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Апрель
2024

Genosse Reloaded: Mit Rechtsextremen reden – geht das?

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Genosse Reloaded: Mit Rechtsextremen reden – geht das?

Kolumnist Nicol Ljubic will sein Leben als SPD-Karteileiche beenden – und aktiver werden. Das Problem: Als Genosse braucht man heutzutage am Wahlkampfstand fast schon eine Rüstung gegen rechtsextreme Anfeindungen. Und eine Idee, wie man kontert.

Vielleicht würde eine Rüstung helfen, eine Ritterrüstung aus Metallplatten mit Harnisch, Halsberge, Arm- und Beinschienen und Panzerhandschuhen. Dazu noch ein Helm mit aufklappbarem Visier. Und anstelle eines Wappens das SPD-Logo. 

Vielleicht sollte so eine Rüstung zur Standardausrüstung für wahlkämpfende Genossen gehören, neben den Info-Broschüren und Luftballons, die im SPD-Shop erhältlich sind. Die Ritter von der SPD wären garantiert eine Attraktion im aufkommenden Europa-Wahlkampf. Die SPD allerdings setzt (noch) auf andere Methoden: statt Rüstungen bietet sie Seminare an. 

So wie das, an dem ich teilnehme. Es trägt den Titel: „Umgang mit rechtsextremen Anfeindungen am Wahlkampfstand.“ Dafür hat die Berliner SPD die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus eingeladen. „Seit 2001“, so heißt es auf deren Homepage, „Anlaufstelle für alle, die bei konkreten rechtsextremen, rechtspopulistischen, rassistischen, antisemitischen oder verschwörungsideologischen Vorfällen sprech- und handlungssicherer werden wollen.“

Autorenkasten Nicol Ljubic

Wir sind sieben Teilnehmer an diesem Online-Seminar. Nachdem wir uns über unsere Erfahrungen mit rechten Anfeindungen ausgetauscht haben, sollen wir die Frage beantworten, ob wir uns gewappnet fühlen für eine Auseinandersetzung mit Rechten. Auf dem Bildschirm ist eine Linie zu sehen, das rechte Ende markiert ein +, das linke ein -. Fühlen wir uns gut gewappnet, dann sollen wir ein Zeichen bei + machen, ansonsten bei -. Wir alle machen unser Zeichen bei -. 

Vorbei ist Bullerbü

Ich habe es noch nie mit rechtsextremen Anfeindungen am Wahlkampfstand zu tun gehabt, was vermutlich vor allem daran liegt, dass ich bislang überhaupt erst einmal an einem SPD-Infostand stand und das ist zwanzig Jahre her: im Juni 2004, kurz nach meinem Eintritt in die SPD. Auch damals hatte ich zuvor an einer Schulung teilgenommen, die Themen aber hießen „Osterweiterung“, „Türkei“ und „Friedensmacht Europa“. Es war, aus heutiger Sicht kaum vorstellbar, eine Zeit ohne AfD, ein politisches Bullerbü-Land. Ich erinnere mich, dass wir damals zu viert am SPD-Stand vor dem Supermarkt in meinem Viertel standen, wie wir versuchten, Menschen für die SPD zu begeistern, was schon damals eher selten gelang. Die meisten ignorierten uns, manche schüttelten den Kopf und sagten „ach, nö“, und einer, dem ich erklärte, wir seien von der SPD, antwortete, dass er mir da auch nicht helfen könne. Mehr war da nicht an Anfeindungen. 

Ich frage mich, wo all die heutigen AfD-Wähler damals waren. Was haben die bloß gemacht? 

Im Seminar wird schnell klar, dass die Zeiten heute andere sind. Ich erfahre, dass es nicht selten passiert, dass Genossen an den Info-Ständen beschimpft, regelrecht belagert werden. Dass da AfD-Anhänger aufkreuzen, die AfD-Flyer verteilen und Menschen bedrängen, die sich für die SPD interessieren. Eine der Teilnehmerinnen sagt, sie versuche immer, die andere Seite zu verstehen und wisse dann in Diskussionen oft so spontan nicht, was sie antworten solle. Das kenne ich nur zu gut. 

