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"Drogenkrieg" auf Philippinen unter Duterte: "Gab jede Nacht neue Leichen"

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Die Ausrottung der Drogen versprach Rodrigo Duterte, damit meinte der Ex-Präsident der Philippinen die massenweise Tötung von Dealern und Süchtigen. Reporterin Patricia Evangelista erklärt, wie die Gewalt in ihrer Heimat außer Kontrolle geriet. Rodrigo Duterte erklärte den Drogen den Krieg, dafür entfesselte der frühere Präsident der Philippinen (2016 bis 2022) ein massenhaftes Morden. Über Jahre erschossen Polizisten und Vigilanten Zehntausende Menschen, alles gedeckt vom Staatsoberhaupt Duterte, der Gewalt und Töten propagierte. Patricia Evangelista, renommierte Reporterin und Investigativjournalistin, suchte im sogenannten Krieg gegen die Drogen Tatorte auf und sprach mit den Angehörigen der Opfer. Wie kam es zum Gewaltexzess während Dutertes "Drogenkrieg"? Warum mordeten die Täter? Und welche Warnung hält die Geschichte des philippinischen "Kriegs gegen die Drogen" bereit? Diese Fragen beantwortet Patricia Evangelista im Gespräch. Ihr Buch "Some People Need Killing. Eine Geschichte der Morde in meinem Land" ist mittlerweile auf Deutsch erhältlich. t-online: Frau Evangelista, wie bringt man Menschen zum Töten? Patricia Evangelista: Das ist leichter, als man denkt. Rodrigo Duterte folgte dem Handbuch der Autokraten, indem er den Menschen eine Geschichte erzählte. Darin ist er ein echter Meister. Duterte nahm all die Angst und all den Groll der Filipinos, geschürt durch Jahrzehnte enttäuschter Erwartungen: Dann gab er dem Feind einen Namen. Duterte erklärte die Drogen, die Drogendealer und nicht zuletzt die Drogensüchtigen zum Gegner. So ist es. Duterte erkor die illegalen Drogen zum Feind. Einen Gegner, den er zu vernichten versprach. Wie wollte der Präsident der Philippinen dieses Ziel erreichen? Indem er die Süchtigen und Dealer auszurotten versprach. Seine Sprache war die Sprache der Gewalt. Duterte hat für Metaphern nichts übrig: Wenn er töten sagte, dann meinte er auch töten. Menschenrechte sind für Duterte etwas für Schwache. Ihr Buch " Some People Need Killing" über Dutertes "Krieg gegen die Drogen" beginnt mit einem Zitat von ihm: "Ich will Angst verbreiten." An diesem Satz war ebenfalls jedes Wort wahr. Als die Morde damals ihren Höhepunkt erreichten, gab es jede Nacht neue Leichen. Sieben, zwölf, sechsundzwanzig. Duterte hatte aber nicht nur den Drogen den Krieg erklärt, sondern auch der Kriminalität und der Korruption insgesamt. Keines dieser Versprechen hat er eingehalten, gleichwohl mussten Tausende sterben. Dutertes Sprache triefte geradezu vor Gewalt, er dämonisierte Menschen zu Feinden. Reicht das aber als Erklärung für die blutigen Exzesse während des sogenannten Kriegs gegen die Drogen von 2016 bis 2022 aus? Es kommt noch etwas hinzu: Duterte sprach wie die einfachen Menschen, er hätte der betrunkene Vater, der fluchende Onkel sein können. Das machte Eindruck. Wir dürfen auch die Macht dieser Dämonisierung nicht unterschätzen: Nach Duterte waren Drogendealer und Drogensüchtige keine Bürger mehr, keine Menschen, sondern Monster, Verrückte. Wenn man dem Feind das Menschsein abspricht, ist sein Tod nicht mehr betrauerbar. Bei Ihren Recherchen haben Sie auch einen Täter namens Simon kennengelernt und befragt. Was hat er Ihnen erzählt? Simon ist ein gutes Beispiel. Er sah sich als gewöhnlichen Mann, gläubig, mit Frau und Kindern. Auch sei er keineswegs ein