Gemeinderat: Riesenärger um die Altstadtpoller in Heidelberg
Von Denis Schnur
Heidelberg. Eigentlich sollte alles ganz schnell gehen: 2018 hatte der Gemeinderat beschlossen, dass künftig Poller die Einfahrt von Autos in die Altstadt regulieren – und schon 2019 sollten die ersten Sperren angebracht werden. Doch die Umsetzung des Verkehrsberuhigungskonzepts lässt auf sich warten – und wird immer teurer. Mittlerweile geht die Stadtverwaltung davon aus, dass Mitte September die ersten Standorte in Betrieb genommen werden können – wenn ihr die Gemeinderäte nicht doch noch einen Strich durch die Rechnung machen.
Denn im Stadtparlament herrscht großer Frust bei diesem Thema – vor allem mit Blick auf die ersten geplanten Standorte. Das wurde bei der Sitzung des Klimaschutz- und Verkehrsausschusses in der vergangenen Woche mehr als deutlich. Am Eingang der Hauptstraße sowie in der Grabengasse und am Kornmarkt sollen sogenannte Hochsicherheitspoller installiert werden, die nicht nur versenkbar sind, sondern auch so massiv, dass sie einen Laster mit über sieben Tonnen Gewicht aufhalten, wenn er mit einer Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern dagegen donnert. So sollen die Poller gleichzeitig Veranstaltungen in der Altstadt vor Terroranschlägen schützen. Auch deshalb sollten diese Standorte den Anfang machen.
Doch nachdem es bereits im Vorfeld mehrmals zu Verzögerungen gekommen war, brachte auch eine erste Ausschreibung im Sommer 2020 kein Ergebnis. "Alle Angebote waren weit von dem entfernt, was wir hier umsetzen wollen", erklärte die Leiterin des Amtes für Verkehrsmanagement Bärbel Sauer im Ausschuss. Entsprechend habe man den Auftrag umgestaltet und neu ausgeschrieben. Das wirkt sich erneut auf die Kosten aus. Statt der zu Beginn geschätzten 1,1 Millionen Euro geht die Stadt mittlerweile von Kosten in Höhe von knapp drei Millionen Euro aus.
Den Stadträten stößt diese neue Verzögerung samt Preissteigerung bitter auf: "Seit drei Jahren ist nichts passiert", ärgerte sich etwa Stadtrat Michael Pfeiffer (Grün-Alternative Liste). Selbst die Grünen, die sich im vergangenen Jahr vehement dafür eingesetzt hatten, dass das Projekt trotz Coronakrise nicht auf die lange Bank geschoben wird, wollen die Mittel für die Hochsicherheitspoller aus dem nächsten Doppelhaushalt streichen. "Wenn wir die Mehrkosten und die Verzögerungen damals geahnt hätten, hätten wir sicher anders abgestimmt." Denn es sind vor allem die besonders massiven Poller, die für die hohen Kosten sorgen. "Wir müssen überlegen, ob wir die an der Sophienstraße überhaupt brauchen", betonte Pfeiffer. Außerdem kritisierte er, dass in der Ausschreibung steht, dass ein Stadt-Wappen in die Poller gefräst werden müsse. "Wer hat das denn bitte dort hinein geschrieben?", äußerte der Stadtrat sein Unverständnis.
Verkehrsamtsleiterin Sauer – selbst erst seit November 2020 im Amt – kann den Unmut der Gemeinderäte nachvollziehen. "Es ist Tatsache: Seit 2018 ist nichts passiert", sagte sie in der Sitzung. Sie selbst könne die Vorgänge nur aus den Akten rekonstruieren – und vor allem versuchen, das Tempo zu erhöhen, damit das Konzept doch noch zeitnah umgesetzt werde. Mit der neuen Ausschreibung sei man immerhin soweit, dass man die ersten Aufträge vergeben könne. Dann könnten die Bauarbeiten bereits im Juni beginnen.
Doch dazu müssten die Gemeinderäte bei den derzeit laufenden Haushaltsberatungen 800.000 Euro bereitstellen. Neben den Grünen haben aber auch mehrere andere Fraktionen, darunter CDU und SPD, beantragt, das Vorhaben zumindest zu verschieben. Davor warnen Sauer und auch Klimabürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain jedoch: "Der Vorgang ist vergabereif, den kann ich nicht mehr abbrechen", betonte der Bürgermeister. "Wir würden uns wahrscheinlich schadenersatzpflichtig machen", ergänzte die Amtsleiterin. Und auch aus dem Gemeinderat kamen Appelle, jetzt keinen Rückzieher zu machen: "Wie glaubhaft soll Heidelberg denn eigentlich noch sein?", fragte etwa Michael Eckert (FDP), der selbst über sich sagt, er sei "kein großer Freund von Pollern". Und auch Marliese Heldner ("Heidelberger") pochte darauf, die Mittel einzustellen: "Das hat auch etwas damit zu tun, wie verlässlich man ist."