Bunt und wahnsinnig schnell: Apples iMac im Test: Der Post-Pandemie-Computer
Apple treibt es wieder bunt: Der neue iMac lockt mit einem radikal veränderten Design und einem schnellen Prozessor. Unser Test verrät, was der hippe Computer kann.
Die Computerwelt war lange trist, dominiert von unansehnlichen beigen und grauen Blechkisten, die man schnurstracks unter den Schreibtisch verbannte. Das änderte sich am 07. Mai 1998, als Steve Jobs den ersten iMac vorstellte - ein Rechner, der so radikal war wie kaum einer zuvor. Er war Bildschirm und Computer in einem und kam in einem schicken Blaugrün daher, welches die Farbe des Wassers am Surferstrand Bondi Beach wiedergeben sollte. Dieser Rechner, der später noch in weiteren Farben erhältlich war, veränderte den Blick vieler Menschen auf Technik und prägte Apples Image als Trendsetter.
Den iMac verkauft Apple immer noch, allerdings ist er mittlerweile in die Jahre gekommen. Das Design des Bildschirmrechners blieb neun Jahre unverändert. Es wurde höchste Zeit für eine Frischzellenkur - und die fällt beinahe so radikal aus wie vor 23 Jahren. Der 2021er iMac kommt mit einem schlankeren Display, Apples eigenem M1-Prozessor und einem Gehäuse mit bunten, kräftigen Farben, welche an die klassischen iMacs der Neunziger erinnern.
Wir haben den neuen iMac, der an diesem Freitag (21. Mai) ab 1449 Euro erhältlich ist, bereits ausführlich getestet.
iMac (2021) - die wichtigsten Neuerungen
- M1-Chip
- Neues, buntes Design
- 24-Zoll-Display
- 1080p Webcam
- bessere Lautsprecher und Mikrofone
© Christoph Fröhlich/stern
Design: So bunt …
Auch wenn die Geschichte des iMac farbenfroh begann, die vergangenen anderthalb Jahrzehnte waren geprägt von einheitsgrauer Langeweile. Der gebürstete Aluminium-Look ist zwar zeitlos elegant, aber eben alles andere als aufregend. Doch seit einigen Monaten setzt Apple wieder zunehmend auf Farben: die Apple Watch Series 6 gibt es in sattem Blau und Rot, das iPad Air in grün, rosa und babyblau, das iPhone 12 seit Kurzem in Lila.
Doch so knallig wie bei den neuen Desktop-Computern ging es selten ans Werk: Der neue iMac ist - neben der traditionell silbernen Variante - in sechs Farben erhältlich: Blau, Grün, Rosé, Gelb, Orange und Lila. Im Übrigen sind das die gleichen Farben, die Apple in seinem alten Regenbogen-Logo von Ende der Siebziger bis Ende der Neunziger trug. Zufall? Wohl kaum. Eher ein kleiner Gruß aus Apples Vergangenheit.
Während die Vorderseite mit sanften Farben und einer weißen Umrandung gestaltet ist, erstrahlen Rahmen und Rückseite in poppigen Tönen, die schon beim Ansehen für gute Laune sorgen. Beim Zubehör beweist Apple zudem ein Auge fürs Detail: Die im Lieferumfang enthaltene Tastatur (in teureren Modellen sogar mit Fingerabdruckscanner Touch-ID), Maus, Trackpad und das Stromkabel sind farblich auf den Rechner abgestimmt. Selbst das voreingestellte Hintergrundbild passt zur Optik. Das gesamte Ensemble wirkt eher wie eine moderne Skulptur und weniger wie ein Bürorechner.
© Christoph Fröhlich/stern
… und so flach
Das Design kann nur als spektakulär bezeichnet werden: Das Aluminiumgehäuse des iMac ist 11,5 Millimeter dünn, und das durchgängig ohne jegliche Wölbung. Zur besseren Einordnung: Ähnlich dick war das erste iPhone im Jahr 2007. Man kann sich kaum vorstellen, dass in diesem schlanken Bildschirm ein vollwertiger Computer Platz findet. Als Apple im vergangenen Jahr seine eigenen Chips vorstellte und nebulös andeutete, damit seien völlig neue Computer möglich, dachte wohl niemand, dass man bereits ein Jahr später an einem Computer im Format eines riesigen iPads sitzen würde.
Beim ersten Auspacken klebt ein weißer Schutzaufkleber auf dem Bildschirm, in dessen Mitte man von einem farbigen "hello" begrüßt wird. Eine weitere Hommage an den 1984er Macintosh sowie den iMac aus dem Jahr 1998. Ist er entfernt, blickt man auf einen sich über 24 Zoll (61 Zentimeter Bildschirmdiagonale) erstreckenden Bildschirm, der mit 4480 x 2520 Pixeln auflöst und den erweiterten DCI-P3-Farbraum darstellt, was wichtig ist für Bildbearbeitungs- und Layout-Programme. Das Display ist kontrastreich, hell und lässt sich auch bei seitlicher Betrachtung gut ablesen. Der iMac sollte jedoch nicht im direkten Sonnenlicht platziert werden. Das iMac-typische markante Kinn unterhalb des Displays ist geblieben, der Apfel darauf jedoch verschwunden.