schlechter Mensch, erzählte mir Simon. Wirklich nicht. Dann sagte er aber: "Some people need killing". Zu Deutsch: "Manche Leute müssen getötet werden." Simon schätzte, dass seine Gang aus Vigilanten nach rund sieben Monaten etwa 20 Menschen auf dem Gewissen hatte. "Nach Dutertes Wahl ging das Töten wie von selbst, einer nach dem anderen", sagte er. Wer waren die Täter und Helfer Dutertes? Es waren Polizisten, es waren auch Vigilanten, Todesschwadronen, die auf die Menschen losgelassen wurden. Polizisten wurden also zu Henkern? Ja. Die internationale Gemeinschaft, darunter viele Menschenrechtsgruppen, schätzt die Zahl der Toten in Dutertes "Krieg gegen die Drogen" auf etwa 30.000. Ich und andere vermuten, dass es mehr Tote gegeben hat. Die philippinische Regierung selbst räumt jedoch ein, dass etwa 6.200 Menschen durch staatliche Kräfte getötet worden sind. Also durch Polizeikräfte. Duterte hatte den Polizisten den Rücken gestärkt, er sagte ihnen: "Wenn du unsicher bist oder vermutest, dass sie zuerst ziehen, töte sie, damit es erledigt ist. Ein Idiot weniger auf dieser Welt." Damit fielen alle Hürden. "Wenn sie einen Fehler machen, erschießt sie", sagte Duterte ebenfalls. Er erklärte ihnen, dass sie bei jeglicher möglichen Bedrohung, selbst wenn der Verdächtige nur nach unten greife, schießen sollten: Nicht um den Verdächtigen zu stoppen oder ihn zu verletzen. Nein, sondern um zu töten. Die Polizisten wussten, dass sie Dutertes volle Rückendeckung hatten, man nannte es "legitime Auseinandersetzungen". So nahm dieses Blutbad seinen furchtbaren Verlauf. Wie fanden die Täter ihre Opfer? Nun, es gab vor allem "Drogenlisten" der Behörden. Daran orientierten sich die Täter. Der "Philippine Daily Inquirer", eine Zeitung, führte ebenfalls eine Liste, eine "Kill List". Basierend auf den Berichten der Korrespondenten listete das Blatt dort chronologisch die Toten auf. Der erste "nicht identifizierte mutmaßliche Drogendealer" wurde am 1. Juli 2016 ermordet, es war der erste Tag von Dutertes Amtszeit. Es sollten noch viele, viele Tote folgen. Menschen wurden mit äußerster Brutalität umgebracht, Duterte ließ sich gleichwohl von Millionen Anhängern feiern. Wie erklärt sich das? Duterte hatte den Menschen so viel versprochen, viele glaubten ihm. Auch dass er alles anders machen würde als die Eliten und die Oligarchen, die Korrupten und Kriminellen. Dutertes Rhetorik wurde die Rhetorik der Mörder. Es gab zum Beispiel Mörder, die eine Waffe in die Hand nahmen und dann "Wir sind Duterte" riefen, bevor sie das Magazin in ihre Opfer entleerten. Das waren Vigilanten, die auf diese Weise mordeten. Sie ließen die Toten manchmal an Straßenecken zurück, manchmal stapelten sie die Leichen auch auf. Hände und Füße gefesselt, die Köpfe mit Klebeband umwickelt. Daneben dann Schilder mit der Aufschrift: "Drogendealer. Macht es nicht nach." Wie kamen die Täter aber an die Namen ihrer späteren Opfer? Die Verdächtigen waren meist junge Männer. Sie waren mutmaßlich drogenabhängig, mutmaßlich Drogendealer und standen auf örtlichen Überwachungslisten. Die Inhalte dieser Listen stammten teilweise von anonymen Quellen. Manchmal kamen neue Namen auch von Leuten, die sich der Regierung gestellt hatten, weil sie um ihr Leben fürchteten. Das waren Zehntausende, sie sagten bei der Polizei: "Ich bin ein Sünder, ich war in Drogengeschäfte verwickelt, ich werde nie wieder Drogen nehmen." Dann wurden sie verhört. Und die Polizei hatte neue Namen. Die Beamten behaupteten immer, dass die Verdächtigungen