Ravenstein: Der Kopf der Darknet-Plattform kommt aus Merchingen
Ravenstein-Merchingen/München. (joc) "Mit dem Verbrechen an einem Tisch" – mit diesem Slogan wirbt die Fernsehreihe "Jenke. Crime.", die am Dienstag zur besten Sendezeit (in der Zeit von 20.15 bis 22.15 Uhr) auf Pro Sieben über außergewöhnliche Straftaten berichtet (siehe Hintergrund). Am Dienstag ist einer der bislang größten Fälle von Cyberkriminalität in Deutschland Thema in der Sendung.
Der Münchner Privatsender beleuchtet dabei nicht nur die Straftat selbst, sondern auch das Leben der drei mutmaßlichen Haupttäter. Einer von ihnen ist Martin F., der aus dem beschaulichen Merchingen, einem Stadtteil Ravensteins, im Neckar-Odenwald-Kreis stammt.
Martin F. wurde bereits im April 2019 in einer groß angelegten internationalen Polizeiaktion von FBI und Bundeskriminalamt (BKA) festgenommen. Die Ermittler werfen ihm vor, Kopf eines in der ganzen Welt handelnden Darknet-Marktplatzes gewesen zu sein.
Bei der Verhaftung des Trios stellten die Ermittler Bitcoins im Wert von mehreren hundert Millionen Euro und 550.000 Euro in bar sicher, dazu verschiedene Luxusgegenstände wie Uhren, Autos sowie eine Schusswaffe.
Martin F. kam, ebenso wie seine Komplizen, in Untersuchungshaft. Und der von ihnen betriebene illegale Online-Marktplatz wurde dicht gemacht.
Einige Mittäter sind bereits abgeurteilt und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden – seit 28. April steht nun auch Martin F. in Frankfurt/Main vor Gericht. Die Anklage wirft ihm "bandenmäßigen Drogenhandel" mittels einer weltweit operierenden Darknet-Plattform vor. Martin F. ist geständig und kooperiert mit der Polizei.
Rückblende: Martin F. wird im Jahr 1989 in Stuttgart geboren. Schon als Kind zieht er mit seiner Familie ins Bauland, genauer gesagt nach Ravenstein-Merchingen. Dort entdeckt der sportliche und gut durchtrainierte Junge seine Leidenschaft fürs Fechten, er tritt dem hiesigen Fechtclub bei. Aber der Sport ist nicht sein einziges Steckenpferd. Früh interessiert er sich für Computer. Neben Videospielen fasziniert ihn auch das Programmieren. Als Autodidakt wird er schnell zum IT-Experten. Bereits mit 14 Jahren macht er erste Erfahrungen im Darknet – zunächst aber nur als Beobachter.
Nach dem Realschulabschluss, den er in der Region macht, geht Martin F. zur Bundeswehr. Hier verlängert er seinen Wehrdienst mehrfach um einige Jahre, nebenbei baut er sich ein legales Online-Geschäft für Webseiten-Marketing auf. Sein Weg führt ihn danach zurück nach Württemberg. Während seine Eltern in Merchingen wohnen bleiben, zieht Martin F. nach Esslingen. Beruflich beginnt er eine Ausbildung zum Elektroniker beim Autohersteller Porsche in Stuttgart. Dort ist er bis zu seiner Verhaftung im April 2019 beschäftigt.
Dass er neben seiner Festanstellung an einem lukrativen Start-up mitwirkt, das in einer Grauzone operiert, ahnt zu diesem Zeitpunkt niemand. Irgendwann in dieser Zeit entsteht auch die Plattform "Wall Street Market", die als Infrastruktur für illegale Geschäfte – wie zum Beispiel Drogenhandel – dient. Das System ist denkbar einfach: Bei jedem Deal verdienen die Administratoren über eine Provision kräftig mit.
Doch die emsige illegale Tätigkeit bleibt nicht unbemerkt. Die Ermittler sind dem Treiben von Martin F. und seinen Komplizen auf die Spur gekommen und leiten eine große internationale Polizeiaktion ein. In Zusammenarbeit mit Europol, FBI und einer niederländischen Cybercrime-Einheit ermittelt das deutsche Bundeskriminalamt die mutmaßlichen Betreiber des international agierenden Online-Marktplatzes. Im Jahr 2019 erfolgt der Zugriff zeitgleich an mehreren Orten. Bei der Festnahme stellt das BKA bei den Beschuldigten Bitcoins im Wert von 400 Millionen und 550.000 Euro in bar sicher, dazu Luxusgegenstände wie Uhren, Autos sowie eine geladene Schusswaffe.
Die Straftaten, die Martin F. zur Last gelegt werden, gehören zu den bisher größten Fällen von Cyberkriminalität in Deutschland. Es geht um die Gründung und den Betrieb der weltweit zweitgrößten Online-Plattform für den Handel mit illegalen Gütern.
Das Filmteam von Pro Sieben drehte im März an Originalschauplätzen, darunter auch in der Region Odenwald/Tauber. Dabei legt man viel Wert auf Aktualität. Erst am Montag vertonte Jenke von Wilmsdorff den heute zu sehenden Beitrag. In Wort und Bild erscheint auch Martin F., der sich im Interview mit Jenke zu den ihm zur Last gelegten Vorwürfen äußert und erläutert, wie er immer tiefer in die Welt des Darknets eintauchte und dort mit Drogenhandel, Raub, Körperverletzung und millionenschwerer Cyberkriminalität in Kontakt kam.