Studiwoche am Theater Heidelberg: Studentinnen im Theater - Hier prallen Welten aufeinander
Von Jonas Labrenz
In der Schweiz ist es schwer, Komödien zu spielen, der riesige Verbrauch von Kaffeekapseln ist ein Horror, und die DDR ist zumindest nicht wegen fehlender Plastikflaschen zusammengebrochen. Es ging lustig zu an diesem Nachmittag in der Kantine des Theaters. Zwei Studentinnen nutzten am Montag die Chance, während der Studiwoche "Theatercampus" mit den Schauspielern des hiesigen Ensembles ins Gespräch zu kommen. Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, "einen Dialog zu ermöglichen, auch zwischen Uni und Theater", sagt Saskia Sturm. Sie organisiert den Theatercampus zum ersten Mal.
In der Kantine nehmen mit gefüllten Tabletts vier Schauspieler, zwei Mitarbeiterinnen im Freiwilligen Sozialen Jahr und die Organisatorin mit den Studentinnen am Tisch Platz. Welten prallen aufeinander. Xenia Gerloff hat erst im September ihr Physikstudium aufgenommen und will sich jetzt ein Jahr Auszeit gönnen, viel lesen, fachfremde Vorlesungen besuchen und sich mit dem Theater auseinandersetzen. "Deshalb bin ich jetzt auch hier", erklärt die 17-Jährige. Daniela Schmidt dagegen bereitet sich gerade auf ihr erstes juristisches Staatsexamen vor und nutzt die spärlich bemessene Freizeit, um ein wenig unter Leute zu kommen und etwas über das Leben am Theater zu erfahren. "Ich mag Musik, Kunst und Theater einfach gerne", so die 24-Jährige.
Die Schauspieler erinnern sich an ihre Jugend: "Ich bereue total, dass ich das nicht gemacht habe", sagt Steffen Gangloff über Xenias Pläne für die Auszeit. Er selbst kommt nicht aus einer Künstlerfamilie und erinnert sich noch an die Auseinandersetzungen mit seinen Eltern. "Du musst was Handfestes machen", sagten sie damals zu ihm. Gangloff setzte sich durch und begann nach der Schule eine Schauspielausbildung. Sie solle sich wirklich nicht hetzen lassen, meint auch Sophie Melbinger. Die 32-Jährige ist erst seit drei Monaten am Theater in Heidelberg und hat ein paar Jahre gebraucht, bis sie Schauspiel studierte. "Das ist gut zu hören", lächelt Xenia erleichtert.
Trotzdem ist der Weg an eine Schauspielschule schwer, wissen die Darsteller. An staatlichen Schulen kämen heute 800 Bewerber auf zehn freie Plätze. Und selbst wenn man dieses Nadelöhr überwunden habe, sei es schwer, in dem überfüllten Markt Fuß zu fassen. "Ich kann den Beruf nicht empfehlen", lacht Olaf Weißenberg. Und dann sei man ja noch sprachlich gebunden, erklärt Hendrik Richter. Ein Freund von ihm werde trotz guter Sprachkenntnisse in Italien "immer für die Rolle des komischen Nordischen genommen".
Wie denn der Tagesablauf am Theater sei, wollen die beiden Studentinnen wissen. Vormittags wird geprobt, abends gespielt oder wieder geprobt, nachmittags hat man frei, "doch da musst du den Text lernen", erklärt Melbinger. Und während der Spielzeit ist es nicht drin, mal eine Woche freizunehmen. "Du musst eigentlich immer da sein", so Gangloff. Trotzdem lieben die Schauspieler ihre Arbeit, auch wenn es mal mit dem Regisseur knirschen kann.
Beim Kaffee angekommen, wird viel gescherzt. Über Kaffeekapseln, die Glasflaschen in der DDR und Vorurteile gegenüber den Eidgenossen. Am Abend geht es für Xenia dann weiter mit der Inszenierung von Hermann Hesses Steppenwolf. Und Daniela? "Ich muss wieder lernen", sagt sie, will aber bei anderen Terminen des Formats "Zu Tisch mit…" vorbeischauen.
Der "Theatercampus" läuft noch bis Freitag. Freie Plätze gibt es etwa noch beim Kaffee und Kuchen am Donnerstag um 14 Uhr mit Intendant Holger Schultze oder beim Workshop "Dirigieren" am Freitag von 10 bis 13 Uhr. Um 13 Uhr kann man dann in der Theaterkantine mit dem Musiktheater essen. Für diese Angebote kann man sich per E-Mail an theatercam pus@heidelberg.de anmelden. Den Abschluss der Woche bildet am Freitag um 22 Uhr die "Night of the Profs" - die große Party im Alten Saal des Theaters.