bestätigt worden seien. Aber es gab kaum Bestätigungen. Sterben mussten die Menschen trotzdem. Und nicht nur sie: Es starben auch Kinder und andere Unbeteiligte im Kreuzfeuer. Ein Polizist hätte es als Kollateralschaden bezeichnet. Ihr Buch beginnt mit der Geschichte des Mädchens Love-Love. Ihre Eltern wurden vor ihren Augen ermordet. Warum haben Sie unter all den furchtbaren Ereignissen während Dutertes Präsidentschaft diese Geschichte ausgewählt? Jede Reporterin und jeder Reporter sucht sich die Geschichte aus, die sie besonders berührt. Love-Love lebte mit ihrer Familie in einem Elendsviertel, eines Nachts drangen Männer, Masken über den Gesichtern, bei ihnen ein. "Positiv", sagte einer von ihnen. Gemeint war die Liste, die sie dabeihatten. Love-Loves Vater wollte vom Bett aufstehen, aber ein Baby lag auf seiner Brust. "Love" konnte er noch zu seiner Tochter sagen, bevor einer der Männer ihm in den Kopf schoss. Sein Blut spritzte über den Säugling. Was berichtete das Kind weiter? Love-Loves Mutter zeigt den Mördern Papiere, dass sie sich "gebessert" hätten. Das Mädchen selbst stellte sich zwischen die Mutter und den Lauf der Waffe. "Töte mich", sagte sie. "Nicht meine Ma." Dann gingen die Männer, kamen aber bald zurück. "Wir sind Duterte", sagte einer von ihnen, dann erschoss er Love-Loves Mutter, sie starb auf ihren Knien. "Ihr verdammten Wichser", sagt Love-Love zu ihnen. Sie antworteten: "Halt die Fresse, oder wir erschießen dich auch noch." Dann waren sie wieder weg. Und Love-Love konnte Ihnen berichten. Ja. Love-Love erzählte mir diese Geschichte, als sie elf Jahre alt war. Ich fragte mich deswegen, ob es in Ordnung war, ihren Bericht in mein Buch aufzunehmen. Sie war damals gerade 18 geworden und dachte lange und gründlich darüber nach. Dann sagte sie: Erzähle die Geschichte, erzähle sie so, wie ich sie dir erzählt habe. Das fand ich mutig, das war phänomenal. Denn ich berichte Love-Loves Geschichte nicht nur, weil sie die Grausamkeit dieses Krieges verdeutlicht, sondern auch seine Folgen. Tötet man einen oder beide Elternteile eines Kindes, sind die Folgen noch länger und noch furchtbarer. Wir müssen noch mal über Rodrigo Duterte sprechen und wie er diese Gewalt entfesselte. Ich werde nicht versuchen, Rodrigo Duterte zu erklären. Das ist unmöglich. Ich kann ihn aber beschreiben: Duterte ist der Sohn eines Gouverneurs, und er wurde Bürgermeister von Davao City, im Süden der Philippinen. Da hat er sich so etwas wie einen Namen gemacht. Die internationale Presse nannte ihn "Punisher", den "Bestrafer", dieser Name wurde aufgegriffen. Berichten zufolge hat er sich damals bereits Todesschwadronen bedient. Dutertes Argument war: "Wenn Sie in meiner Stadt ein Verbrechen begehen, sollten Sie besser verschwinden, sonst werde ich Sie verfolgen." Die Toten waren mutmaßliche Kriminelle, mutmaßliche Taschendiebe , mutmaßliche Drogenkonsumenten. Dieser Mann sollte es dann bis zum Präsidenten der Philippinen bringen. Als Duterte für das Präsidentenamt kandidierte, erwies er sich als phänomenaler Geschichtenerzähler. Ähnlich wie viele Autokraten auf der ganzen Welt. Er war charismatisch, charmant und witzig, Duterte weiß, wie man ein Publikum fesselt. Er sagte, die Fische würden sich an den Leichen von Kriminellen mästen. Er sagte, Bestatter würden durch eine Flut von Toten reich. Er sagte, wenn das Kind deines Nachbarn drogenabhängig ist, töte es, denn damit tust du seinen Eltern etwas Gutes. Er sagte so vieles. Und die Menschen glaubten ihm dies? Jedes Mal, wenn