Kriminalität in Niedersachsen: Schon mehr als 500 Straftaten mit Angriffsziel Wahlplakate
Der Bundestagswahlkampf ist kurz und hitzig. Die Polizei registriert einen deutlichen Anstieg der politisch motivierten Sachbeschädigungen. Welche Parteien sind am häufigsten betroffen?
In diesem Bundestagswahlkampf registriert die niedersächsische Polizei deutlich mehr politisch motivierte Straftaten als vor der Bundestagswahl 2021. Bisher blieb es in den weit überwiegenden Fällen bei Sachbeschädigung. Wie das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen auf dpa-Anfrage mitteilte, gab es seit Ende 2024 insgesamt 98 Straftaten, die sich gegen Amts- und Mandatsträger richteten - also zum Beispiel gegen Politiker oder Bürgermeister. Im Bundestagswahlkampf vor fünf Jahren waren es 48 solcher Taten.
In 79 der 98 Fälle handelte es sich um Sachbeschädigungen, also etwa Schmierereien an Parteibüros. Achtmal ging es um das Verwenden verfassungswidriger Kennzeichen wie Hakenkreuze.
Die Angriffe richteten sich laut LKA mehrheitlich gegen die SPD (34 Fälle) und die Grünen (33 Fälle), gefolgt von der CDU (20 Fälle). Die Zahlen sind noch vorläufig. Bislang wurden im Wahlkampf der Behörde zufolge lediglich eine Körperverletzung zum Nachteil von Amts- und Mandatstragenden und drei Beleidigungen registriert.
Kripo-Chef geht von "immenser Dunkelziffer" aus
Harry Blome, Chef des Zentralen Kriminaldienstes Hannover, vermutet allerdings eine "immense Dunkelziffer". Amts- und Mandatstragende zeigten Beleidigungen häufig nicht an - gerade, wenn es sich um Hasspostings in sozialen Medien handele, sagte der Leitende Kriminaldirektor.
Bei Beschädigungen von Wahlplakaten leitet die Polizei nur Ermittlungen ein, wenn die Taten angezeigt werden - häufig geschieht dies von den betroffenen Parteien selbst. Dem LKA zufolge gab es seit Jahresbeginn in Niedersachsen schon 533 Straftaten mit dem Angriffsziel Wahlplakate. Davon waren 213 Mal Plakate der AfD betroffen, 130 Mal Plakate der Grünen und 105 Mal der SPD.
Im Jahr 2021, als erst im September ein neuer Bundestag gewählt wurde, waren es landesweit 676 Taten, bei denen Plakate zerstört, gestohlen, beschädigt oder beschmiert wurden.
Auch in der Stadt und Region Hannover sind bei der politisch motivierten Kriminalität vor der Bundestagswahl am 23. Februar vor allem Plakate betroffen. Bislang gebe es 81 Strafanzeigen, in 65 Fällen gehe es um Sachbeschädigungen, berichtete Blome. Der Kripo-Chef hofft darauf, dass der Straßenwahlkampf weiterhin friedlich bleibt und es nicht zu körperlichen Angriffen kommt.
Abkühlung der hitzigen Debatten gefordert
"Ich wünsche mir eine Abkühlung der hitzigen Deutungen, der hitzigen Debatten, der hitzigen Diskussionen", sagte Blome. "Das tut uns als Gesellschaft überhaupt nicht gut." Die Menschen fühlten sich zunehmend unsicherer, die Verbrechensfurcht wachse. "Wir leben immer noch in einem sehr, sehr sicheren Deutschland", betonte Blome.
Die CDU sieht sich nach ihrer gemeinsamen Abstimmung mit der AfD im Bundestag auch in Niedersachsen zunehmend Protesten und Übergriffen ausgesetzt. Beim CDU-Landesverband in Oldenburg wurden nach Angaben der Partei die Buchstaben C und D aus dem Parteinamen übersprüht und überklebt. Vor einer Woche waren Aktivisten auf den Balkon der Geschäftsstelle des CDU-Kreisverbands Hannover geklettert. Sechs Menschen hatten dort laut Polizei Plakate aufgehängt und Bengalos gezündet. Die CDU stellte einen Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs.