Asterix und sein Kumpel Obelix schienen verloren, doch dann nahm sich der Texter Fabcaro der geliebten gallischen Helden an. Nun ist sein neuester Streich erhältlich. Muss man "Asterix in Lusitanien" gelesen haben? Obelix muss ganz, ganz stark sein. Ließ er noch am Ende des letzten Asterix-Bandes "Die weiße Iris" ein leckeres Wildschwein zwischen Zeigefinger und Teller rotieren, geht er im neuesten Abenteuer, ja, wir sind bei Nummer 41 angelangt, kulinarisch eher schwierigen Zeiten entgegen. Denn dieses Mal verschlägt es Asterix und Obelix nach Lusitanien, eine Region, die wir heute als Portugal kennen. Kabeljau steht dort auf dem Speiseplan. "Müssen wir wirklich schon wieder verreisen, Asterix?", fragt Obelix folgerichtig in einem als Werbung für das neueste Abenteuer veröffentlichten Comicbild. Eine gute, eine berechtigte Frage, die sich eingefleischte Fans der beiden gallischen Überhelden vor Erscheinen jedes neuen Bandes stellen, seit Miterfinder René Goscinny 1977 starb. Asterix' zweiter Vater, Albert Uderzo, eigentlich Zeichner, übernahm auch über Jahrzehnte den Text. Das Ergebnis? Nun, das hätte er mal – mit wenigen Ausnahmen – besser bleiben lassen. Auch das Zwischenspiel mit Jean-Yves Ferri als Texter seit 2013 war eher eine Verwaltung des Goldesels Asterix, der mit jedem neuen Band die Kasse klingeln lässt. Dann aber kam der neue Texter, Fabrice Caro, Künstlername Fabcaro, sein Band "Die weiße Iris", war fulminant, wie mein Kollege Christoph Schwennicke urteilte . Nun bangten die Fans beim Erscheinen des zweiten Bandes von Fabcaro: War es eine Eintagsfliege? Oder ist "Asterix in Lusitanien" ein neuer Höhepunkt der Comicgeschichte? Die Antwort lautet: weder noch. Aber der Reihe nach. Visuell ist "Asterix in Lusitanien" ein Genuss, die Zeichnungen sind, ja, liebevoll, detailreich, witzig und opulent. Wie man es von Didier Conrad, der seit Band 35 das Zeichnen übernahm, durchaus gewohnt ist. Die Sehnsucht nach einem sonnigen Urlaub unter Portugals Himmel weiß er wohl zu wecken. Auch die grafischen Gags zünden, so fahren Asterix und Obelix eine "Heustelle" zum Auftanken an, "Essão", das blau-weiße Logo verweist auf das heutige Vorbild. Obelix verguckt sich wieder Dort nutzt Obelix, dem der Magen in der Kniekehle hängt, die Gelegenheit zum Meckern: "Wenigstens die Pferde kriegen was anderes als Kabeljau ..." Und da haben wir sie erwischt, Fabcaro und Didier Conrad, bei einer historischen Inkorrektheit: Ja, der Kabeljau gehört zu Portugal, wie der Käse zu den Schweizern (großartiger Band, "Asterix bei den Schweizern"), aber nicht zu Lusitanien in der Antike. Damals schwamm der Kabeljau noch weitgehend unbehelligt im Nordatlantik, seine Weiterverarbeitung zum traditionellen Bacalhau sollte noch lange der Erfindung harren. Aber lustig ist der Gag allemal, "Kabeljãu" statt "Wildsao", armer Obelix ... Die Geschichte von "Asterix in Lusitanien" ist relativ schnell erzählt, hier bleiben seine Schöpfer auf vertrautem, leider allzu vertrautem Terrain. Asterix und Obelix reisen nach Lusitanien, dort müssen sie eine Verschwörung aufklären und einen Unschuldigen aus dem Gefängnis befreien. Dieser hört auf den passenden Namen "Schãoprozes". In Lusitanien angekommen, verguckt sich Obelix dann zunächst in die schöne Oxala, die Tochter des Inhaftierten. Obelix sei die Schwärmerei gegönnt, aber das erinnert doch sehr an "Asterix als Legionär", wo der bärenstarke Gallier für Falbala starke Gefühle entwickelt. Der Druck auf Fabcaro und Didier Conrad ist sicher groß, die lesehungrigen Fans haben