Portugals Superstar steht gegen Slowenien immer wieder im Mittelpunkt – und droht, zur tragischen Figur zu werden. Dann aber kommt alles ganz anders. Das Protokoll eines irren Abends. Er bangte, er hoffte, er haderte mit sich selbst. Er weinte sogar mitten im Spiel (mehr dazu lesen Sie hier ). Mit seinen nun 39 Jahren hat Cristiano Ronaldo eigentlich so ziemlich alles erlebt, was ein Fußballer in einer Karriere erlebt haben kann, und hat dazu auch noch unzählige Titel gewonnen. Doch das 3:0 nach Elfmeterschießen im EM-Achtelfinale gegen Slowenien am Montagabend in Frankfurt könnte "CR7" in ganz besonderer Erinnerung bleiben. Denn nicht nur verschoss Ronaldo in der Verlängerung einen Elfmeter, er brach danach in Tränen aus – und verwandelte dann den ersten Strafstoß im Elfmeterschießen. "Natürlich war ich unglaublich traurig zu Anfang – und hinterher überglücklich", sagte der Superstar nach der Partie. Und wurde emotional: "Das passiert im Fußball. Das ist Fußball. Das kann man nicht erklären, was da passiert." Ronaldos irrer Abend im Protokoll: 4. Spielminute: Bruno Fernandes setzt sich auf rechts durch, flankt scharf in Sloweniens Strafraum. Dort verpasst Ronaldo in der Mitte nur knapp die frühe Führung. 9. Spielminute: Szenenapplaus für Portugals noch spielendes Denkmal: Ronaldo wird in Sloweniens Hälfte von Petar Stojanović bedrängt, bleibt aber am Ball – und jongliert das Spielgerät mehrmals, hält den Ball in der Luft, spielt dann im Fallen zu João Palhinha. Fordert dann noch einen Freistoß, den er vom italienischen Schiedsrichter Daniele Orsato aber nicht bekommt. 13. Spielminute: Die nächste Großchance für Ronaldo. Wieder ist es eine Flanke von rechts, dieses Mal versucht es Bernardo Silva. Der Kapitän der "Seleção" segelt am zweiten Pfosten aber ganz knapp unter der Flanke hindurch. 31. Spielminute: Immer wieder wird Ronaldo mit Flanken gesucht. Nun versucht es João Cancelo von links. Die Hereingabe kommt gut, genau auf den Kopf des Angreifers, der setzt zum Kopfball an – bekommt aber keinen Druck hinter den Ball, Sloweniens Torwart Jan Oblak fängt ohne Mühe. 34. Spielminute: Raphael Leão wird von Vanja Drkušić kurz vor dem Sechzehner umgegrätscht. Freistoß für Portugal direkt an der Strafraumgrenze – eine Situation für Ronaldo. Er läuft an, haut voll drauf – zimmert den Ball aber rechts wenige Zentimeter über das Tor. 36. Spielminute: Es will mit den Flanken einfach nicht klappen. Nach einer kurz ausgeführten Ecke spielt Vitinha den Ball von links Richtung langer Pfosten – und erneut kommt Ronaldo nicht ran. 55. Spielminute: Cancelo wird knapp 20 Meter vor dem Tor gefoult. Die nächste Freistoßsituation für Ronaldo. Erneut läuft er an, trifft den Ball mit voller Wucht, ein Schuss wie ein Strich – Oblak ist aber zur Stelle und klärt den Gewaltschuss. 72. Spielminute: Portugal tut sich weiter schwer mit Slowenien, Ronaldo verzweifelt zusehends. Dieses Mal läuft er zu einem Freistoß in 25 Metern Entfernung an. Erneut zielt er aber nicht genau genug, der Schuss geht ein gutes Stück über das Tor, senkt sich zu spät 89. Spielminute: Das muss doch das Tor sein. Kurz vor Ende der regulären Spielzeit schickt Diogo Jota Ronaldo mit einem Steilpass in die Tiefe. Ronaldo stürmt bis in den slowenischen Strafraum, führt den Ball mit links, schließt dann mit links ab – aber auch der Flachschuss ist kein Problem für Oblak. 90.+2: Es droht die Verlängerung, Portugal versucht noch mal alles. Fernandes bringt die Kugel von der linken Eckfahne in den Torraum. Ronaldo will an den Ball, Oblak ist aber schneller, dem Stürmer wird der Kontakt mit dem Torwart dazu als Foul ausgelegt. 103. Spielminute: Jota dribbelt in den Strafraum des Außenseiters, vier bis fünf Verteidiger sind um ihn herum. Und dann passiert es: Sloweniens Verteidiger Vanja Drkušić lässt das linke Bein stehen – Jota nimmt das an, geht zu Boden. Schiedsrichter Orsato entscheidet: Elfmeter für Portugal. Ronaldos großer Moment in dieser Partie scheint gekommen: Er schnappt sich den Ball, legt ihn fast zeremoniell auf den Elfmeterpunkt, stellt sich vor dem Anlauf in seiner berühmt-berüchtigten breitbeinigen Pose aus, läuft an – und verschießt gegen Sloweniens starken Torwart Jan Oblak. Der Schlussmann von Atlético Madrid fischt den Schuss von "CR7" mit einer tollen Parade aus der rechten unteren Ecke. Ronaldo kann es nicht fassen, hält sich sofort die Hände vor das Gesicht – und hat Tränen in den Augen. Elfmeterschießen: Ronaldo fasst sich ein Herz, will seinen Fehler wiedergutmachen. Er stellt sich als erster Schütze Portugals dem Duell mit Oblak. Dieses Mal aber mit Erfolg: Er verzögert beim Anlauf – und verwandelt dann unten links. Oblak hat die Ecke, aber nicht den Ball. 1:0 und Vorteil Portugal! Dann kann die Lichtgestalt des portugiesischen Fußballs noch dabei zusehen, wie nach ihm auch noch Fernandes und Bernardo verwandeln – und das Viertelfinale perfekt machen. "Alles oder nichts, das passiert immer wieder, und dann dreht sich das Schicksal und das Glück", sagte Ronaldo dann nach der Partie weiter. "Ich habe versucht, das Spiel zu entscheiden, habe versucht, den Elfer reinzuhauen, aber das ist mir nicht gelungen." Er zollte auch dem slowenischen Torwart fair Respekt: "Oblak hat aber einfach super gehalten." Er sei "tieftraurig in dem Moment" gewesen, "und dann sofort wieder überglücklich. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt – das passiert im Fußball." Und weiter: "Glückwunsch auch an Diogo Costa, der drei Elfmeter gehalten hat", lobte Ronaldo Portugals Schlussmann. "Wir sind durch, wir haben hart gearbeitet, haben hart arbeiten müssen und deswegen, glaube ich, auch verdient gewonnen." Und Ronaldos große Karriere ist um eine denkwürdige Partie reicher.