Walldürn: AWO kauft Maria Rast für 4 Millionen Euro
Walldürn. (jam) "Wir sind sehr daran interessiert, die Immobilie zu erwerben." Das hatte der frühere AWO-Geschäftsführer Peter Maurus auf Anfrage der RNZ im August 2020 durchblicken lassen. Das Objekt der Begierde war und blieb das Wohn- und Pflegezentrum Maria Rast, das die AWO bislang zwar betrieb, aber nur pachtete. Das ändert sich nun: Ein Notartermin besiegelte den Kauf der Millionen-Immobilie im Norden Walldürns. Die AWO Neckar-Odenwald investiert rund 4 Millionen Euro in den Kauf des ehemaligen Klosters, das zum 1. Januar in den Besitz der gemeinnützigen Gesellschaft übergeht. Damit sind die rund 50 Arbeitsplätze am AWO-Wohn- und Pflegezentrum langfristig gesichert.
Als die Pläne der Eigentümer, das frühere Schwesternhaus zu verkaufen, im Sommer des Vorjahrs einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden waren, hatte das für Verunsicherung gesorgt. Kurt Kempf, der Vorsitzende des Walldürner AWO-Ortsverbands, warnte damals: "Es wäre fatal, wenn es jemand erwirbt, der den sozialen Gedanken nicht großschreibt."
Inzwischen steht fest, dass diese Sorgen unbegründet waren. Denn den früheren Eigentümern liegt das Ansehen des 2003 gestarteten Pflegezentrums sehr am Herzen. "Es ist ein gut eingesessenes Haus, das einen guten Ruf hat – und es war uns wichtig, dass das so bleibt", betont Architekt Thomas Link, einer der ehemaligen Eigentümer, im Gespräch mit der RNZ. Die aktuelle AWO-Geschäftsführerin Petra Ilzhöfer und die AWO-Aufsichtsratsvorsitzende Gabriele Teichmann können das nur unterstreichen.
Letztere lobte in einer kurzfristig anberaumten Betriebsversammlung, in der die Mitarbeiterinnen über den Kauf informiert wurden, ausdrücklich die "soziale Einstellung der Familien Weiß und Link" – und zwar "in Zeiten, in denen der Profit über alles geht". Obwohl die beiden Walldürner Familien auf dem offenen Markt wohl "Traumpreise" für die Immobilie erzielt hätten, war ihr Bestreben laut Gabriele Teichmann nicht die Gewinnmaximierung. Denn, das gibt Ilzhöfer offen zu: "Den Marktpreis hätten wir als Wohlfahrtsverband nicht stemmen können" – zumindest nicht, ohne die Kosten an die Bewohner weiterzureichen. Das ist aber weder im Interesse der AWO noch der Eigentümer. "Wie wir wollen sie in Walldürn bezahlbare Pflegeplätze und gute Arbeitsplätze erhalten", ist Teichmann überzeugt.
Laut Ilzhöfer, die im Juli die Nachfolge von Peter Maurus als Geschäftsführerin der AWO angetreten ist, hatten die Eigentümer zunächst zwar Gespräche mit Investoren geführt, im Sommer seien sie dann jedoch auf die Arbeiterwohlfahrt zugekommen. Dafür und für das über die letzten 18 Jahre entgegengebrachte Vertrauen bedankte sich die Geschäftsführerin bei den Eheleuten Weiß und der Familie Link. Sie verspricht: "Die AWO wird alles daran setzen, die Liegenschaft im Sinne der bisherigen Eigentümer weiterzuführen."
Dazu zählt nicht nur das Pflegeheim selbst. Auf dem rund 8000 Quadratmeter großen Areal, das die Arbeiterwohlfahrt erworben hat, befindet sich zudem die Kapelle Maria Rast, die die AWO nun "wieder zum Leben erwecken will". Erste Ideen gibt es darüber hinaus bereits für die noch unbebaute Hälfte des Areals. "Wir haben Fläche, um uns zu entwickeln – und das müssen und wollen wir auch, um bezahlbaren Wohnraum oder weitere Pflegeplätze anbieten zu können", erklärt Petra Ilzhöfer.
Das Wohn- und Pflegezentrum am Waldrand im Norden von Walldürn verfügt über 45 stationäre Pflegeplätze, eine Großküche, eine eigene Wäscherei, eine Cafeteria und den barrierefrei zugänglichen "Garten der Sinne", der eine Gartentherapie für Demenzpatienten erlaubt. Eine größere Investition, die voraussichtlich langfristig nötig wird, ist der Umbau der vorhandenen Doppelzimmer im Walldürner Pflegezentrum zu Einzelzimmern. Laut der Landesheimbauverordnung darf es in Pflegeheimen seit September 2019 im Wesentlichen nur noch Einzelzimmer geben. Aufgrund einer Vereinbarung mit dem Landratsamt gilt noch bis Anfang 2028 eine Ausnahme für Maria Rast. Ergreift die AWO bis dahin keine Maßnahmen, verliert sie vier Pflegeplätze.