Erwartungen, Kritiker können gnadenlos sein. Vielleicht haben die beiden Asterix-Macher deswegen auf die sichere Bank gesetzt und sich an den älteren Abenteuern der Gallier orientiert. Aber genug der Kritik, das Duo hat einen guten, soliden, neuen Asterix erschaffen, der Freude macht. Wer traurig ist, kann trotzdem lächeln Und das aus mehreren Gründen: Wie so oft bei Asterix spießt die Erzählung nationale Besonderheiten des "Gastgeberlandes" auf und karikiert sie. Wie könnte es bei Lusitanien/Portugal etwas anderes sein als "Saudade", ein Wort, das sich kaum ins Deutsche übersetzen lässt. Weltschmerz trifft es irgendwie, aber nicht ganz. "Melancholisch sein und dabei lächeln", dieser Umschreibung folgten Fabcaro und Didier Conrad. Sie bieten sogar eine Erklärung an, woher die portugiesische Melancholie stammt. Einst wurde Viriatus, Vorkämpfer gegen die Römer, von Landsleuten an die Invasoren verraten. Diese Mischung aus tapferem Widerstand und der Niederlage aus Verrat kann in der Tat niederschmetternd sein. Auch der Fado, diese so traurig-schöne Musik, darf nicht fehlen. Sie bringt im Comic sogar die knallharten römischen Legionäre aus dem Takt: "Hat das alles überhaupt einen Sinn?" Das ist sehr, sehr lustig – Chapeau! Auch ansonsten spart "Asterix in Lusitanien" nicht an Querverweisen zur portugiesischen Geschichte. Im Knast treffen sie auf einen Häftling, der von seinen römischen Bewachern Nelken will. Eine Erinnerung an die Nelkenrevolution von 1974, nach der sich Portugal von der Diktatur zur Demokratie entwickelte. Es macht Spaß, diese Dinge zu entdecken. Aber auch die Gegenwart bekommt ihr Fett weg: Der Oberbösewicht hört auf den Namen "Fetterbonus", als Asterix und Obelix seine Geschäftsräume betreten, müssen sie erst ein Benutzerkonto einrichten. Und ein Passwort. "Feldflasche" reicht nicht. Es braucht auch eine Zahl dazu. Und ein Symbol. Wer kennt es nicht? Gleich zu Anfang ein besonders guter Witz: Die Ruderer an Bord der Galeere des Händlers Epidemais haben für ein Jahr ihren Vertrag unterschrieben, der sich immer wieder verlängert, wenn man ihn nicht kündigt. Wutbürger sind mit dabei So feuern Fabcaro und Didier Conrad ein ganzes Feuerwerk an Gags ab, die unsere Gegenwart spiegeln. Die Superreichen unserer Welt werden karikiert, ebenso die Globalisierung. Ein meckernder Zeitgenosse hört auf den Namen "Mandarfjagarnix" und ist das, was man bei uns einen "Wutbürger" nennen würde. Selbstverständlich spinnen die Römer weiterhin und werden auch verdroschen, soweit bleibt alles beim Alten. An einer Stelle hat sich aber etwas Entscheidendes verändert: Die Piraten werden selbstverständlich versenkt, aber der Pirat im Ausguck – der aus Afrika stammt – beherrscht plötzlich das "R". So gingen die Autoren auf Vorwürfe ein, dass die Darstellung dieses Piraten rassistisch geprägt wäre. "O tempora, o mores", zu Deutsch: O Zeiten, o Sitten", kommentiert ein anderer Seeräuber die neu gewonnenen Fähigkeiten des Mannes im Ausguck. Wie vielseitig Asterix und Obelix sind, erweist sich im 41. Band ihrer Abenteuer erneut. So verkleiden sie sich als Lusitanier, Obelix geht es sogar an seine Zöpfe. Sehr zu seinem Leidwesen. So trat Obelix noch nie in der Öffentlichkeit auf. "Asterix in Lusitanien" ist zudem nicht der erste Besuch der Freunde auf der Iberischen Halbinsel, zuvor waren sie bereits in Spanien (1969). Da war noch René Goscinny am Werk, der Altmeister, der Unerreichte. Mit "Asterix in Lusitanien" hat Fabcaro aber erneut bewiesen, dass er ein würdiger Nachfolger von Goscinny ist.