre die von ihnen während des Verfahrens gestellten Ansprüche für ungültig", erklärt der Richter in seiner Urteilsverkündung.
Schrems gibt sich bei seinem Privacy-Projekt None of Your Business zufrieden. "Facebook hat auf allen Ebenen verloren", ist er sich sicher. Der Versuch, die Untersuchung zu verhindern, sei gescheitert. Das könnte seiner Ansicht nach nun schwere Folgen für den Konzern haben: "Nach acht Jahren ist die DPC nun verpflichtet, Facebooks EU-US-Datentransfers zu stoppen, wahrscheinlich noch vor dem Sommer."
Facebook warnt
Die Reaktion Facebooks lies nicht lange auf sich warten. Das Urteil schade potenziell nicht nur dem eigenen Geschäft, sondern auch allen Nutzerinnen und Nutzern sowie dritten Unternehmen, erklärte der Konzern gegenüber "Bloomberg". Tatsächlich dürfte es aber Facebook mit Abstand am härtesten treffen. Der Konzern ist für sein Geschäftsmodell darauf angewiesen, möglichst große Datenmengen zu verarbeiten, um dann den Nutzern im richtigen Moment personalisierte Werbung anzeigen zu können. Wenn die Daten der EU-Bürger aber nur innerhalb der europäischen Grenzen gespeichert werden dürften, würden die Milliarden von gesammelten Daten nicht mit den anderen in den USA verwertet werden können.
Ob Facebooks Algorithmus aber eine separate Verarbeitung der Daten erlaubt und dabei ähnlich gute Ergebnisse liefern kann, müsste der Konzern erst einmal beweisen. Selbst falls es möglich wäre, könnten durch die Unsicherheit zudem zumindest zeitweise die Werbeeinnahmen sinken.
Es ist nicht der erste Schlag, den der Konzern in den letzten Wochen verkraften musste. Im April setzte Apple mit iOS 14.5 seine seit Monaten verzögerte Änderung beim Umgang mit Datentracking um. Apps dürfen Nutzerverhalten und -interessen dann nur noch über mehrere Apps und Dienste hinweg tracken, wenn diejenige Person dem explizit zustimmt. Facebook hatte monatelang versucht, Apples Schutz der Privatsphäre als Gefahr für kleine Unternehmen zu verkaufen. Dabei musste auch der Konzern selbst mit größeren Einbrüchen in den Werbeeinnahmen rechnen. Diese Angst war wohl begründet: Nach einer aktuellen Untersuchung stimmt nur ein Bruchteil der Menschen dem Werbetracking zu - gerade einmal 4 Prozent.
Quellen:Gerichtsurteil, None of Your Business, Bloomberg