Keine Sternstunde der Überzeugungsarbeit

Vor kurzem habe ich auf dem Wochenmarkt in meinem Viertel (ein Viertel übrigens, dessen Bewohner gern grün wählen) versucht, meine Nachbarn für die Teilnahme an einer Lichterkette gegen Hass und Hetze und für die Demokratie zu motivieren. Und dann klärte mich eine Verkäuferin darüber auf, dass sie auf so eine Initiative gern verzichte, weil wir ja eh nicht in einer Demokratie lebten und dass es die AfD sei, die für die Demokratie einstehe, weil sie es sei, die der Mehrheit der Menschen überhaupt erst eine Stimme gebe. Dann kam sie noch auf die vielen Geflüchteten, die unser Land fluteten und auf die Schulen, die marode seien – und ich war so baff, dass mir wenig bis nichts einfiel. 

Ich sagte: „Ich denke, wir kommen da nicht zusammen.“ Und dann machte ich kehrt. Nicht gerade eine Sternstunde der Überzeugungsarbeit. Ich weiß. 

Es ist die Strategie der Rechten, das lernen wir im Seminar, Themen zu setzen, den Diskurs-Rahmen zu verschieben und menschenverachtende Positionen salonfähig zu machen. Zur Strategie gehört auch, was die Leiter des Seminars „Parolen-Hopping“ nennen. Das heißt: Rechte vermischen Themen, kommen vom Hölzchen aufs Stöckchen. Und dann wird uns so ein typisches Gesprächsmuster präsentiert: „Ich habe Euch ja früher auch mal gewählt. Aber inzwischen seid Ihr einfach Teil des Establishments. Für uns einfache Deutsche macht Ihr gar nichts mehr. Aber den Geflüchteten schmeißt Ihr alles hinterher. Bürgergeld, Kindergeld, Kindergrundsicherung und was weiß ich. Denen kann es wohl gar nicht gut genug gehen. Und wir ehrlichen Malocher sind wieder die Dummen.“

Genosse Folge 1 - Karteileiche  17.30

Wir lernen auch zu erkennen, womit wir es zu tun haben: Rechtsextremismus definiert sich durch eine Ungleichwertigkeit der Menschen. Dem Versuch, ein ethnisch homogenes Volk zu konstruieren, in dem die Gemeinschaft vor dem Individuum steht. Durch den Wunsch nach einer starken Führerfigur. Und durch die Akzeptanz von Gewalt. 

So kann man kontern

Mir wird bewusst, dass die Verkäuferin auf dem Wochenmarkt genau das gemacht hat: Parolen-Hopping. Von Demokratie über Geflüchtete bis hin zu Schulen. Das nächste Mal weiß ich, wie ich reagieren könnte. Ich könnte sie auf das Muster aufmerksam machen. Ich könnte sagen: „Sie springen ja von Thema zu Thema. Bleiben Sie doch bitte bei einer Sache.“ Ich könnte sie fragen, wie es denn möglich sein könne, AfD zu wählen, obwohl wir, wie sie es dargestellt habe, in einer Diktatur lebten? Ich könnte auch sagen: „Ich habe das Gefühl, Sie plappern da gerade Parolen nach, haben Sie auch eigene Gedanken?“ Dann, so erfahre ich, werde es oft sehr still. Und wenn gar nichts geht, dann ist es immer auch eine Option, das Gespräch zu beenden. Sollte es allzu aufdringlich werden am Stand und die Rechten uns belagern, können wir auch die Polizei rufen. 

Leider kann ich nicht bis zum Ende bleiben. Das Seminar dauert drei Stunden und überschneidet sich mit der Vorstandssitzung meiner Abteilung. Ein SPD-Veranstaltungs-Hopping, an das ich mich gewöhnen muss. Es gibt viel zu tun in der Partei. Dennoch gehe ich gestärkt aus dem Seminar und fühle mich wenigstens ein bisschen besser vorbereitet auf den Wahlkampf. Und allein, dass sich Demokraten gegen rechte Anfeindungen wappnen müssen, sagt schon viel über die Zeit, in der wir leben. Vielleicht ist es wirklich nicht mehr so weit bis zur Rüstung.




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