Reaktion auf Karlsruher Urteil: Änderungen am Wahlrecht: Merz kritisiert Ampel
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, das Teile der Wahlrechts-Reform verfassungswidrig sind. Die Ampel-Fraktionen und die Union haben daraufhin beraten.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz wirft den Ampel-Fraktionen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mangelnden Kompromisswillen beim Wahlrecht vor. Nach einem Gespräch mit den Vorsitzenden der Ampel-Fraktionen schrieb Merz an die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion: "Wir haben eine alleine auf die Sperrklausel und die Grundmandatsklausel beschränkte Verhandlung über das Wahlrecht noch in der laufenden Wahlperiode abgelehnt." Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
"Wir wollen zum geeigneten Zeitpunkt über die Stärkung der Wahlkreismandate sprechen und uns nicht für deren weitere Schwächung vereinnahmen lassen." Weitere Gespräche über das Wahlrecht in der laufenden Wahlperiode mit der Koalition seien nicht zu erwarten.
Merz schrieb, leider habe das von der Ampel erfundene Verfahren der sogenannten Zweitstimmendeckung in den Augen des Bundesverfassungsgerichts weiter Bestand. "Damit werden wir bei der nächsten Bundestagswahl nach einem Wahlrecht wählen, das nicht mehr sicherstellt, dass ein direkt gewählter Abgeordneter auch in den Deutschen Bundestag einzieht."
Dieses Verfahren besagt, dass künftig allein das Zweitstimmenergebnis einer Partei für die Zahl ihrer Sitze im Parlament entscheidend ist. Das gilt auch, wenn sie über die Erststimme mehr Direktmandate geholt hat. Dann gehen die Wahlkreisgewinner mit dem schlechtesten Erststimmenergebnis leer aus.
Keine Anpassung
Die Ampel-Fraktionen wollen das Wahlrecht nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorerst nicht weiter anpassen. "Da das Bundesverfassungsgericht durch eine Anordnung einen reibungslosen und rechtlich zulässigen Wahlgang für den Bundestag im kommenden Jahr sichergestellt hat, sind wir übereingekommen, dass es keine Änderungen mehr am Wahlrecht geben soll", erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen. Auch die "Rheinische Post" hatte berichtet.
Zuvor hatten sich die Fraktionschefs von SPD, Grünen, FDP und der oppositionellen Union zu dem Urteil ausgetauscht. Es habe grundsätzlich unterschiedliche Bewertungen zwischen Ampel und Union gegeben, die in der noch zur Verfügung stehenden Zeit vor der Bundestagswahl nicht auszuräumen seien, hieß es. Die nächste Bundestagswahl soll im September 2025 stattfinden.
Alte Grundmandatsklausel vorerst wieder in Kraft
Das Bundesverfassungsgericht hatte die Aufhebung der sogenannten Grundmandatsklausel im neuen Wahlrecht für verfassungswidrig erklärt und diese Regelung vorerst wieder in Kraft gesetzt. Damit gilt erst einmal weiter, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einziehen, wenn sie unter der Fünf-Prozent-Hürde liegen, aber mindestens drei Direktmandate gewinnen.
Ein weiteres Kernstück der Wahlrechtsreform, die Begrenzung des Bundestages auf 630 Abgeordnete und den Wegfall der sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate, haben die Karlsruher Richter dagegen bestätigt. Damit ist für die Zahl der Sitze im Parlament künftig allein das Zweitstimmenergebnis einer Partei entscheidend - auch dann, wenn sie mehr Direktmandate geholt hat. In dem Fall gehen die Wahlkreisgewinner mit den schlechtesten Erststimmenergebnissen leer aus.
Unter anderem die Union, Linke und die bayerische Staatsregierung gingen am Bundesverfassungsgericht gegen die Neuregelung vor.