Aufbruch-Stimmung: Wie sich Ladenburger Gastronomen auf die Öffnung vorbereiten
Von Axel Sturm
Ladenburg. Was Flexibilität bedeutet, braucht man dem stadtbekannten "Ochsen-Wirt" Heinz Jäger nicht erklären. Als die Öffnung der gastronomischen Betriebe angekündigt wurde, war er bereit. "Im Ochsen hätte es schon am Samstag losgehen können – unser Team war vorbereitet", sagt er gegenüber der RNZ. Dass die Öffnung der Gastronomie bevorsteht, oder wie in Heidelberg schon seit Samstag galt, machte sich auch auf dem Großmarkt bemerkbar, erzählt Jäger. Einen solchen Ansturm habe er dort noch nie erlebt.
Auch Jäger deckte sich mit frischer Ware ein, denn die ersten Gäste meldeten telefonisch schon Tischreservierungen in dem Traditionslokal an. Während des Lockdowns konnte Jäger sein Gasthaus mit dem Außerhausverkauf recht gut über Wasser halten. Keine seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter musste er in Kurzarbeit schicken und Entlassungen waren kein Thema. Die Auszahlung der Unterstützungsgelder hätte sich der Ochsenwirt zwar etwas zügiger gewünscht, aber Jäger will nicht meckern. Die "Ochsen-Mannschaft" blickt jetzt optimistisch nach vorne. Man spürte die Aufbruch-Stimmung beim RNZ-Besuch – alle sehnen den Mittwoch herbei, an dem im Innenbereich 50 Gäste bewirtet werden dürfen. Jäger hat auch eine Gastronomie-App installiert, um die Kontakte nachverfolgen zu können. Die Hygienevorschriften will er perfekt umsetzen. Älteren Gästen, die kein Handy haben, werde selbstverständlich geholfen beim Ausfüllen der Formulare, kündigt der Wirt an und widmet sich schon dem Spargelschälen für seine Gäste.
Etwas verunsichert war auch der Wirt vom Gasthaus "Zum Schwan". André Titgens wusste am Freitagnachmittag immer noch nicht genau, wann genau er seinen Betrieb wieder öffnen darf. Nach einigem Hin und Her mit den Behörden hat er sich entschlossen am Donnerstag ab 15 Uhr wieder loszulegen. Titgens freut sich ebenso wie seine Gäste auf die Eröffnung des Stammtisches mit Blick auf den Marktplatz. Es war eben doch eine lange, schwierige Zeit bis zur ersehnten Eröffnung. "Ich habe zum Glück eine Ehefrau mit einem Beamtenstatus, die unseren Lebensunterhalt sicherte. Nur mit dem Verdienst aus dem Betrieb hätten wir nicht überleben können", sagt der Gastronom. Die Saison eröffnet er nun mit einem kleineren Team und einer kleineren Speisekarte.
Das Fassbier ist bestellt und das neu entwickelte "Römer-Baguette" wurde vom Leiter des Lobdengau-Museums und Römerexperten, Andreas Hensen, schon getestet. Titgens gibt zu bedenken, dass es viele glückliche Umstände braucht, damit ein gastronomischer Kleinbetrieb, wie es der Schwan ist, eine solche Krise überleben kann: Die Familie muss mitmachen, die Gäste müssen ihre Solidarität zeigen und auch der Vermieter spielt eine wichtige Rolle im Überlebenskampf. "Ich bin 35 Jahre gastronomisch tätig – aber einen so verständnisvollen Vermieter wie Arthur Riedel habe ich noch nie erlebt", dankt er dem Hauseigentümer. Daher erteilte Titgens "Abwerbungsversuchen" – er hätte in Heidelberg sofort seine frühere Gaststätte übernehmen können – eine klare Absage. "Ich fühle mich hier am Marktplatz sehr wohl", meint der Schwanen-Wirt, der nun wieder Licht am Ende des Tunnels sieht.
Eigentlich war auch das Gastronomie-Ehepaar Elisabeth und Janni Sidiropoulos bereit für den Neustart. Doch dann stellte der Wirt im Gastraum einen größeren Wasserrohrbruch fest, der umgehend behoben werden muss. Statt Gästen rücken ab Mittwoch nun die Bauarbeiter an. Der Wirt von "Kreters kleine Rose" hofft, dass der Schaden in vier Wochen behoben ist. Dann wollen seine Frau und er mit viel Elan an den "Neustart" gehen.
Auch im "Schützenhaus" verhindert ein Wasserrohrbruch den Bewirtungsbeginn am Mittwoch. Schützenhaus-Wirt Karl Forschner ist aber optimistisch, dass am Wochenende der volle Betrieb wieder losgehen kann. Seinen beliebten Biergarten richten Forschner und sein Team schon mal her und auch der restliche Betrieb lasse sich in kurzer Zeit wieder hochfahren.
Auch in der "Backmulde" in der Hauptstraße haben sich Handwerker angesagt, die Innenräume müssen frisch gestrichen werden. Rainer Döringer ist daher nicht in Hektik verfallen, als er von der überraschend schnellen Öffnungsperspektive erfahren hat. Mit seinem gegenüberliegenden Spezialitäten- und Weingeschäft hat der Gastronom ein zweites Standbein. Für die "Backmulde" hat Döringer einen Dreistufenplan entwickelt, wie er seinen Betrieb wieder hochfahren will. Bis zum 10. Juni wird die Backmulde im Außenbereich lediglich Getränke anbieten. Danach startet das Team mit einer kleinen Speisekarte und erst ab dem 24. Juni ist das "volle Programm" angesagt, wie es die Gäste von der "Backmulde" kennen. Sein Personal hat dem Backmulden-Inhaber die Treue gehalten, alle freuen sich darauf, wieder kreativ zu werden und die Gäste zu verwöhnen, erzählt Döringer.
Durchatmen war auch im Würzburger Hof zu vernehmen. Ulrike Söhn, ihre Tochter Franzi und ihr Küchen- und Serviceteam haben sich auf die Öffnung gut vorbereitet. Am Mittwoch geht es zwar noch nicht los, aber am Wochenende werden der Innenbereich und der mittelalterliche Hofgarten geöffnet. Die Motivation des Gastroteams hat in der Coronazeit nicht gelitten. "Was gibt es Schöneres als Gäste zu bedienen und in zufriedene Gesichter blicken zu dürfen", findet die Junior-Chefin. Am Samstagvormittag war sie aber aus einem anderen Grund nervös: Sie hat einige Jahre in Köln gelebt und drückte nun ihrem "ihrem FC Kölle" die Daumen. Der Bundesliga-Abstieg sollte verhindert werden. Doch im Gegensatz zu Öffnung der Gastronomie wurde aus diesem Traum nichts, sodass das Zittern weiter geht.