Heidelberg: Darum beharrt Ministerin Eisenmann auf Schulpolitik als Landessache
Von Tim Müller
Heidelberg. Gibt es den Bildungsföderalismus heute nur noch, um den Egoismus von Landespolitikern zu befriedigen? Es ist eine provokante Frage – zumal, wenn sie sich an die baden-württembergische Kultusministerin richtet. Und tatsächlich platzt Susanne Eisenmann (CDU) der Kragen: "Wenn der Bund die Bildungspolitik übernimmt, dann haben wir bald überall Zustände wie in Berlin!" Der Föderalismus rette das Bildungsniveau. "Wenn sich Berlin einschaltet, wird es selten besser", schießt die 55-Jährige mit rotem Kopf kurz vor Ende des Themenabends "Bildung – Vorreiter Baden-Württemberg?" hinterher.
Die CDU-Spitzenkandidatin folgte am Mittwoch der Einladung der Sektion Rhein-Neckar des Wirtschaftsrates der CDU und der Internationalen Berufsakademie der F+U Unternehmensgruppe in Heidelberg, um über die aktuelle Schulpolitik und die Zukunft der Bildung zu reden. Zentrales Thema des Abends: die fehlende Gleichrangigkeit von Studium und Ausbildung.
Während die hohe Attraktivität eines Studiums für Schulabgänger nach wie vor besteht, fällt es Betrieben seit Jahren immer schwerer, überzeugende Bewerber für ihre offenen Lehrstellen zu finden. Laut Eisenmann liegt das auch an den Eltern: "Dass berufliche und akademische Ausbildung gleichwertig sind, hat sich in der elterlichen Wahrnehmung extrem verschoben", so die gebürtige Bad Cannstatterin. Viele glaubten, dass soziale Reputation und finanzielle Anerkennung nur mit einem Studium möglich wären. "Hier ist noch mehr Aufklärungsarbeit nötig", ergänzt die Spitzenkandidatin der CDU im Rennen um den Posten des Ministerpräsidenten.
Kollektives Nicken. "So ist es", hört man von hinten. Die rund 60 Zuhörer sind vor allem Unternehmer aus der Region. Eisenmanns Ausführungen treffen hier auf offene Ohren.
Vor zwei Jahren habe man einen Tag der beruflichen Orientierung an allen weiterführenden Schulen eingeführt, an dem sich Schüler über ihre Perspektiven informieren könnten, sagt sie. "Zudem haben wir im vergangenen Schuljahr 2018/19 das Fach ,Berufs- und Studienorientierung’ neu eingerichtet". Der Leitfaden des neuen Unterrichtsfaches sehe einen beruflichen Orientierungstest, Studieninformationstage und eine Analyse der jeweiligen Schülerinteressen vor.
Eisenmann ist stolz auf diese Neuerung im Fächerkanon. Berufsbildung liegt ihr am Herzen. Sie richtet ihre Worte auch an die Vertreter der Wirtschaft: "Danke, dass Sie meine Schüler auf Berufsmessen informieren und Praktika anbieten." Das liege nicht nur im Eigeninteresse der Unternehmen, sondern auch des Landes. Man wolle schließlich die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts erhalten.
Bei allen wirtschaftlichen Überlegungen sind die Ausgangspunkte bei Bildungsfragen dennoch die Schüler. "Wir müssen jedem Einzelnen die Bildung zukommen lassen, die er braucht, um sich zu entfalten", erläutert Eisenmann. Neben der Berufsbildung sei da natürlich auch die klassische Bildung wichtig.
Im Hinblick auf die Bedürfnisse der Schüler, der Unternehmen und der Regionen wüssten die Länder besser Bescheid als eine Bundesinstanz. "Wenn Berlin das regeln würde, wären aber vor allem die Schüler die Leidtragenden", stellt die Ministerin klar.