B292 bei Aglasterhausen: "Eine deutliche Lärmminderungswirkung ist gegeben"
Aglasterhausen/Karlsruhe. (schat) Wirkt der besondere Belag, wirkt er nicht? Bereits im Jahr 2014 wurde auf der Bundesstraße 292 bei Aglasterhausen im Rahmen eines Pilotprojekts auf einem Teil der Ortsumfahrung lärmmindernder Asphalt aufgebracht, dessen Wirkung allerdings mancher anzweifelt. Die RNZ hat beim Regierungspräsidium Karlsruhe zum Thema nachgefragt, Sprecherin Clara Reuß hat sich ausführlich der Fragen angenommen.
Grundsätzliche Frage: In welchen Abständen wird denn ein Pilotprojekt überprüft/evaluiert?
Vor dem Jahr 2020 wurden die Regierungspräsidien zur Erfahrungssammlung jeweils einzelfallbezogen gebeten, ausgewählte Versuchsstrecken begleitend lärmtechnisch untersuchen zu lassen und dem damaligen MVI (heutiges Ministerium für Verkehr) regelmäßig zu berichten (sog. Monitoring). Bei der B 292, Ortsumfahrung Aglasterhausen, haben 2014 weder das zuständige Bundesministerium noch das Landesministerium Lärmkontrollmessungen zur Auflage gemacht.
An genannter Stelle wurde aber irgendwann doch nachgemessen.
Seit März 2020 ist das Vorgehen bei Lärmmessungen durch einen Erlass des Ministeriums für Verkehr einheitlich geregelt. Messungen sind nun zu folgenden Zeitpunkten erforderlich: vor Baubeginn, vor Abnahme, vor Ablauf der Gewährleistung, vier Jahre nach Ablauf der Gewährleistung, acht Jahre nach Ablauf der Gewährleistung. Sind bestimmte Messzeitpunkte durch Planfeststellungsbeschlüsse oder die Genehmigung von Untersuchungs- und Pilotstrecken vorgegeben, kann von den oben genannten Standardzeitpunkten abgewichen werden. Der Abstand zwischen zwei Messungen soll mindestens zwei Jahre und maximal fünf Jahre betragen.
Wann wurde in Aglasterhausen denn genau kontrolliert? Und welche Ergebnisse hat man gewonnen?
Im April 2020 wurden erstmalig Lärmmessungen auf der B 292, Ortsumfahrung Aglasterhausen, durchgeführt. Es zeigte sich, dass der lärmarme Splittmastixasphalt weiter deutlich lärmmindernd wirksam ist. Es ist zu berücksichtigen, dass auch bei der B 292 die akustischen Eigenschaften von Fahrbahnbelägen grundsätzlich Alterungserscheinungen unterliegen.
Wurde tatsächlich vor Ort gemessen oder handelt es sich um Berechnungen?
Bei der Messung der Emissionseigenschaften des Fahrbahnbelags auf der B 292 bei Aglasterhausen handelt es sich um die sogenannte Nahfeldmessmethode bzw. Close Proximity Method (CPX). Es handelt sich hierbei um eine Messmethode mit der die Reifen-Fahrbahn-Geräusche unbeeinflusst von der Messumgebung und unabhängig von Antriebs- und Strömungsgeräuschen gemessen werden können. Für die Messung wird ein speziell konstruierter Messanhänger verwendet, der hinter dem Zugfahrzeug nachgezogen wird. Dabei wird die Messung mit zwei speziellen Messreifen durchgeführt.
Von Anwohnerseite wird die Wirkung des Asphalts bezweifelt, über stetig steigenden Lärm geklagt. Was kann man den Anwohnern darauf entgegen?
Die aktuellen Vor-Ort-Messergebnisse aus dem Jahr 2020 für den Asphalt bestätigen eine Lärmminderungswirkung von ca. 3 bis 4 dB(A). Damit ist, entgegen der Zweifel der Anwohner, immer noch eine deutliche Lärmminderung durch den neuen Fahrbahnbelag gegeben.
Sind (weitere) Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen, etwa eine Lärmschutzwand, wie sie wenige Kilometer weiter in Helmstadt durchaus effektiv verbaut wurde?
Zum Zweck der Gleichbehandlung aller Lärmbetroffenen ist ein strukturiertes Vorgehen zur Schaffung von effektivem Lärmschutz notwendig. Dabei sind im Lärmschutz zwei Sachverhalte grundsätzlich zu unterscheiden: Wird im Rahmen einer Baumaßnahme die Straßenführung oder Leistungsfähigkeit einer Straße verändert, so ist der Straßenbaulastträger rechtlich verpflichtet, mit entsprechenden Lärmschutzmaßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass den Anwohnern aus der Maßnahme kein Nachteil entsteht. Für die Lärmvorsorge gelten daher strenge Immissionsgrenzwerte, die in der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung festgelegt sind. Dieser Fall lag seinerzeit in Helmstadt vor, als die angesprochene Lärmschutzwand errichtet wurde.
In Aglasterhausen ist die Situation eine andere?
In Aglasterhausen handelt es sich um eine "gewachsene Lärmsituation", die durch eine Verkehrszunahme entstanden ist. Hier bezeichnet man das Schaffen von Lärmschutz als Lärmsanierung. Bei der Lärmsanierung handelt es sich um eine freiwillige Leistung des Straßenbaulastträgers zum Schutz der Anwohner vor Lärm, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Bei der Lärmsanierung hat das Ministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur in der Verkehrslärmschutzrichtlinie eigene Auslösewerte festgesetzt, die seitdem schrittweise abgesenkt wurden, sodass die am stärksten von Lärm betroffenen Anwohner zuerst in den Genuss von Lärmschutzmaßnahmen kommen. Als damals stark lärmbetroffene Gemeinde hat Aglasterhausen bereits vor einigen Jahren eine Lärmsanierung erhalten. Bei der Auswahl der Maßnahmen muss das Regierungspräsidium dabei die Effektivität des Lärmschutzes, die örtlichen Möglichkeiten und auch wirtschaftliche Belange, wie das Kosten-/ Nutzenverhältnis beachten. In dem Wissen, dass auf vergleichbaren Strecken mit dem lärmarmen Splittmastixasphalt zuvor gute Ergebnisse erzielt wurden, stellte der Einbau eines lärmarmen Fahrbahnbelags dabei die insgesamt beste Kombination für eine effektive und dennoch wirtschaftliche Lärmschutzmaßnahme für die gesamte Ortslage dar. Mit ihr konnten die zu diesem Zeitpunkt bekannten Lärmprobleme gelöst werden.
Gelöst sehen die Anwohner die Lärmprobleme mitnichten.
Da die Auslösewerte der Lärmsanierung im Oktober 2020 seit dem Einbau des lärmoptimierten Fahrbahnbelags erneut abgesenkt wurden, ist es möglich, dass nun wieder einzelne Gebäude eine Überschreitung der Werte aufweisen. Aufgrund der vermutlich geringen Anzahl der von Pegelüberschreitungen betroffenen Anwohner stellt sich die Frage, ob eine zusätzliche aktive Maßnahme grundsätzlich wirtschaftlich vertretbar wäre. Hinzu kommt, dass es zahlreiche Gemeinden gibt, die in der Vergangenheit noch keine Lärmschutzmaßnahmen erhalten haben und in denen sich die Situation aktuell deutlich dringlicher darstellt. Wir verstehen, dass dieses Vorgehen für einzelne Betroffene unbefriedigend sein kann, sind jedoch als Behörde an rechtliche Vorgaben gebunden.