Aktuelle Corona-Regeln: So wird jetzt der Lockdown gelockert
Von Sören S. Sgries
Stuttgart/Heidelberg. Monatelang verharrt Baden-Württemberg inzwischen schon im (Teil-)Lockdown. Jetzt gibt es erste Öffnungsschritte. Wer blickt da noch durch, was gilt? Ein Überblick:
Zentrale Begriffe
Warum ist die Sieben-Tage-Inzidenz wichtig? Sie beschreibt das Infektionsgeschehen, indem sie die Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in den vergangenen sieben Tagen benennt. Auf Stadt- bzw. Landkreisebene ist sie der entscheidende Wert für mögliche Lockerungen.
Was hat es mit dem "Stufenplan für Öffnungsschritte" auf sich? Er regelt in Baden-Württemberg, wie bestimmte Einrichtungen wieder geöffnet und Aktivitäten wieder erlaubt werden. Seit dem 14. Mai ist er in Kraft.
Wer entscheidet über Öffnungen? Die Regelungen gelten auf Stadt- oder Landkreisebene. Das zuständige örtliche Gesundheitsamt entscheidet. Grundsätzlich gilt: Steigt die Inzidenz an drei Tagen in Folge über bestimmte Schwellenwerte, werden die Maßnahmen verschärft. Sinken die Werte an fünf Tagen in Folge, kann gelockert werden – allerdings nur schrittweise, im Abstand von 14 Tagen.
Was sind die wichtigsten Grenzwerte? Die wichtigste Schwelle ist die Inzidenz von 100: Darüber greift die "Bundesnotbremse" mit sehr scharfen Regelungen, beispielsweise nächtlichen Ausgangssperren. Die Inzidenz von 165 ist ein wichtiger Richtwert für Schulen: Darüber ist nur noch Distanzunterricht erlaubt. Eine Landesregelung: Sinkt die Inzidenz dauerhaft unter 50, treten umfassende Lockerungen in Kraft.
Was hat es mit den Test- und Hygienekonzepten auf sich? Schon bisher mussten alle Einrichtungen, die öffnen wollten, Hygienekonzepte vorlegen – also beispielsweise Abstände einhalten, regelmäßig lüften und desinfizieren, Kontaktdaten erfassen. Neu ist jetzt, dass erstmals flächendeckend Tests eingesetzt werden, um Öffnungen zu ermöglichen. So ist vieles nur entweder mit tagesaktuellem, negativem Covid-19-Schnelltest erlaubt – oder für Genese bzw. Geimpfte.
Tests & Impfungen
Was für Tests werden verlangt? Laut den zugrunde liegenden Verordnungen geht es um maximal 24 Stunden alte Corona-Schnelltests. Diese werden üblicherweise durch die offiziellen Teststellen und Testzentren – etwa in Apotheken – durchgeführt. Es dürfen sich aber auch Dienstleister vor Ort schulen lassen und eine entsprechende Bescheinigung ausstellen.
Sind auch Selbsttests möglich? Nicht direkt. Eigentlich sind Antigentests vorgesehen, die durch geschultes Personal durchgeführt werden. Das Land sieht aber durchaus auch vor, dass bei der Überwachung durch "einen geeigneten Dritten" auch die "Laien-Selbsttests" erlaubt sind, die dann rechtlich wie ein Schnelltest gewertet werden. Als Beispiel wird der Friseurbesuch genannt, bei dem vor dem Haarschnitt ein überwachter Selbsttest durchgeführt wird. "Den Friseur nur aufzusuchen, um einen Test durchführen zu lassen, ist hingegen nicht möglich", heißt es dazu.
Wer bezahlt für die Tests? Laut aktueller Testverordnung des Bundes hat jeder Bürger mindestens einmal pro Woche Anspruch auf einen kostenfreien Schnelltest. Sofern es die Testkapazitäten ermöglichen, können sich die Menschen mehrmals testen lassen. Abgerechnet wird über die Kassenärztliche Vereinigung. Für die "Laien-Selbsttests" gilt das nicht: Hier muss der Dienstleister klären, ob er die Kosten selbst trägt oder der Kunde zahlen muss.
