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Июнь
2021

Heidelberg: Gesetz ist die "Schlinge um den Hals junger Wissenschaftler"

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Von Julia Lauer und Denis Schnur

Heidelberg. Es klingt abstrakt, doch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) hat konkrete Auswirkungen auf viele Menschen in Heidelberg – auf fast alle, die in der Wissenschaft Karriere machen wollen und zwischen dem Beginn ihrer Doktorarbeit und einer Professur stehen. An der Heidelberger Uni und den Forschungsinstituten dürften es mehrere Tausend Menschen sein, die sich von befristetem Vertrag zu befristetem Vertrag hangeln. Die RNZ hat bei fünf von ihnen nachgefragt, wie sich das auf ihr Leben auswirkt.

Silvia Steininger, 30, Doktorandin am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht: Obwohl ich meine Doktorarbeit unter sehr guten Bedingungen an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung schreibe sowie leidenschaftlich und erfolgreich lehre und forsche, sieht meine Zukunft in der deutschen Wissenschaft düster aus. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz zementiert die Praxis der befristeten Arbeitsverträge, welche vor allem Frauen besonders trifft. Der Weg zur Professur als einziger Option für einen unbefristeten Arbeitsvertrag erfordert, dass man innerhalb der sechs Jahre nach der Doktorarbeit alles gleichzeitig macht: habilitieren, publizieren, Lehrstuhlvertretungen – für ein Privatleben, Partnerschaft und Familie bleibt keine Zeit. Und das alles in seinen 30ern. Deswegen entscheiden sich viele Frauen in dieser Phase dazu, der Wissenschaft den Rücken zu kehren.

Ich bin begeistert von Lehre, Forschung und Wissenschaftskommunikation, aber die Unplanbarkeit im deutschen System belastet mich sehr. Realistisch stellt sich mir daher nur die Wahl, nach meiner Promotion ins Ausland zu gehen – etwa in die Niederlande, wo es verlässliche Aufstiegschancen sowie unbefristete Verträge schon nach der Promotion gibt – oder die Wissenschaft zu verlassen. Das WissZeitVG ist die Schlinge um den Hals aller Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auf befristeten Stellen.

Dr. Tim Tugendhat, 34 Jahre, Physiker: Für neugierige Leute ist es nie eine leichte Entscheidung, der Universität den Rücken zu kehren. Genau das habe ich 2018 im Alter von 31 Jahren getan: Nach meiner Promotion in Physik habe ich mich entschlossen, auf dem "freien Markt" zu arbeiten, anstatt mich auf befristete Postdoc-Stellen zu bewerben. Nun arbeite ich als Data Scientist bei der Deutschen Bahn. Der Grund für den Karrierewechsel waren die katastrophalen Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft. Das WissZeitVG hat das Problem, das es lösen sollte, nur verstärkt.

Keine Jobsicherheit über den aktuellen Vertrag hinaus, alle zwei bis drei Jahre eine neue Wohnung an einem neuen Ort suchen müssen und künstliche Konkurrenz um die wenigen Stellen sind pures Gift für die Zukunftsplanung von jungen Menschen. Dieses System sortiert nämlich nicht unbedingt die "weniger guten" (was immer das heißen mag) Forschenden aus, sondern gerade diejenigen, die ihre Dreißiger nicht prekär beschäftigt verbringen möchten – oder sich dieses Risiko vielleicht auch gar nicht leisten können. Es gibt nämlich keinerlei Garantie, dass man mit 40 oder 45 endlich eine unbefristete Stelle findet.

Olga Ivanova, 32, Doktorandin in Bioinformatik: Nach Heidelberg bin ich gekommen, um meine Doktorarbeit zu schreiben, denn Heidelberg hat einen guten Ruf in Bioinformatik. Den Master hatte ich in den Niederlanden gemacht, dort ist das System ähnlich wie hier: Die Forschung ist in die Universität integriert, das finde ich wichtig. In Russland, wo ich herkomme, ist das ganz anders. Dort vermitteln die Professoren in ihren Vorlesungen eher Basiswissen, von ihrer Forschung bekommt man kaum etwas mit.

Hier in Heidelberg habe ich einen Vierjahresvertrag am Universitätsklinikum, meine Bezahlung erhalte ich über eine Förderung. Das ist gut, nicht jeder hat dieses Glück. Nach der Doktorarbeit würde ich gerne bleiben. Die Konkurrenz ist groß, aber es ist eben auch spannend, was in den Lebenswissenschaften geschieht. In der Wissenschaft muss man flexibel sein, aber ich bin abenteuerlustig und reise gern, das macht mir nichts aus. Ein Kind allerdings ist für eine Doktorarbeit ein Risiko, mit diesem Thema habe ich mich beschäftigt. Aber es gibt auch Menschen, die es geschafft haben, Forschung und Familie zu verbinden – auch in Deutschland. Wenn ich über die Zukunft nachdenke, habe ich auch diese Beispiele vor Augen.

Martina Marzullo, 28, Doktorandin am Anglistischen Seminar der Universität: Ich würde gerne in der Wissenschaft bleiben – auch wenn es nicht leicht ist, weil es nicht viele Stellen gibt. Ich komme aus Italien, dort ist es noch schwerer, auch wenn der Weg zu einer festen Stelle auch in Deutschland lang ist. Deutschland hat eine lange Geschichte im wissenschaftlichen Bereich, zugleich sind die 150 Euro Gebühren pro Semester nichts im Vergleich zu England oder den Vereinigten Staaten, weshalb ich hierherkam. Inzwischen bekomme ich zum Glück auch finanzielle Unterstützung durch das Landesförderungsprogramm; der Zugang zu solchen Programmen ist leichter als in Italien. Vielleicht geht es danach für mich aber auch in einem anderen Land weiter. In der Wissenschaft kann man keine Zukunftspläne schmieden: Das macht es manchmal frustrierend. Zugleich kann ich mich in keinem anderen Bereich sehen, und ich denke, dass ich meine Begabungen dort am besten einbringen kann.

In der Doktorarbeit beschäftige ich mich mit der Geschichte des Mittelalters, die oft von Extremisten missbraucht wird. Manchmal denke ich: Wenn meine Arbeit dazu beiträgt, das Denken auch nur von einem Menschen zu verändern, haben sich die Strapazen gelohnt.

Dr. Johannes Schmidt, 36, Mathematiker: Nach jeder Station in meiner Uni-Laufbahn bekam ich gleich ein Angebot, weiterzumachen. Nachdem ich mit 28 in Mathematik promoviert war, habe ich auch gleich eine Stelle als Postdoc bekommen. Es war eine volle Stelle und sie war gut bezahlt. Aber sie war befristet, und mit der Zeit verschlechterten sich die Aussichten. Ich war in einer Alterskohorte, in der die Vergabe von Junior-Professuren umgekrempelt wurde. In vielen Bundesländern durften sie nur noch vergeben werden, wenn man nicht länger als eine bestimmte Zeit auf einem Karrierelevel verblieben war. Die Mathematik-Professoren wurden immer jünger. Einerseits war klar, dass die Karriere über allem stehen muss, um weiter in der Wissenschaft zu arbeiten. Andererseits zeichnete sich für mich und viele meiner Kollegen ab, dass es nichts mehr werden würde mit einer Professur. Ich begann, mich mit Finanzmathematik zu beschäftigen – das interessierte mich auch.

Vor zwei Jahren ließ ich den Zirkus an der Uni hinter mir, heute bin ich in der freien Wirtschaft als Unternehmensberater tätig. Meine Arbeit wird geschätzt, und ich bin froh, kreativ genug gewesen zu sein, um zu erkennen, dass ich mit meinem Berufsleben auch etwas wirklich Sinnvolles tun kann. Denn das Leben außerhalb der Uni ist voller Möglichkeiten.




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