Judentum: Jüdische Gemeinde für Gespräche über Abraham Geiger Kolleg
Wie wird die liberale Rabbiner-Ausbildung organisiert? Darüber gibt es innerhalb der jüdischen Gemeinschaft Streit. Alle an einen Tisch, schlägt der Berliner Gemeindechef Gideon Joffe vor.
Im Streit über die Ausbildung liberaler Rabbiner am Abraham Geiger Kolleg in Potsdam fordert die Jüdische Gemeinde zu Berlin ein klärendes Gespräch. "Wir schlagen schon seit geraumer Zeit vor, dass wir uns mit allen Beteiligten an einen Tisch setzen, also mit dem Zentralrat der Juden und den übrigen Geldgebern, aber auch mit den Vertretern des liberalen Judentums", sagte der Gemeindevorsitzende Gideon Joffe der Deutschen Presse-Agentur. Zugleich kritisierte er den Zentralrat der Juden. Dieser sei eine "fast komplett orthodoxe Vereinigung" und habe kein Interesse an einer liberalen Rabbinerausbildung, sagte Joffe.
Die Berliner Gemeinde hatte Anfang 2023 die Trägerschaft des Kollegs übernommen. Zuvor hatte es Vorwürfe des Machtmissbrauchs und der sexualisierten Belästigung gegen die alte Führung der liberalen Rabbinerschule gegeben. Der Zentralrat der Juden, einer der wichtigsten Geldgeber des Kollegs, will hingegen einen Neustart unter dem Dach einer Stiftung. Dafür gewann der Zentralrat die Unterstützung der übrigen öffentlichen Geldgeber, nämlich des Bundesinnenministeriums, der Landesregierung Brandenburg und der Kultusministerkonferenz. Sie stellten sich im Februar hinter das Stiftungsmodell.
Streit ums Geld
Damals erklärten sie, die öffentliche Förderung für das Kolleg laufe weiter, bis die Stiftung übernehme. Tatsächlich fließt aber nach Angaben der Beteiligten kein Geld. Der Zentralrat hat zwar nach eigenen Angaben seine Fördersumme - rund 500.000 Euro pro Jahr - bereitgestellt. Die Gemeinde habe dies aber nicht abgerufen, sagte ein Sprecher des Zentralrats.
Joffe sagte, das Geld sei daran geknüpft, dass das künftige Stiftungsmodell akzeptiert werde. Das laufe auf ein Ende des Kollegs hinaus und sei unannehmbar. In dem Finanzierungsstreit hat das Kolleg das Bundesinnenministerium auf Auszahlung der Fördermittel verklagt. Dabei geht es um 388.000 Euro. Eine Entscheidung steht noch aus.
"Goldstandard der Ordination"
Ein Teil des Streits dreht sich darum, ob und wie die Absolventen des Kollegs ordiniert werden und somit als Rabbiner arbeiten können. Joffe sagte: "Die anderen Geldgeber des Abraham Geiger Kollegs haben sich vom Zentralrat der Juden in die Irre führen lassen, als es hieß, das Abraham Geiger Kolleg könne unter Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde zu Berlin keine Rabbiner mehr ordinieren."
Tatsächlich sei die Gemeinde von den internationalen Organisationen des liberalen Judentums mandatiert, Absolventen zu ordinieren. "Wir haben den Goldstandard der Ordination", sagte Joffe. Dagegen würde das Kolleg unter Trägerschaft einer Stiftung des Zentralrats nicht anerkannt und wäre eine "Nullnummer", meinte Joffe. "Die liberalen Juden haben kein Vertrauen in den Zentralrat, weil das eine fast komplett orthodoxe Organisation ist." Es habe keinen Sinn, "Rabbiner für die Arbeitslosigkeit auszubilden".
Joffe ist seit Jahren uneins mit dem Zentralrat. Wegen eines Streits über die Umstände seiner Wiederwahl zum Vorsitzenden im vergangenen Jahr hat der Zentralrat die Stimmrechte der Berliner Gemeinde auf Eis gelegt. Joffe stellt seinerseits den Vertretungsanspruch des Zentralrats für die Juden in Deutschland infrage.