Emilio Sakraya singt über Liebe, Geld und Erfolg. Er arbeitet hart, weil er für seinen Sohn das beste Leben will. Und er positioniert sich gegen Rechts. Der 27-jährige Schauspieler wurde bekannt durch seine Rolle als Xatar in "Rheingold". Neben seiner Schauspielkarriere feiert er auch als Sänger Erfolge und nimmt an der aktuellen Staffel von "Sing meinen Song" teil. Im Gespräch mit t-online verrät Sakraya, dessen Mutter aus Serbien und dessen Vater aus Marokko stammt, wie er mit Rassismus umgeht. Er spricht über seine Familie, über Männlichkeit und Geld und darüber, warum er keinen Alkohol mehr trinkt. t-online: Herr Sakraya, in ihrem Lied "Rote Ampel" singen Sie von einem kleinen Jungen, der Ihr Auto sieht und bewundert. Wer ist dieser Junge? Emilio Sakraya: Eines Tages stand ich an einer roten Ampel und sah einen Jungen am Straßenrand stehen. Er schaute sich mein Auto an. Als ich an ihm vorbeifuhr, wurde mir klar: "Krass, früher war ich dieser Junge". In der Schule hatten alle um mich herum Geld. Jeder hatte eine teure Winterjacke von Canada Goose. Jeder – außer mir. Ich hatte eine Winterjacke von New Yorker, die nicht warmgehalten hat. Ich wollte unbedingt später einmal so eine Jacke kaufen können. Heute kann ich mir solche Kindheitsträume erfüllen, aber merke: Das ist es nicht, was mich glücklich macht. Was macht Sie glücklich? Meine Frau und mein Sohn. Und dass ich ihm eine gute Zukunft geben kann. Ich hatte als Kind nicht die Möglichkeit, alles zu machen, zu lernen und zu reisen, wie ich es mir gewünscht hätte. Sie sind oft unterwegs, viel Zeit können Sie mit Ihrer Familie nicht verbringen, oder? Stimmt, es macht oft auch keinen Spaß, nicht zu Hause sein zu können. Es ist hauptsächlich meine Frau, die es aushalten muss, dass ich oft unterwegs bin. Mein Sohn und ich telefonieren fast jeden Tag. Er hat ein Handy, das er ab und zu benutzen darf. Er kann schon lesen und schreiben – zumindest genug, um mit mir zu kommunizieren. Das klingt nach einem anstrengenden Balanceakt. Warum nehmen Sie diesen in Kauf? Ich mache das, was ich liebe. Dafür arbeite ich gerne hart. Und ich kann damit als erster in meinem Stammbaum für meine Familie sorgen – ein großer Teil von dem, was ich verdiene, geht an meine Verwandten in Marokko. Ich bete fünfmal am Tag, lege meinen Kopf auf den Boden und bedanke mich bei Gott dafür, dass ich dieses Leben führen darf. Sie singen auch davon, dass Sie Ihrer Frau einen Range Rover schenken. Der Mann, der seiner Frau teure Geschenke macht, ist das noch zeitgemäß? Geschenke sind meine Love Language. Ich will damit nicht beweisen, dass ich der Mann und der Versorger bin. Null. Ich laufe nicht durch die Welt und denke, ich bin King Kong. Solche Verhaltensmuster verstehe ich unter dem Begriff "toxische Maskulinität". Ich finde es aber toxisch feminin, sich über Dinge aufzuregen, bei denen man es gut meint. Ich habe ihr keinen Range Rover gekauft, auch wenn ich davon singe. Es geht vielmehr darum, starke Gefühle in Worten zu beschreiben. Damit ecke ich manchmal an und manchmal schaffe ich es, Menschen zu berühren. Sie trinken keinen Alkohol mehr. Warum? Als meine Platte "Ausmacht" veröffentlicht wurde, habe ich gemerkt, dass ich automatisch immer dann Alkohol trank, wenn alle um mich herum tranken. Das sollte aber kein Grund sein, dass man trinkt. Alkohol ist eine Droge, die oft verharmlost wird. Sie ist gesundheitsschädigend und führt dazu, dass man die Kontrolle und Hemmschwellen verliert. Davor habe ich Angst, weil ich jede Sekunde unter vollem Bewusstsein sein und selbst entscheiden möchte, was ich sage und tue. Außerdem