Buchen: Straßenumbenennung führt zu großer Verwirrung
Von Martin Bernhard
Buchen. Jenen Tag im Oktober, als Jürgen Nold sein neu erworbenes Auto bei der Zulassungsstelle anmelden wollte, wird er nicht so schnell vergessen. Er legte seinen Ausweis und seine Versicherungskarte vor. Die Mitarbeiterin tippte seine Personalien in den Computer. Dann stellte sie fest: "Da wohnen Sie nicht. Sie wohnen woanders." "Das kann nicht sein", entgegnete Nold. "Da wohne ich schon seit zehn Jahren." "Nein, diese Adresse gibt es nicht", sagte die Mitarbeiterin. "Sie wohnen im Christoph-Corner-Weg 12."
Ein paar Telefonate später wusste Jürgen Nold, was los war: Die Stadt Buchen hatte im Zuge der Ausweisung des Baugebiets "Marienhöhe" nicht nur die Namen der dort neu entstehenden Straßen festgelegt, sondern auch seine Adresse geändert. Er ist offiziell nicht mehr unter der Adresse "Zur Marienhöhe 6" gemeldet, sondern unter "Christoph-Corner-Weg 12" – und das schon seit fast einem halben Jahr. Nur hat ihm das niemand mitgeteilt. Seine Vermieterin hatte von der Umbenennung lediglich aus der Zeitung erfahren. Einen angeblich an sie von der Stadtverwaltung verschickten Brief hatte diese nicht erhalten.
Für Verwirrung sorgte die Straßenumbenennung auch bei anderen Anwohnern, die offiziell nicht mehr in der Straße Zur Marienhöhe wohnen. Zwei Tage vor dem Gemeinderatsbeschluss hatte der Sohn eines Rentnerehepaares von der geplanten Umbenennung im Internet gelesen. Am Montag, 10. Mai, beschloss der Gemeinderat die Angelegenheit in seiner Sitzung, bereits am Freitag darauf erreichte die Rentner ein Brief von der Rentenversicherung, der schon an die neue Adresse gerichtet war. "Rucki-zucki war das Ding über der Bühne", stellte der Rentner fest. "Wir wohnen schon seit 60 Jahren da oben. Und plötzlich bekommen wir von Behörden Post mit der Adresse Christoph-Corner-Weg. Wir haben von der Stadt darüber offiziell noch nichts gehört."
Die Stadtverwaltung sieht die Angelegenheit entspannter. "Betroffen sind lediglich Anwohner eines Teils der bisherigen Straße Zur Marienhöhe (Stichstraße), die künftig Christoph-Corner-Weg heißen wird", teilte Fachbereichsleiterin Simone Schölch auf Nachfrage der RNZ mit.
Zur Marienhöhe heißt künftig die Haupterschließungsachse. Die Eigentümer wurden dieser Tage offiziell benachrichtigt mit der Bitte, mittels vorgefertigter Schreiben auch ihre jeweiligen Mieter zu informieren. Diesbezüglich bestand keine Eile, weil vor Ort eine Baustelle ist, dementsprechend noch gar keine Straßenschilder stehen und der Beschluss damit noch nicht vollzogen ist. Der Vollzug und damit auch die Aufstellung von Straßenschildern ist – je nach Lieferdatum – Ende Januar/Anfang Februar 2022 geplant.
Trotz des laut Stadtverwaltung noch nicht vollzogenen Beschlusses erhielten die Anwohner des künftigen Christoph-Corner-Wegs bereits offizielle Schreiben mit der neuen Adresse, zum Beispiel die Unterlagen zur Bürgermeisterwahl.
Und der Arzt der Rentnerin wusste zwei Wochen nach dem Gemeinderatsbeschluss vom Mai auch schon von der neuen Adresse und fragte die Frau, ob sie umgezogen sei.
Nach Angaben von Simone Schölch wurden im Bürgerbüro der Stadt die neuen Straßen bereits angelegt und Hausnummern vergeben sowie bei den Anwohnern, bei denen sich die Adresse ändert, im Melderegister Vermerke hinterlegt. Außerdem habe man den "Fachdienst Vermessung" des Landratsamts am 19. Mai benachrichtigt. Die betroffenen Anwohner können ihre Adresse im Personalausweis im Bürgerbüro ändern lassen. Die Baustelle vor Ort sorgt zusätzlich für Verwirrung. Denn deren Standort wird mit "Zur Marienhöhe 2" angegeben, eine Adresse, die bisher nicht vergeben war. "Wir kriegen fast täglich Besuch von Speditionen", sagte der Sohn des Rentnerehepaars, das jetzt im Christoph-Corner-Weg wohnt. "Die wollen bei uns Material abladen, das für die Baustelle bestimmt ist." Denn die Navigationssysteme in den Fahrzeugen führen die Lieferanten in die Irre.
Generell können die Anwohner die Vorgehensweise der Stadtverwaltung nicht nachvollziehen. "Das haben die schon länger in der Schublade gehabt", sagte der Rentner. "Die können doch mit uns reden!"