Müssen sich auch Kinder testen lassen? Erst nach dem 6. Geburtstag. Für Babys und Kleinkinder gilt keine Testpflicht.
Wer gilt als genesen? Derjenige, der eine mittels PCR-Test bestätigte Infektion hatte, die allerdings höchstens sechs Monate zurückliegen darf.
Wer gilt als geimpft? Personen, die seit mindestens 14 Tagen komplett geimpft sind und das – beispielsweise per Impfpass – nachweisen können. Sind bei einem Impfstoff zwei Impfungen vorgesehen, muss auch die zweite Impfung 14 Tage her sein. Als geimpft gilt auch, wer eine bestätigte Infektion hatte und mindestens eine Impfdosis erhalten hat.
Allgemeine Regeln
Gibt es auch Regeln, die unabhängig von der Inzidenz gelten? Ja. Die wichtigsten: Ein Mindestabstand wird in vielen Bereichen vorgeschrieben. Außerdem gilt in vielen Situationen eine Maskenpflicht.
Welche Abstandsregeln gelten? Grundsätzlich soll im öffentlichen Raum ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen aufrecht erhalten werden. Ausnahmen gibt es im Einzelfall – beispielsweise, wenn es andere Schutzmaßnahmen gibt.
Was gilt aktuell bei der Maskenpflicht? Dort, wo Masken vorgeschrieben sind, müssen derzeit medizinische Masken getragen werden – entweder die einfachen OP-Masken oder die dichteren FFP2-Masken. Die im vergangenen Sommer gängigen, oft selbstgenähten "Alltagsmasken" aus Stoff sind dort, wo eine Maskenpflicht gilt, nicht mehr erlaubt. Vorgeschrieben sind Masken derzeit insbesondere in Bus & Bahn (mit den zugehörigen Wartebereichen) sowie in geschlossenen Räumen mit Publikumsverkehr wie Geschäften (und auf den Parkplätzen). Auch im Privat-Pkw gilt eine Maskenpflicht, sobald sich darin Angehörige von mehr als einem Haushalt aufhalten.
Gilt auch in Fußgängerzonen eine Maskenpflicht? Nicht generell. Sie kann aber lokal verordnet werden, wenn Abstände nicht eingehalten werden können.
Gibt es Bereiche, in denen ausschließlich FFP2-Masken erlaubt sind? Laut Verordnung derzeit nur in Bus, Bahn & Taxi, sobald die "Bundesnotbremse" greift, also oberhalb einer Inzidenz von 100. Auch bestimmte körpernahe Dienstleistungen dürfen dann nur mit FFP2-Maske ausgeübt bzw. in Anspruch genommen werden – beispielsweise der Friseurbesuch.
Wer ist von der Maskenpflicht befreit? Kinder unter sechs Jahren. Und Personen, denen aus gesundheitlichen Gründen das Tragen einer Maske nicht möglich ist – hier muss in der Regel eine ärztliche Bescheinigung vorliegen.
Werden die Masken kostenlos bereitgestellt? Nein. In der Regel muss jeder seine Masken selbst kaufen. Am Arbeitsplatz muss der Arbeitgeber die Kosten für die Schutzmaßnahmen übernehmen. Der Staat hatte im Winter und Frühjahr einige FFP2-Masken an Risikogruppen kostenfrei abgegeben. Das Angebot gilt aktuell nicht mehr.