er diese Dinge sagte, war es für ihn ein Pluspunkt, denn Duterte unterschied sich vom Archetyp des philippinischen Politikers. Er hat keine Ausbildung im Ausland absolviert, er stammt nicht aus Manila . Er behauptete, ein Junge aus Mindanao zu sein: "Ich bin einer von euch." So konnte jeder Mann Rodrigo Duterte sein. Wir dürfen auch nicht vergessen: Es waren nicht nur die Ärmsten, die für ihn gestimmt haben, sondern auch die Reichsten. Alle sahen in ihm das, was sie sehen wollten: einen starken Mann, einen Vater, einen Messias, einen Helden, einfach alles. Er versprach, für jede Scheiße, die ein Filipino jemals durchmachen musste, eine Lösung zu finden. Und zwar mit der Waffe in der Hand. Sie gehören zu den philippinischen Journalisten, die unermüdlich über Verbrechen im sogenannten Krieg gegen die Drogen berichtet haben. Woher nahmen Sie die Energie und den Mut? Nicht zuletzt durch ungesundes Zeug. Vor allem Zigaretten. Aber Sie haben es gerade gesagt: Ich bin nicht der einzige Journalist, der während des "Drogenkriegs" darüber berichtet hat. Wir waren viele. Ich war Teil einer Gruppe namens "The Night Shift", "Nachtwache", weil die meisten Morde nachts geschahen. Wir haben einen Tatort nach dem anderen abgedeckt. Es war mir eine Ehre, mit den besten und mutigsten philippinischen Journalisten zusammenzuarbeiten. Dieses Buch ist daher nicht nur das Ergebnis meiner Arbeit, sondern der Berichterstattung von uns allen. Der Journalismus steht global zunehmend unter Druck, ebenso wie die Demokratie, für die er einsteht. Umso wichtiger ist die Arbeit, die meine Kolleginnen und Kollegen weltweit leisten. Viele von uns machen diesen Job, weil es der Job ist. Er muss gemacht werden, er ist wichtig. Das Wort "freie Presse" wird überall auf der Welt verwendet. Aber es ist eine Phrase: Wir feiern die Meinungsfreiheit und die Freiheit zu publizieren, vergessen aber viel zu oft, dass diese Freiheit von vielen Menschen mit ihrem Blut bezahlt wird. Wie viele Journalisten sind allein auf den Philippinen im Laufe der Jahre durch Schüsse gefallen? Ich war 23 Jahre alt, als 2009 32 Journalisten auf Mindanao massakriert wurden. Nun starben viel zu viele Journalisten im Krieg in Gaza. Welche Lehre lässt sich aus den Verbrechen des sogenannten Kriegs gegen die Drogen in Ihrer Heimat für die Zukunft ziehen? Die Lektion ist einfach. Glaubt den Demagogen und Autokraten: Wenn ein Autokrat im Wahlkampf von Mord spricht, glaubt ihm das. Wenn er sagt, er würde die Presse unterdrücken, Frauen erniedrigen und Minderheiten entrechten: Glaubt ihm auch das – und sagt: Nein! Die Philippinen sind nur ein Beispiel. Überall auf der Welt gibt es Autokraten wie Rodrigo Duterte. Wir sollten nicht zulassen, dass das Schreckliche zur Normalität wird. Wir müssen wachsam sein. Glauben Sie, dass Ihr Buch in Ihrer Heimat Veränderungen bewirkt hat? Als Journalistin habe ich äußerst begrenzte Erwartungen. Obwohl Rodrigo Duterte im März dieses Jahres vom Internationalen Strafgerichtshof verhaftet wurde, wurde er zwei Monate später als Bürgermeister von Davao City wiedergewählt. Es besteht die Möglichkeit, dass Sara Duterte, seine Tochter, die nächste Präsidentin der Philippinen wird. Ich erwarte nicht, dass mein Buch etwas verändert. Ich hoffe aber, dass es den Menschen, die mir ihre Geschichten anvertraut haben, Ehre erweist. Haben Sie jemals daran gedacht, einen anderen Beruf zu ergreifen? Nein. Frau Evangelista, vielen Dank für das Gespräch.



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