habe ich eine Vorbildfunktion. Es ist cool, früh aufzustehen, sich zu bewegen, gesund zu leben und keinen Alkohol zu trinken, Zeit mit der Familie zu verbringen und sich mit den eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen. Hart arbeiten, aufsteigen, Vorbild sein – das klingt nach einer Mentalität, von der FDP-Chef Christian Lindner behauptet, sie fehle vielen inzwischen. Hat das auch Schattenseiten? Ja, mit Christian Lindner verglichen zu werden. Aber es stimmt, dass harte Arbeit zum Erfolg dazugehört. Ich hatte keine reichen Eltern, keine Leute im Business. Zu meinem Vater hatte ich keinen Kontakt – bis vor zwei, drei Jahren. Meine Mom war immer am Hustlen (Anmerkung der Redaktion: Hustlen meint hier hartes Arbeiten). Das habe ich von ihr. Ich stehe morgens um fünf Uhr auf, gehe joggen, erledige Papierkram, räume die Wohnung auf. Ich mag es, wenn ich sagen kann, ich habe schon so viel geschafft und der Tag geht noch weiter. Es gibt aber auch Leute, die das nicht verstehen. Leute, die – wie Sie singen – "ihr Leben nicht finanziert" bekommen? Da geht es eher um Leute, die sich einreden, dass sie es schwer haben, aber sich gar nicht erst bemühen, etwas aus ihrem Leben zu machen. Sie beschweren sich aus ihrer Faulheit heraus. Sie arbeiten auch hart an Ihrem Körper. Als Schauspieler sind Sie oft in Rollen zu sehen, in denen es auf Ihr Äußeres ankommt. Wünschen Sie sich manchmal auch andere Rollen? Ja. Ich muss nicht immer gut aussehen. In "Rheingold" ging es allerdings nicht darum, definiert und muskulös zu sein, sondern Masse aufzubauen und kräftig zu sein. Mein nächster Film fordert einen krassen Gewichtsverlust von mir und ich trainiere darauf hin, schmaler zu sein. Löst es Druck aus, dass Sie in bestimmte Körperformen oder Schablonen passen müssen? Ich mag es, mich zu verändern und mein Äußeres den Rollen anzupassen. Dafür brenne ich während des Drehs. Danach spüre ich Druck, das Gewicht für die nächste Rolle wieder loszuwerden oder Muskeln aufbauen zu müssen, weil ein Film schon vor der ersten Bildeinstellung stattfindet. Es ist ein deutsches Produktionsproblem, dass häufig nach Schablone gecasted wird und nicht nach Fantasie. Wie meinen Sie das? Fatih Akin, der Regisseur von Rheingold, hatte die Fantasie, sich vorzustellen, dass ich zum muskulösen Rapper Xatar werden kann. Damals war ich schmächtiger. Er hat trotzdem daran geglaubt, dass ich als Schauspieler der Richtige bin, die optische Veränderung kam später. Sehr oft ist es aber so: Die Rolle heißt Sami, also werden nur schwarzhaarige Mohammeds zum Casting eingeladen. Einmal habe ich eine Rolle bekommen, die eigentlich Simon hieß und die dann, weil ich sie bekam, umbenannt wurde in Sami. Auch in sozialen Netzwerken begegnen Ihnen Menschen, die in Schablonen denken und sich Ihnen gegenüber rassistisch äußern, zuletzt, nachdem Sie im Februar bei "Schlag den Star" angetreten waren. Was hat das in Ihnen ausgelöst? Ich dachte, meine Karriere sei beendet. Als Person des öffentlichen Lebens habe ich täglich mit Hassreden zu tun und halte mich bewusst aus politischen Debatten heraus, um mich selbst zu schützen. Nach der Sendung hingegen habe ich die Kommentare gelesen und konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Ich konnte nicht fassen, was Menschen unter Meinungsfreiheit verstehen. Menschenhass und Rassismus sind keine Meinung. Werden Sie diese Erfahrung auch in Ihren Songs aufarbeiten? Ich glaube nicht, dass ich in Zukunft Songs dafür nutzen möchte, politische Aussagen zu treffen. Meine Musik soll Spaß machen und am liebsten jeden erreichen, der open-minded ist.