Welche Kontaktbeschränkungen gelten? Grundsätzlich dürfen sich im privaten gleichermaßen wie im öffentlichen Raum nur Angehörige von zwei Haushalten mit insgesamt nicht mehr als fünf Personen treffen. Kindern unter 14 Jahren zählen dabei nicht zur Gesamtpersonenzahl mit. Paare, die nicht zusammenleben, gelten als ein Haushalt. Komplett Geimpfte und Genesene werden nicht mitgezählt. Ab einer Inzidenz von 100 greift die "Bundesnotbremse": Dann darf sich ein Haushalt nur noch mit einer einzigen Person ab 14 Jahren treffen. Gelockert werden darf unterhalb der 50: Dann dürfen sich zehn Personen aus maximal drei Haushalten treffen.
Gibt es die nächtliche Ausgangssperre noch? Ja, bei einer Inzidenz von über 100 gilt sie zwischen 22 und 5 Uhr nachts mit wenigen Ausnahmen. Zwischen 22 und 24 Uhr ist zudem "die Ausübung von Individualsport im Freien", also beispielsweise Joggen, erlaubt.
Gastronomie & Freizeit
Ab wann darf die Gastronomie öffnen? Wenn die Inzidenz unter 100 liegt, ist zwischen 6 und 21 Uhr die Öffnung – auch in Innenräumen – erlaubt. Im Innenbereich gibt es eine Personenbegrenzung, im Außenbereich nur das Abstandsgebot von 1,5 Metern. In einem zweiten Öffnungsschritt könnte sich die Öffnungszeit 14 Tage später um eine Stunde verlängern – auf 6 bis 22.
Müssen besondere Hygienevorschriften beachtet werden? Ja. Der Zutritt ist nur für Personen mit einem Test-, Impf- oder Genesenen-Nachweis möglich. Außerdem gilt die Maskenpflicht, die Abstandsregeln sowie die Pflicht zur Kontaktdatenübermittlung – es müssen also Name und Anschrift vorliegen, damit das Gesundheitsamt im Falle einer Infektion die Kontakte nachverfolgen kann. Anders als im vergangenen Sommer geht das jetzt nicht nur analog, auf einem Zettel, sondern auch digital, beispielsweise mit einer geeigneten App.
Sind touristische Übernachtungen inzwischen erlaubt? Ja, bei einer Inzidenz unter 100 ist das nach dem aktuellen Stufenplan erlaubt. Ohne Impfung muss während des Aufenthalts alle drei Tage ein negativer Schnelltest vorgelegt werden. Die Personenzahl ist begrenzt.
Sind kulturelle Veranstaltungen erlaubt? Ja, wenn die Inzidenz unter 100 liegt. Dann dürfen im Freien Theater-, Film- oder Konzertaufführungen mit maximal 100 Besuchern stattfinden. In Innenräumen soll frühestens 14 Tage nach dem ersten Öffnungsschritt erlaubt werden. Im Freien steigen dann die Besucherobergrenzen. Auch hier werden Test- und Hygienekonzept vorausgesetzt.
Was ist mit Museen und Zoos? Sie dürfen unter der 100er-Grenze mit einer Personenbegrenzung (1 Person pro 20 Quadratmeter) für Getestete öffnen. Die Auflagen entfallen, wenn die Inzidenz für fünf Tage unter 50 sinkt.
Haben Freizeitparks geöffnet? Nein, noch nicht. Die Öffnung von so großen Einrichtungen wie Freizeitparks ist erst im "Öffnungsschritt 3" vorgesehen – die Inzidenz muss also 28 Tage in Folge unter 100 und sinkend sein.
Was ist mit Schwimmbädern? Badeseen und Freibäder dürfen unterhalb einer Inzidenz von 100 für Getestete öffnen. Innenbereiche folgen 14 Tage später.
Ist Amateursport erlaubt? "Kontaktarmer" Freizeitsport im Freien darf in Gruppen von bis zu 20 Personen ausgeübt werden. In geschlossenen Räumen ist das frühestens 14 Tage später erlaubt.
Schule & Kitas
Was geschieht an den Schulen oberhalb einer Inzidenz von 165 im Landkreis? Die "Bundesnotbremse" verbietet jeglichen Präsenzunterricht – und zwar auch mit reduzierter Klassengröße als Wechselunterricht. Ausnahmen gibt es nur wenige, beispielsweise für Abschlussklassen oder Notbetreuung.
