Ludwigshafen: BASF gibt Gas beim grünen Strom
Von Thomas Veigel
Ludwigshafen. Es ist bemerkenswert, mit welcher Geschwindigkeit BASF-Chef Martin Brudermüller energiepolitische Pflöcke in den Boden rammt. In den Meeresboden, genauer gesagt: Vor gut vier Wochen startete der Chemiekonzern den langen Weg zur Klimaneutralität mit der Vorstellung der Projektidee eines eigenen Zwei-Gigawatt-Windparks in der Nordsee. Der soll unter anderem das größte Chemiewerk der Welt in Ludwigshafen mit grünem Strom versorgen und soll bis zum Jahr 2030 in Betrieb gehen.
Das am gestrigen Donnerstag vorgestellte Projekt ist deutlicher konkreter: Beim Windpark Hollandse Kust Zuid (HKZ) des schwedischen Vattenfall-Konzerns liegen die Windräder schon bereit, ab dem kommenden Monat werden sie aufgestellt. Ab dem Jahr 2023 sollen 140 Turbinen mit einer Gesamtleistung von 1,5 Gigawatt – was der Leistung eines großen Kernkraftwerks entspricht – den Windpark zum größten der Welt machen.
Gestern trafen sich Martin Brudermüller und Vattenfall-Chefin Anna Borg, um den Kauf von 49,5 Prozent des Windparks durch BASF bekannt zu geben. Der Kaufpreis beläuft sich auf 300 Millionen Euro und berücksichtigt den erreichten Stand des Projekts. Einschließlich des Beitrags zum Bau des Windparks beträgt das finanzielle Engagement der BASF rund 1,6 Milliarden Euro.
"Dieser Windpark wird ein wichtiger Baustein, um unseren Verbundstandort Antwerpen und andere europäische Standorte mit erneuerbarem Strom zu versorgen. Es ist die erste Großinvestition der BASF in Anlagen für erneuerbaren Strom. Mit dieser Investition sichern wir uns signifikante Mengen an Strom aus erneuerbaren Quellen für BASF. Das ist ein Schlüsselelement für unsere Transformation hin zur Klimaneutralität", sagte Martin Brudermüller, Vorstandsvorsitzender der BASF SE, bei einer Pressekonferenz gestern Vormittag.
BASF will ihre CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 25 Prozent reduzieren und bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Um den Ausstoß zu verringern, setzt BASF unter anderem auf den Ersatz fossiler Energieträger durch grünen Strom. Weil große Anlagen, vor allem der Steamcracker, der eine zentrale Rolle bei der Herstellung von Basischemikalien spielt, derzeit noch mit Gas betrieben werden, bedeutet der Ersatz durch Strom eine Verdreifachung des Strombedarfs alleine im Werk Ludwigshafen auf 20 Terrawattstunden im Jahr 2035. Dies entspreche rund 15 Prozent des derzeit in Deutschland produzierten Stroms aus Windenergie. Auch insgesamt werde sich der Strombedarf durch den Ersatz von Öl und Gas in Autos und Heizungen durch Strom verdreifachen. "Wir brauchen viel mehr Windparks", so Brudermüller, "wenn wir der erste CO2-neutrale Kontinent werden wollen." Dazu seien dramatische Kraftanstrengungen nötig sagte kürzlich Anja-Isabel Dotzenrath, Chefin von RWE Renewables. Windenergie seien zentral für das Gelingen der Energiewende in Europa. Ihre Prognose: "2040 wird Offshore-Windenergie die Stromquelle Nr. sein."
Geld und Technologie seien vorhanden, so Martin Brudermüller, problematisch seien regulatorische Hemmnisse. Man rede mit allen politischen Parteien über die Bedürfnisse der Industrie und die notwendigen Veränderungen des regulatorischen Rahmens. Martin Brudermüller ist selbst politisch aktiv als Mitglied im Wirtschaftsbeirat der Grünen.
"Wir brauchen neue Strompreise", sagte Brudermüller im Hinblick vor allem auf die Erneuerbare Energien-Umlage (EEG), die den Strom in Deutschland auch für die Industrie zu einem der teuersten der Welt mache.
Schon bei der Vorstellung des Projekts mit RWE hatte Brudermüller eindringlich klargemacht, dass es noch wichtiger politischer Weichenstellungen auf dem Weg zur Klimaneutralität bedürfe. "Es wird Zeit, dass die Politik ihre 10.000 Meter Flughöhe der Ambitionen verlässt und sich endlich an die Arbeit macht", sagte Brudermüller damals.