Wer ist eigentlich das zweite B in B2B?
Der Begriff „Entscheider“ wird inflationär gebraucht. Oft wird mit „Millionen-Reichweiten“ geplant, wo die wirklichen B2B-Adressen in Wahrheit rar gesät sind. Dieses Feld exakt zu vermessen und zu definieren, lohnt. Hier die wichtigsten Erkenntnisse aus den DDW-Rankings.
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- Rund 22.000 Unternehmen in Deutschland können als überhaupt relevant für gehobenes B2B-Marketing gelten
- 55 Prozent sind in der Industrie tätig, 33 Prozent sind Dienstleister und 12 Prozent Handelsunternehmen
- sie erzielen einen durchschnittlichen weltweiten Umsatz von 236,5 Millionen Euro
- 66 Prozent sind Familienunternehmen, 12 Prozent Konzerne oder deren Töchter, 8 Prozent in Investorenhand. 35 Prozent befinden sich in Auslandsbesitz
- B2B-Adressen: Überblick über alle DDW-Rankings
Wer sind sie, die entscheidenden B2B-Zielunternehmen? Wie kommt man aus der Gesamtzahl der rund 3,6 Millionen Gewerbebetriebe in Deutschland auf die B2B-Adressen, die relevant für die eigenen Zwecke sind? Die Antwort fällt für jedes Produkt und jedes Angebot naturgemäß unterschiedlich aus. Doch bei höherwertigen B2B-Angeboten ist in der Regel von dem gemeinsamen Faktor auszugehen, dass die Zielunternehmen selten bei einem Umsatz unter 5 Millionen Euro starten. Davon gibt es 108.000 in Deutschland.
Konzentriert man sich desweiteren auf die privatwirtschaftlichen Akteure, kommt man auf rund 45.000 Unternehmen. Diese haben im Schnitt 1,96 Geschäftsführer und 1,12 Inhaber(familien) bzw. Gesellschafter. In der Top-Entscheiderebene haben es B2B-Marketer also mit rd. 140.000 Personen zu tun. Nimmt man für größere Unternehmen ab 50 Millionen Euro Umsatz noch im Schnitt zwei weitere Entscheider in der zweiten Funktionsebene dazu, kommt man auf rd. 165.000 Personen.
Ob das viel oder wenig ist, liegt im Auge des Betrachters. Immerhin aber kommt man mit dieser Sichtweise in den Bereich der Möglichkeit, die relevanten Unternehmen und Personen individuell zu bewerten und zu erfassen.
Was heißt „wichtig“?
Dabei ist die reine Umsatzbetrachtung oftmals nicht zielführend. Beispiel: Ein Unternehmen, welches drei Tankstellen betreibt, verfügt durchaus über relevante Umsatzzahlen. Ist es aber für klassische B2B-Zwecke genauso relevant wie ein aufstrebendes Tech-Unternehmen mit gleichem Umsatz, in das gerade hohe Summen investiert wurden, und das Hochschul- oder Forschungskooperationen betreibt? Wohl eher nicht.
Für die Ermittlung der wichtigsten Unternehmen Deutschlands hat DDW Die Deutsche Wirtschaft deshalb einen Scoringindex entwickelt, der sich aus insgesamt 28 Kriterien berechnet. Umsatz und Mitarbeiterzahl sind hierbei zwar höchstgewichtet. Jedoch fließen in unterschiedlicher Gewichtung viele weitere Faktoren ein – neben den im Beispiel genannten Faktoren solche wie Zertifizierungen, das Angebot dualer Studienangebote, die Onlinewahrnehmbarkeit, die Patentstärke oder ein Nachhaltigkeitsfaktor.
Auf Basis dieser Bewertung können in der aktuellen Version unserer zentralen Master-Datenbank 22.200 Unternehmen identifiziert werden, die als relevant für B2B-Zwecke gelten können. Diese einem genaueren Blick zu unterziehen, ist ebenso spannend wie essentiell, will man B2B-Marketingressourcen effizient einsetzen.