Was gilt an Schulen oberhalb der Inzidenz von 100? Präsenzunterricht ist für die meisten nur im Wechsel erlaubt.
Was gilt unterhalb von 100? Grundschulen kehren in den Präsenzunterricht unter Pandemiebedingungen zurück – verpflichtend ist das allerdings erst nach den Pfingstferien. Vorher haben die Schulleitungen noch die Wahl, aus organisatorischen Gründen beim bisherigen Wechselunterricht zu bleiben.
Was gilt unterhalb von 50? Alle Schularten kehren in den Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen zurück – das Abstandsgebot ist nicht mehr einzuhalten, es bleibt aber bei indirekter Testpflicht und Maskenpflicht. Den Schulen bleibt freigestellt, ob sie diesen Schritt schon vor den Pfingstferien gehen wollen.
Gilt an Schulen weiterhin die Masken- und Testpflicht? Ja, und zwar ab der 1. Klasse. Im Unterricht muss eine medizinische Maske getragen werden. Die faktisch bestehende Testpflicht für Schüler wird in Baden-Württemberg "indirekte Testpflicht" genannt: Niemand muss sich testen lassen, aber wer sich nicht zwei Mal pro Woche testen lässt, darf das Schulgelände nicht betreten. Ausnahmen gibt es nur für Prüfungen.
Was gilt für Kitas? Der Betrieb muss eingestellt werden, wenn die Inzidenz an drei Tagen in Folge über 165 liegt. Dann gibt es nur Notbetreuung. Für Kita-Kinder gibt es keine Maskenpflicht und auch keine Testpflicht. Viele Träger bieten aber freiwillig Tests an.
Gibt es an den Hochschulen Lehre in Präsenz? Derzeit noch sehr eingeschränkt, doch auch die Hochschulen sind bei den Öffnungsschritten bedacht. Bei stabiler Inzidenz unter 100 sind erst Freiluft-Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen erlaubt, 14 Tage später sollen Hochschulleitungen das auch in geschlossenen Räumen erlauben dürfen. Tests sind Voraussetzung.
Einzelhandel
Welche Läden haben immer auf? Unabhängig von den Inzidenzen hat der Einzelhandel für Lebensmittel und Getränke, aber auch Baumärkte, Gärtnereien und Blumenläden auf. Auch Tankstellen, Apotheken, Drogerien, der Buchhandel oder der Zeitschriftenverkaufe stehen auf der Ausnahmeliste. Es gilt aber eine Beschränkung der Kundenzahl abhängig von der Verkaufsfläche. Deswegen schreiben beispielsweise einige Supermärkte vor, dass jeder Kunde einen eignen Einkaufswagen braucht – und begrenzen die Zahl der Wagen.
Was gilt für andere Läden? Auch sie dürfen öffnen – allerdings zunächst nur nach der "Click & Meet"-Regelung, wonach jeder Kunde einen Einzeltermin buchen muss. Weiterhin gilt hier die Beschränkung, wonach nur ein Kunde auf 40 Quadratmetern Verkaufsfläche zulässig ist. Liegt die Inzidenz unter 100, sind auch zwei Kunden je 40 Quadratmetern angefangener Verkaufsfläche erlaubt – und zwar ohne Terminbuchung, aber dafür dann mit Test bzw. Impf- oder Genesenen-Nachweis. Ein einzelner Kunde auf der Fläche darf auch ohne Test kommen.
Was gilt für den Einzelhandel bei einer stabilen Inzidenz unter 50? Dann ist der Zutritt auch ohne vorherige Anmeldung und ohne negativen Test möglich. In den Geschäften und auf den Parkplätzen gilt aber weiterhin die Maskenpflicht. Die Kundenzahl bleibt begrenzt – auf einen Kunden pro 10 Quadratmetern in Geschäften mit bis zu 800 Quadratmetern Fläche.