Die Messermorde von Solingen hätten womöglich verhindert werden können. Wann bekommen deutsche Behörden endlich das Abschiebeproblem in den Griff? Deutschland erlebt ein brutales Wochenende. Der mehrfache Messermord in Solingen erschüttert Millionen Menschen und verstärkt das Gefühl vieler Bürger, im öffentlichen Raum nicht mehr sicher zu sein. Er verdeutlicht die Gefahr durch den islamistischen Terrorismus und zugleich die Verwicklung Deutschlands in internationale Krisenherde. Bestätigen sich die bisherigen Informationen zum Tathergang, hat auch in Solingen ein radikalisierter Einzeltäter zugeschlagen, der sich vom "Islamischen Staat" inspirieren ließ. Messerattacken wie Ende Mai in Mannheim und nun in Solingen offenbaren, welche grausamen Folgen der Krieg im Nahen Osten und die Konflikte in der islamischen Welt auch hierzulande haben: Ebenso geschickt wie ruchlos stacheln Online-Propagandisten des IS empörte und orientierungslose Muslime – meistens junge Männer und immer häufiger Jugendliche – zu Gewalttaten an. So wird die Bedrohung durch "einsame Wölfe", die unvermittelt an jedem Ort zuschlagen können und dafür nicht mehr als ein in jedem Kaufhaus erhältliches Messer benötigen, zur größten Terrorbedrohung in Mitteleuropa. Unzählige Bundes- und Landespolitiker haben in den vergangenen Stunden ihr Entsetzen über die Bluttat von Solingen geäußert und Mitgefühl mit den Opfern und deren Angehörigen bekundet. Das ist wichtig und mag manchen Betroffenen ein kleiner Trost sein. Zugleich können solche Beteuerungen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Deutschland ein gewaltiges Problem mit dem militanten Islamismus hat – und dass dieses Problem zu einem erklecklichen Teil hausgemacht ist. Nach allem, was bislang bekannt ist, war der Täter ein 26-jähriger Syrer, der 2022 als Flüchtling nach Deutschland gelangte. Dieser mittlerweile festgenommene Issa al-H. sollte im vergangenen Jahr abgeschoben werden, gemäß dem EU-Reglement nach Bulgarien, wo er zuvor registriert worden war. Sogar einen Abschiebetermin gab es bereits. Doch die Abschiebung scheiterte, weil der Mann untertauchte und sich ein halbes Jahr lang vor den Behörden verborgen aufhielt. In dieser Zeit verstrich die deutsche Überstellungsfrist nach Bulgarien. Im Anschluss meldete sich der 26-Jährige brav wieder bei den Behörden – und wurde daraufhin prompt wieder in einer Flüchtlingsunterkunft in der Solinger Innenstadt untergebracht. Formal juristisch mag dieser Vorgang korrekt abgelaufen sein. Ein Rechtsstaat arbeitet mit Anordnungen, Fristen, neuen Fristen. Im Empfinden von Millionen Bürgern ist er jedoch an Absurdität nicht zu überbieten. Bald zehn Jahre nach der großen Flüchtlingskrise 2015 und Angela Merkels Politik der offenen Grenzen gelingt es den deutschen Sicherheitskräften und Verwaltungsbehörden immer noch nicht, die rechtsstaatlichen Regeln im Asylrecht konsequent durchzusetzen. Der Staat lässt sich von abgelehnten, aber ausreiseunwilligen Asylbewerbern auf der Nase herumtanzen. Werden Einzelne dann zu mutmaßlichen Mördern, ist die Betroffenheit groß. Aber niemand verhindert mit der nötigen Entschlossenheit, dass solche verstörenden Gewalttaten wieder und wieder geschehen. Das ist nicht einfach nur ein Versagen, das ist eine Katastrophe. Es ist der Staat selbst, der das Vertrauen der Bürger in ihn untergräbt, dafür braucht es nicht erst die Hetzreden von Rechtsextremisten. Aber solange sich der Staat und die ihn repräsentierenden Regierungen in Bund und Ländern so schwach zeigen, fällt es den Aufwieglern der AfD natürlich umso leichter, ihre zersetzende Saat zu säen. "Wir müssen endlich im großen Stil abschieben", hat Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Interview gesagt. Bald ein Jahr ist das jetzt her. Wäre es nicht so grausam, man könnte nur noch darüber lachen.
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