© Christoph Fröhlich/stern
M1: Der Plattmacher
Möglich wird die kompakte Bauform durch den M1-Chip, der von Apple selbst entwickelt wurde. Der Prozessor feierte im vergangenen November seine Premiere, unter anderem im Macbook Air (hier unser ausführlicher Test). Allerdings blieben die damaligen Geräte optisch unverändert, der Fokus lag zunächst voll und ganz auf den technischen Möglichkeiten des Chips. Beim brandneuen iMac geht Apple nun einen Schritt weiter und bringt einen Computer auf den Markt, der vollständig um den neuen M1-Chip herum entwickelt wurde.
Der M1-Chip ist ein rasend schneller Chip, der Leistungszuwachs liegt dem Analyseprogramm Geekbench zufolge bei mehr als 50 Prozent verglichen zur Vorgängergeneration. Man kann auf dem iMac problemlos hochauflösende Bilder bearbeiten und Videos schneiden, selbst Profi-Programme wie Affinity Publisher laufen butterweich. Der neue iMac bietet insgesamt mehr Rechenpower als die meisten Menschen im Alltag brauchen dürften und macht ihn auf Jahre zukunftssicher. Ein weiterer Pluspunkt: Dank M1 laufen auch iPhone- und iPad-Apps auf dem iMac. So kann man auf dem großen Bildschirm zum Beispiel die Yoga-App Asana Rebel oder die Rezepte-App Kitchen Stories nutzen.
© Christoph Fröhlich/stern
Faszination der Stille
Die wahre Stärke des M1-Chips ist jedoch seine Effizienz. Trotz höherer Leistung verbraucht er weniger Strom als jene Intel-Prozessoren, die bislang in iMacs steckten. Das sorgt für weniger Abwärme, wodurch nur noch recht kleine Lüfter benötigt werden. Mit traditionellen Prozessoren wäre dieser radikale Formfaktor deshalb so nicht möglich gewesen.
Doch selbst dieser winzige Lüfter dreht fast nie auf und säuselt beinahe unhörbar im Hintergrund. Die Stille fällt einem erst so richtig auf, wenn man wieder zu einem herkömmlichen Computer wechselt. Mein Dienstrechner, ein robustes Lenovo Thinkpad Notebook, fängt etwa bereits nach wenigen Minuten in einer Videokonferenz an zu schnaufen wie ich nach einem Sprint ins Dachgeschoss. Bei diesem Rechner habe ich permanent die Angst, dass er gleich schnurstracks zum Mars zischen will. Der iMac dagegen bleibt mucksmäuschenstill.
Um ihn aus der Komfortzone zu locken habe ich mehrere Videos in 4K-Auflösung mit 60 Bildern pro Sekunde in die Videoschnittsoftware iMovie importiert, übereinandergelegt und den 40 Minuten langen Film anschließend in höchster Qualität gerendert. Der iMac verrichtete dabei völlig unbeeindruckt seinen Dienst. Nur einmal warf er kurz für drei Sekunden den Lüfter an. Wie ein Wal, der für einen kurzen, tiefen Atemzug auftaucht, bevor er wieder für eine Stunde konzentriert abtaucht. Auf diesem Gerät zu arbeiten ist wirklich entspannend, also abgesehen davon, dass man arbeitet.
© Christoph Fröhlich/stern
Gerüstet für das Zoom-Zeitalter
Zurück zur Videokonferenz: In meinem Test des Macbook Air mit M1-Chip kritisierte ich die mittelmäßige Webcam mit 720p-Auflösung. Im iMac hat Apple nachgebessert: Über dem Display befindet sich endlich eine Webcam, die mit Full-HD-Qualität (1080p) auflöst. Die Aufnahmen des iMac sind dadurch detailreicher, bei schummrigem Licht ist das Bildrauschen geringer. Zudem gibt es diverse Bildverbesserungstechnologien. So analysiert eine Künstliche Intelligenz permanent das Bild und passt bei Bedarf automatisch Belichtung oder Weißabgleich an.
Doch da Bilder bekanntlich mehr sagen als tausend Worte, hier der direkte Vergleich zwischen Machbook Air (links) und iMac (rechts), beide jeweils mit M1-Chip ausgestattet:
© Christoph Fröhlich/stern
Schade nur, dass es die Centerstage-Funktion des neuen iPad Pro nicht in den Mac geschafft hat. Dabei verfolgt einen die Kamera in Videotelefonaten durch den Raum und zoomt heraus, sobald mehrere Personen vor die Kamera treten. Vielleicht kommt das ja im nächsten Modell.
