Megayachting: Diese kuriosen Dinge dürfen auf einer Superyacht nicht fehlen
Darf es Knistergenerator für Feuergeräusche eines Bootskamins sein? Oder doch eher ein 30 Jahre lang handgewebter Teppich? Ein Schlüssellochblick in die Welt der Superyachten.
Manchem Schiffseignern ist es wichtig, dass die Mastspitze auch in 60 Meter Höhe im angesagten Matt-Finish scheint. Obwohl kaum ein Blick je dort oben ankommt, obwohl es teuer ist und aufwändig. Der Glasperlenstrahl raut die Edelstahloberfläche zudem auf und macht sie damit unnötig empfindlich gegen das Salzwasser, den Wind und alles andere, was an Yachten auf hoher See so nagt. Aber, sagt Bootsveredler Philip, unsere Kunden mögen es gerne perfekt, "schließlich kann es immer sein, dass jemand Fotos aus dem Heli schießt".
Ja, das kann sein. Philip, seinen Nachnamen möchte er nicht verraten, arbeitet in einer Welt, in der Hubschraubereinsätze zum Alltag gehören und in der Geld insofern eine Rolle spielt, als das es vorhanden ist und zwar reichlich. Sehen soll man es durchaus, aber bitte nicht in all den Einzelheiten, mit denen sich die Hersteller und Ausstatter von Superyachten den ganzen Tag beschäftigen.
Der Trend geht zur Zweit-Superyacht
Ende Februar im Hotel Hafen Hamburg, draußen ist es trist. Unterm "Elbkuppel"-Saal bei der "German Superyacht Conference" trifft sich die Branche: Werftbesitzer, Yachtingveranstalter, Techniker wie Kaminbauer und Antriebsingenieure, Designer aus Italien. Die Menschen, fast nur Männer, tragen dunkelblaue Slimfit-Anzüge, es wird auffallend wenig gesiezt, aber auffallend häufig von Nachhaltigkeit gesprochen.
Aber auch gleichzeitig vom Gegenteil gewissermaßen: vom Trend zum Zweitboot, genauer zur Versorgeryacht oder Explorer. Damit sind keine Schlauchboote gemeint, sondern Schiffe, die für sich genommen schon als Superyacht durchgehen – also alles ab ungefähr 40 Meter Länge plus, eher mehr. Meta-Chef Mark Zuckerberg (Instagram, Whatsapp) hat diese Entwicklung vor einiger Zeit einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht: Zusammen mit seiner Neuerwerbung "Launchpad" (118 Meter) übernahm er auch gleich die 67 Meter lange Versorgeryacht "Wingman", die nun an der Seite des Mutterschiffs reichlich auffällig über die Weltmeere schippert.
So ein Aufwand ist selbst für die geldsorgenlose Megayacht-Welt selten. Aber auch auf niedrigerem Niveau geht es noch üppig zu: Philips Firma zum Beispiel verkauft Meeresspielzeug wie Fliteboards und Slipwagen mit E-Motoren, nebenbei stattet sie Superyachten mit großkalibriger Ware aus: Außenbordmotoren für das Beiboot, Seabobs ("essentieller Yacht-Spaß"), Jetskis, und so genannte Yachtbeaches. Das sind Plattformen, die ans Schiff gehangen werden – für Ausrüstung, um Baden zu gehen oder einfach so zum Herumlümmeln.
Wer sowas braucht, was sowas kostet, wo das alles zum Einsatz kommt, darüber sprechen weder Philip noch die anderen gern. Diskretion gehört zu diesem Multimillionen-Geschäft. Manchmal ist von einem "aktuellen Projekt" die Rede, es fällt der Name einer Werft und spätestens dann wissen die allermeisten im "Elbkuppel"-Saal, um wen und was es geht. Denn so sehr die Branche auch boomt, sie bleibt exklusiv, also klein.
Ultimative Symbol für Reichtum, Luxus und Abenteuer
Yachten und Segelboote waren schon immer das ultimative Symbol für Reichtum, Luxus und Abenteuer. Schon mit dem Aufkommen der Dampfschiffe Mitte des 19. Jahrhunderts begann unter Königinnen, Kaisern und einigen Magnaten der Wettlauf um die größten, schönsten, mondänsten, schnellsten Schiffe. Wobei Größe mittlerweile nicht mehr so entscheidend ist. Natürlich gibt es diese Monsterschiffe, größer als Fußballfelder: Wie etwa die "Azzam" vom Vereinigte-Emirate-Präsident Muhammed bin Sayid mit 180 Metern.
