Waldhof gegen Frankfurt: Mannheim wirft Frankfurt aus dem Pokal (Update)
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Von Daniel Hund
Mannheim. Es war rund 90 Minuten vor Spielbeginn, als da zwei auf den menschenleeren Platz stiefelten, die auf dem Rasen-Rechteck so etwas wie die Lebensversicherung des SV Waldhof sind: Kapitän Marcel Seegert, 27, und Taktgeber Marc Schnatterer, 35. Sie grinsten, pressten im Anstoß-Kreis die Arme in die Hüften, drehten sich einmal im Kreis und tuschelten. Über was sie plauderten? Das bleibt ihr Geheimnis. Es wirkte aber fast so, als würden sie einen Plan aushecken. Den Wie-besiege-ich-die-Eintracht-Plan.
Gegen 17.30 Uhr standen sie dann wieder da. Fassungslos vor Glück, berauscht von einem Fußball-Fest, das in die Waldhof-Geschichtsbücher eingehen wird. Denn man hat das geschafft, was eigentlich niemand für möglich gehalten hatte. Am 71. Geburtstag ihres Präsidenten Bernd Beetz jubelten die Buwe über einen 2:0 (0:0)-Pokalcoup gegen den Bundesligisten Eintracht Frankfurt. Und der macht sich bezahlt: Rund 257 000 Euro werden für den Einzug in die zweite Runde ausgezahlt.
"Glückwunsch nach Mannheim", murmelte Frankfurts Neu-Trainer Oliver Glasner, "dieser Sieg war verdient." Gesagt hat er das auf der Pressekonferenz. Direkt neben ihm saß einer, der sich nach dem Schlusspfiff im Dauergrins-Modus befand: Patrick Glöckner, der Lehrmeister der Waldhöfer. Worte finden nach so einem Sieg, gar nicht so leicht, oder Herr Glöckner? "Schöner Tag, toller Kampf", lächelte er und sprach davon, dass er das alles erst einmal noch sacken lassen muss.
Zum Spiel: Glöckner wirbelte die Aufstellung ordentlich durcheinander. Niklas Sommer und Alexander Rossipal, die beiden Neuen, gaben ihr Startelf-Debüt. Und auch Seegert war zurück: Seite an Seite mit Jesper Verlaat sollte er die Eintracht in Schach halten, hinten dicht machen.
Und das klappte. Die Buwe spielten es clever. Stefano Russo und Rossipal stopften als Sechser die Löcher. Kamen die Frankfurter doch mal durch, schnappte die Innenverteidigung zu. Und im Vorwärtsgang? Da lief man sich zunächst die Hacken wund, probierte es mit langen Bällen und schnellen Beinen. Zu wenig gegen die baumlangen Bundesliga-Stars.
Also mussten Standards her. Schließlich hat man genau für die einen Unterschiedsspieler. Richtig, "Schnatti" natürlich! Und der packte dann auch zweimal das Zauberfüßchen aus. In der 26. Minute zirkelte er einen Freistoß auf Seegert, der den Ball per Dropkick knapp übers Tor schnibbelte.
Fünf Minuten vor der Pause nahm der Meister persönlich Maß: Schnatterer lief an, Schnatterer schaute hoch, Schnatterer zwirbelte die Kugel aus 25 Metern von halb links über die Eintracht-Mauer aufs kurze Eck, ehe sich Nationalkeeper Kevin Trapp ganz lang machte und den Ball gerade noch so zur Ecke lenken konnte.
Eine Szene, die der Auftakt zu einem Waldhöfer Feuerwerk war: Binnen 30 Sekunden hatten Dominik Martinovic und Marcel Costly die Führung auf dem Fuß, scheiterten jeweils freistehend aus fünf, sechs Metern.
Frankfurt, das nach einem Kopfball von Kamada nur einmal gefährlich wurde, war beeindruckt, hätte sich über einen Pausen-Rückstand nicht beschweren dürfen.
Den kassierten sie dann wenig später: Ecke Schnatterer, Kopfball Seegert: 1:0 (47.)! Ob sie genau darüber vor dem Spiel im Mittelkreis geplaudert hatten? Bestimmt! Denn es war quasi eine Wiederholung eines Testspiel-Treffers gegen Gießen vor ein paar Wochen am Alsenweg.
Und weil’s so schön war, gab’s gleich noch ein Schmankerl hinterher: Steckpass Dominik Martinovic, Chipball Joseph Boyamba: 2:0 (52.). Spätestens jetzt war der altehrwürdige Fußball-Tempel ein Tollhaus, kurz vor dem Abheben. Über 12 000 Menschen lagen sich in den Armen, schrien vor Freude.
Als dann auch noch Frankfurts Abwehr-Koloss Martin Hinteregger mit der gelb-roten Karte vom Platz flog (60.) war klar: Die Sensation war zum Greifen nah.
Der Rest war Feierei, Partymeile Carl-Benz-Stadion. "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin", schallte es immer wieder von den Rängen. Dort lagen sich teils wildfremde Menschen in den Armen, hatten Freudentränen in den Augen.
Echte Gänsehaut-Momente.
SV Waldhof: Königsmann - Sommer, Verlaat, Seegert, Donkor - Russo, Rossipal - Costly, Schnatterer (86. Gottschling), Boyamba (80. Lebeau) - Martinovic (74. Garcia).
Frankfurt: Trapp - Tuta (53. Younes), Hinteregger, Ndicka - da Costa (80. Zuber), Rode (46. Hasebe), Sow, Lenz - Lindström (67. Barkok), Kamada - Borre (68. Paciencia).
Schiedsrichter: Stegemann (Niederkassel); Zuschauer: 12.161; Tore: 1:0 Seegert (48.), 2:0 Boyamba (52.)
Update: Sonntag, 8. August 2021, 18.27 Uhr