Branchen und Segmente
55 Prozent dieser 22.200 Top-Unternehmen sind in der Industrie tätig, 33 Prozent sind Dienstleister und 12 Prozent Handelsunternehmen. Nach Branchen liegen Maschinenbauer knapp vor den Automobilzulieferern, gefolgt vom Autohandel, Elektrotechnik sowie Logistik und Speditionen.
Insgesamt stehen die 22.200 Top-Unternehmen weltweit für einen Umsatz von 5,16 Billionen Euro und 19,3 Millionen Arbeitsplätze, entsprechend für einen durchschnittlichen Umsatz von 236,5 Millionen Euro.
Übrigens: Das durchschnittliche Gründungsjahr der Top-Unternehmen ist 1947. Die Chefs der Unternehmen sind zu 91,6 Prozent Männer. 8,6 Prozent sind promoviert, das durchschnittliche Alter beträgt 55 Jahre.
Familienunternehmen
Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind seine Familienunternehmen. Sie stellen, zusammen mit ihren Tochtergesellschaften, mit 14.600 rund 66 Prozent der wichtigsten Unternehmen. Betrachtet man ausschließlich die Mutterunternehmen, so beginnen die Top-1.000 von ihnen bei 261 Millionen Euro Umsatz und gehen bis zu den 252 Umsatzmilliardären. Die 5.000 größten Familienunternehmen starten nach neuesten Zahlen bei 50 Millionen Euro Umsatz.
Unternehmenstypen
Daneben befinden sich 1.705 oder 7,7 Prozent der Top-Unternehmen in Investorenhand. 12,2 Prozent der Top-Unternehmen sind Konzerne oder deren Töchter. Bemerkenswert: 35,5 Prozent der Unternehmen sind in Auslandsbesitz (hier führen US-Amerikaner vor Franzosen und Schweizern).
1.485 Weltmarktführer lassen sich in Deutschland identifizieren. Im Schnitt sind sie in 78 Ländern aktiv und haben einen Auslandsanteil am Umsatz von 66 Prozent. Auffallend ist die die Dominanz der Vertreter der Industrie unter den deutschen Weltmarktführern: sie stellen mit 94 Prozent den Hauptanteil. Dienstleister kommen nur auf 4,5 und die Handelsunternehmen sogar nur auf 1,5 Prozent.
Mittelstand
Das Researchteam von Die Deutsche Wirtschaft identifiziert und analysiert in einem permanenten Prozess auch die 10.000 bedeutendsten Mittelständler. Erfasst werden Unternehmen in deutschem Unternehmerbesitz sowie deren Töchter bis zu einem Jahresumsatz von einer Milliarde Euro, gelistet nach dem besagten DDW-Scoringindex. Die Ergebnisse geben einen spannenden Einblick in die Struktur, Verteilung und Bedeutung der wichtigsten Mittelstandsunternehmen. So reichen die Umsätze der Top-10.000 von rund 12 Millionen bis zur Rankinggrenze von 1 Milliarde Euro. Der Umsatzdurchschnitt liegt bei 96 Millionen Euro. Weltweit schaffen sie 5,3 Millionen Arbeitsplätze. Aktuelle Nummer 1 ist übrigens Beckhoff Automation aus Verl.
Trend- und Wachstumsunternehmen
In einem der neuesten Researchprojekte wurden die Unternehmen in Zukunftsmärkten identifiziert. Unter wissenschaftlicher Begleitung wurden dazu 50 Trend- und Wachstumsmärkte der Zukunft ermittelt und darauf ein Match auf jene Unternehmen durchgeführt, die bereits in diesen Wachstumsmärkten tätig sind oder von ihrer Ausgangslage her besonders prädestiniert sind, potentielle Gewinner dieser Entwicklungen zu sein: 3.000 Unternehmen sind es, auf denen die Hoffnungen für die kommenden weiterhin disruptiven Zeiten in Deutschland ruhen.
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