Weil immer mehr Menschen immer mehr Geld besitzen, gibt es auch immer mehr Superyachten. Zurzeit sind auf den deutschen Werften 18 im Bau. Durchschnittslänge derzeit: 95,3 Meter. Interessanterweise haben sich in den letzten anderthalb Jahrhunderten die Schiffslängen nicht sonderlich geändert: Die "Hohenzollern" von Kaiser Wilhelm II. aus dem Jahr 1893 etwa war 116 Meter lang, das wäre unter den aktuell größten Motoryachten der Welt gutes Mittelmaß.
Beim Distinktionswettbewerb des 21. Jahrhunderts geht es zwar um interessantes Design, aber auch um das, was man nicht sieht. Jedenfalls nicht sofort, wenn man mal in Monaco oder auf Mallorca einen Blick auf die Ultraluxuskähne werfen kann.
Aus Braak westlich von Hamburg kommt Kaminbauer Stefan Nehry. Sein Unternehmen macht jede Art von Feuer, seit einiger Zeit auch auf Yachten. "Früher brannte es auf Schiffen überall: im Dampfkessel, in der Kajüte, in den Lampen. Heute ist Feuer noch für die Atmosphäre da, was die Sache aber immer noch herausfordernd macht", so Nehry. Verbrannt wird kaum noch Holz, zu umständlich in der Handhabung, sondern Gas oder Ethanol. "Manche entscheiden sich auch für einen holografischen Kamin. Das hat zwar nichts mehr mit Feuer zu tun, dafür braucht man aber auch keine komplexen Be- und Ablüftungsanlagen."
Funkenflug- und Knistergenerator für den Gaskamin
Gas- und Ethanol-betriebene Kamine seien im Grunde die beste Lösung. Mittlerweile gibt es auch Holzscheite aus feuerfestem Glasfaser, in denen die Brenner eingebaut sind. "Das sieht dann so aus, als ob tatsächlich Holz verbrennen würde", wie Nehry sagt. Problem: Die Flammen sind immer noch sehr statisch und Geräusche machte das Feuer auch nicht. Lösung: Ein Funkenflug- und Knistergenerator, die sich per App ein- und ausschalten lässt.
Timo Holthoff stattet seit 20 Jahren Superyachten mit Teppichen aus. Seine Auslegeware stammt aus Nepal, Indien, Thailand und China. Mit großer Begeisterung erzählt der Hamburger Händler von handgemischten, pflanzlichen Färbemitteln, von persischen Schlaufen und Generationen von Teppichknüpferfamilien, die über Monate wandgroße Teppiche knüpfen, weben, scheren und waschen. Sein Vortrag ist Liebeserklärung an das uralte Handwerk, Selbstbeweihräucherung, aber auch Ausweis vom Aufwand, den Superyachtbesitzer bereit sind zu betreiben.
"Ein handgeknüpfter Teppich aus Indien, natürlich Allergiker geeignet, von 990 Quadratmeter Größe für eine 120-Meter-Yacht, enthält 153.450.000 Knoten", so Holthoff. "Das entspricht 10.584 Arbeitstagen. Oder, für einen indischen Handwerker: rund 30 Arbeitsjahre ". Ein ganzes Leben für einen Teppich. Eine beeindruckende Rechnung, die er vermutlich auch erwähnt, um deutlich zu machen, dass Superyachten mehr sind als die Zurschaustellung obszönen Reichtums. Oder sein wollen. Denn ihre Eigner bescheren auch sehr vielen Menschen ein Auskommen.
Superyachting stößt vielen auch deshalb auf, weil es nicht eben ressourcenschonend oder gar klimafreundlich ist. Der reine Antrieb schluckt schon ordentlich, genauso viel geht für die Klimaanlagen drauf, dazu kommen Logistik und die ganze An- und Abreisen von Personal, Schiffseignern und -gästen. Jahrelang hat Marco Casali, Yachtdesigner aus Rom, so gut wie alles entworfen, was schwimmt. "Irgendwann hatte ich ein schlechtes Gewissen bekommen und beschlossen, ökologischer zu werden", sagt er.
50.000 Euro für einen nicht begehbaren Quadratmeter Yacht
Casali hat deshalb begonnen, solarbetriebene Yachten zu entwerfen. Die Boote sehen futuristisch aus, auch weil die Solarpanele viel Platz brauchen und der erzeugte Strom sinnvoll verteilt werden muss. Schwieriger, als angenommen, sei das. "Und dann kostet der Quadratmeter 50.000 Euro – viel Geld für Platz, den man nicht nutzen kann", so Casali. Das Gute sei jedoch, dass viele Kunden nicht nur sehr viel Geld hätten, sondern auch bereit seien, es für Innovationen auszugeben, so Casali: "Wer weiß, vielleicht entwickeln wir ja im kleinen Stil nachhaltige Techniken, die woanders auch im großen Stil funktionieren."