Ebenso wichtig wie das Bild ist der Sound. Der ist angesichts der kompakten Maße überraschend laut und kräftig, auch wenn man ihn natürlich nicht mit einem echten Soundsystem vergleichen kann. Drei Mikrofone - zwei stecken oben, eines in der Rückseite - sollen bei Aufnahmen störende Hintergrundgeräusche minimieren und stattdessen die eigene Stimme in den Mittelpunkt rücken. In mehreren Testanrufen wurde mir von den Gegenübern eine gute Verständlichkeit attestiert. "Man würde nicht denken, dass du gerade von einem Desktop-Computer telefonierst", so ein Kollege.
Reduzierte Anschlüsse
Natürlich kommt das neue, ultraschlanke Design des iMac nicht ohne Haken. Da sind zum einen die Anschlüsse. Statt der vielfältigen Auswahl des Vorgängers finden sich auf der Rückseite nur noch zwei Thunderbolt-Anschlüsse (USB-C), die teureren Modelle bekommen zwei zusätzliche USB-C-Ports. Einen SD-Karten-Slot und klassische USB-A-Buchsen gibt es nicht mehr.
Letzteres ist besonders schade, schließlich kann man so nicht einmal einen herkömmlichen USB-Stick oder eine externe Festplatte ohne Adapter anschließen. Doch die traditionellen USB-Anschlüsse haben in Apples Welt schon lange keinen Platz mehr, der Konzern setzt seit Jahren auf USB-C und Bluetooth. Immerhin gibt es noch einen Kopfhöreranschluss.
© Christoph Fröhlich/stern
Zum anderen macht die kompakte Bauweise ein Aufrüsten unmöglich. Wir haben den neuen iMac nicht aufgeschraubt, sind uns allerdings sicher, dass er in weiten Teilen so zugänglich sein dürfte wie Apples Entwicklungslabor. Sprich: Alles ist verlötet und verklebt. Man sollte den Speicherbedarf beim Kauf also bestenfalls eher großzügig bemessen, um auch für die Zukunft gewappnet zu sein.
Ebenfalls schade, dass der neue iMac bislang nur in einer Bildschirmgröße erhältlich ist. Für die meisten Menschen dürften 24 Zoll mehr als ausreichend sein, zum produktiven Arbeiten würde ich mir jedoch ein größeres Modell um die 30 Zoll wünschen. Dieses dürfte jedoch vermutlich erst mit der kommenden Generation der hauseigenen Chips kommen.
Fazit: Ein rundes Gesamtpaket
In der Corona-Pandemie verbringen wir mehr Zeit vor Bildschirmen als je zuvor, zugleich findet eine Rückbesinnung auf das eigene Zuhause statt. Wer viel Zeit zuhause verbringt, möchte es dort schließlich schön haben. Beide Trends vereint der iMac in sich, was ihn zu einem Kind seiner Zeit macht.
Durch die breite Farbpalette dürfte sich der iMac in jede Einrichtung integrieren lassen. Und dank des kompakten Formfaktors benötigt er keinen ausladenden Schreibtisch, trotzdem bietet er von enormer Rechenpower über vernünftige Mikrofone bis hin zu einer Full-HD-Webcam alles, was man im Home-Office-Alltag oder im virtuellen Klassenzimmer braucht. Vor allem ist er wohltuend leise. Der einzige echte Haken ist die geringe Auswahl an Anschlussbuchsen, einen SD-Karten-Slot oder eine herkömmliche USB-Buchse sucht man vergebens. Zudem ist der iMac nachträglich nicht mehr aufrüstbar.
Der Kauf des neuen iMac lohnt sich vor allem dann, wenn man sich einen unkomplizierten Desktop-Computer zulegen möchte und bereits ein iPhone, iPad oder weitere Apple-Geräte besitzt. Denn die tiefe Verschränkung der Betriebssysteme ermöglicht ein nahtloses Arbeiten, sodass man etwa auf dem iPad eine Mail beginnen und diese auf dem iMac fertig schreiben kann.
Einsteigermodell: Das muss man wissen
Der neue iMac startet bei 1449 Euro und besitzt 256 Gigabyte Speicherplatz. Doch wie fast immer im Apple-Universum ist das Basismodell nur bedingt zu empfehlen: Zwar ist die Grundausstattung mit M1-Chip und 24-Zoll-Display identisch, allerdings muss man einige Abstriche in Kauf nehmen. Hier lohnt ein Blick ins Kleingedruckte. Denn für 220 Euro Aufpreis (mittleres Modell ab 1679 Euro) erhält man …
- eine größere Farbauswahl (Orange, Gelb und Lila gibt es nicht in der Basisversion)
- vier statt zwei USB-C-Anschlüsse
- eine Bluetooth-Tastatur mit integriertem Fingerabdruckscanner (Touch ID)
- M1-Chip mit 8 statt 7 Grafikkernen (der Unterschied ist allerdings überschaubar)
- einen Ethernet-Port im Ladekabel
Wer sowieso ausschließlich über Wlan surft, zwei Thunderbolt-Buchsen ausreichend findet und die zusätzlichen Farbvarianten nicht benötigt, ist jedoch auch mit dem Grundmodell gut bedient. Die Touch-ID-Tastatur ist bislang jedoch nicht zum Einzelkauf erhältlich.
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