Neckar-Odenwald-Kreis: Mehr Lichtblicke als dunkle Wolken bei den Kliniken
Neckar-Odenwald-Kreis. (rüb) "Die ersten Monate des Jahres 2021 sind in wirtschaftlicher Hinsicht deutlich schlechter gelaufen als geplant." Landrat Dr. Achim Brötel hatte in der Kreistagssitzung am Montag in Walldürn zum Thema Neckar-Odenwald-Kliniken zunächst keine guten Nachrichten zu verkünden. Trotzdem zeigten sich der Landrat sowie Geschäftsführer Frank Hehn und kaufmännischer Leiter Harald Löffler optimistisch, dass die anvisierte Verlustobergrenze von 5,7 Millionen Euro eingehalten werden kann. Denn, und das war die hoffnungsvolle Botschaft: Die Umsetzung des Zukunftskonzepts läuft erfreulich gut. Und die zu erwartenden Corona-Hilfen sind in den aktuellen Zahlen noch nicht eingerechnet, so dass das tatsächliche Zwischenergebnis deutlich besser sein dürfte.
Ein Jahr nach dem Beginn der Umstrukturierungsmaßnahmen sei es an der Zeit für eine Zwischenbilanz, erklärte Brötel eingangs, auch wenn Vergleiche angesichts der Einschränkungen durch die Pandemie nur sehr schwer zu ziehen seien. Mit einem Jahresverlust von 6,2 Millionen Euro sei die vom Kreistag für 2020 ausgegebene Obergrenze von 7,7 Millionen deutlich unterschritten worden. Der Landrat nahm diese erfreulichen Zahlen zum Anlass, allen Beschäftigten der Kliniken für ihren aufopferungsvollen Dienst zu danken.
An der grundsätzlichen wirtschaftlichen Problematik habe sich aber nichts geändert: Angesichts der strukturellen Unterfinanzierung ließen sich Krankenhäuser – erst recht in Pandemiezeiten – nicht wirtschaftlich betreiben. Für Systemanpassungen sei dringend politische Unterstützung erforderlich.
Frank Hehn und Harald Löffler beleuchteten im Anschluss die Entwicklung der zurückliegenden Monate. So wurde im vergangenen Jahr damit begonnen, einzelne Abteilungen zusammenzuführen wie die Orthopädie und Unfallchirurgie am Standort Mosbach oder die Geburtshilfe in Buchen. Die ersten Erfahrungen in der neuen Struktur seien positiv, versicherte Hehn.
Auch wirtschaftlich sei mit dem Jahresergebnis 2020 ein Erfolg erzielt worden, auch wenn die Zahlen pandemiebedingt kaum vergleichbar seien. Am Ende habe jedoch eine Ergebnisverbesserung in Millionenhöhe gestanden: Nach einem Verlust von 14 Millionen Euro 2019 waren es 2020 "nur" noch 6,2 Millionen gewesen.
Weniger gut sieht es im laufenden Jahr aus: In nur vier Monaten ist ein Verlust von 4,2 Millionen Euro aufgelaufen. Die ausgerufene Obergrenze liegt bei einem Minus von 5,7 Millionen Euro für das ganze Jahr. Pandemiebedingt gebe es deutlich weniger Fälle, die Kosten seien dagegen relativ stabil, so erklärte Hehn die Zahlen. Allerdings seien in den Zahlen zu erwartende Einnahmen wie Freihaltepauschalen, Sicherstellungszuschlag oder Ganzjahresausgleich nicht berücksichtigt. Rechne man diese Variablen mit ein, dann lägen die Kliniken sogar leicht über dem Plan. "Deshalb dürfen wir zuversichtlich sein, dass wir auch das geplante Ergebnis 2021 erreichen werden", bekräftigte der Geschäftsführer.
Harald Löffler ging auf die wichtigsten Veränderungen ein. Diese reichten von der Öffentlichkeitsarbeit über die Patientenbindung bis zur Optimierung interner Abläufe. Hier sei vor allem die Verbesserung der Dokumentationsqualität von großer Bedeutung, um höhere Erlöse für die erbrachten Leistungen zu generieren. Hier sei man auf einem guten Weg. Zum 1. Mai wurde zudem ein Medizincontroller eingestellt.
Die gemeinsamen Ziele seien bei einer Klausurtagung besprochen worden. Sie reichen von einem besseren Informationsaustausch über bessere Arbeitsabläufe bis hin zur Etablierung als "babyfreundliches Krankenhaus" durch eine Stärkung der familienorientierten Geburtshilfe. Auch der Austausch mit den niedergelassenen Ärzten im Kreis soll verbessert und intensiviert werden.
Von entscheidender Bedeutung seien, so Löffler, auch die Themenfelder Personalentwicklung und Führungskräfteentwicklung. Es gelte, die familiäre Atmosphäre an den Kliniken und die Vorzüge der Region als Ort zum Arbeiten und zum Leben herauszustellen.
"Wir sind auf dem richtigen Weg", konstatierte Markus Günther (CDU) und ging sogleich auf die Denkfehler in der Krankenhausfinanzierung ein: Trotz hundertprozentiger Belegung sei es beispielsweise in der inneren Medizin nicht möglich, kostendeckend zu arbeiten. Günther freute sich über die Akzeptanz der Kliniken und der Umstrukturierungen durch die Patienten und forderte die Politik auf, die Krankenhausfinanzierung spätestens in der neuen Legislaturperiode ab Herbst neu zu ordnen.
"Wir haben das ambitionierte Ziel erreicht", sagte Norbert Bienek (SPD) und kritisierte die politischen Rahmenbedingungen: Es dürfe nicht nur um Geld und Gewinne gehen, sondern um die Gesundheitsversorgung der Menschen.
"Der Fehler liegt im System", erklärte Tobias Eckert (AfD). Die Verantwortung für diese Fehlentwicklung liege bei Bund und Land.