Heidelberg: So steht es um die Ausbildung von Arzt-Assistenten
Von Birgit Sommer
Heidelberg. Drei Anbieter sind in Heidelberg angetreten, um Arzt-Assistenten (Physician Assistents, PA) auszubilden. Zwei setzen noch auf Heidelberg, einer weicht der geballten Konkurrenz nun aus: "Petaurum Academicum", die private Hochschule für medizinische Assistenzberufe, die von einer Genossenschaft getragen wird, kooperiert künftig mit dem Klinikum Mannheim – und möglicherweise weiteren Kliniken der Region. Bei diesem Projekt ausgestiegen ist deshalb nun der Heidelberger Kardiologe Dr. Mohammed Natour. Für ihn sei der Standort Heidelberg nicht austauschbar, sagte er der RNZ. "Dafür bin ich angetreten: in Heidelberg, von Ärzten für Ärzte."
Seine Partner im Vorstand der Genossenschaft, der Schmerzmediziner Prof. Peter Michael Osswald und der Hochschul-Experte Prof. Wolfram Hahn, sind weiter dabei. "Der Standort Heidelberg macht wenig Sinn für uns, aber wir bleiben in der Kurpfalz", verrät Osswald – hält sich aber zum genauen Standort noch bedeckt. Die Kooperation mit dem Klinikum Mannheim stehe fest, man habe ein großes Ärztenetzwerk für die Lehrpraxen aufgebaut sowie Investoren und "konkurrenzlos schöne Räumlichkeiten" in Aussicht.
Ab Frühjahr 2021 will "Petaurum Academicum" loslegen. Noch muss der Wissenschaftsrat der Hochschulneugründung zustimmen, mindestens zwei Studiengänge müssen akkreditiert werden. Und man denkt weiter: Studiengänge wie Zahnmedizin, Geriatrie, Psychologie und Schmerztherapie sollen dazukommen, zudem Masterstudiengänge.
Die private "Medical School 11" von Dr. Werner Birglechner hat seit November 15 künftige Studenten im "Vorkurs", in dem naturwissenschaftliche Grundlagen gelegt werden. Erst dann würde der dreijährige Bachelor-Studiengang folgen. Die Räume des Bildungswerks der Baden-Württembergischen Wirtschaft gegenüber dem Luxor-Kino sind für ihn jetzt eine Übergangslösung.
"Wir wollen so schnell wie möglich in die Campbell-Barracks", sagt Birglechner – zuerst in den ehemaligen "War-Rom" der US-Streitkräfte, eigentlich aber ins Torhaus, das nach dem Wunsch der Stadt speziell für eine Hochschule freigehalten wird. Auch der "Medical School 11" fehlen noch Zustimmung des Wissenschaftsrates und Akkreditierungen.
Ein Studiengang "Physician Assistent" entstand letztes Jahr an der Internationalen Studien- und Berufsakademie (ISBA Medical Academy). Wissenschaftlicher Leiter ist Dr. Herbert Zeuner, ehemals HNO-Arzt in Heidelberg und Präsident der Landesärztekammer Nordbaden. Die ISBA gehört dem privaten Bildungsträger F+U – sie sitzt auch in deren Bildungscampus am Hauptbahnhof – und dem Kolping-Bildungswerk.
Beide wollen sich in Sachen Gesundheit besser aufstellen. Zeuner sieht die Ausbildung von PAs auch aus Sicht seines Berufsstandes: Statt ärztliche Leistungen auf Pfleger zu übertragen, was die Politik jetzt ausprobiert, sollten die PAs mit einer an das Medizin-Studium angelehnten Ausbildung plus Fähigkeiten in Controlling und Abrechnung tatsächlich Routinearbeiten des Arztes übernehmen – von der Funktionsdiagnostik bis zur Dokumentation. So, dass die Ärzte mehr Zeit für die Patienten haben.
"Wir hatten noch nie so viele Ärzte wie jetzt", so Zeuner, "aber das reicht nicht, um die Ansprüche der Gesellschaft zu befriedigen." Dass sich ärztliche und nichtärztliche Berufe mehr auf Augenhöhe begegnen könnten, liege zudem im Interesse der jungen Leute, die sich flachere Hierarchien wünschten.
Trotz der möglichen Konkurrenz von Hochschulabschlüssen sieht Zeuner seine Berufsakademie gut aufgestellt mit "tollen Vorleseräumen", E-Learning, Telemedizin, Kooperation mit Praxen. Den Arbeitgebern, die sich an den Studiengebühren beteiligen können, fehlten die Studenten im berufsintegrierten Studium nur selten. Die Studiengänge seien so gut wie akkreditiert. Im Herbst will er mit 45 Interessenten beginnen. Eine Zusammenarbeit mit den Dozenten der anderen Hochschulen kann Zeuner sich gut vorstellen – genau wie Prof. Osswald von "Petaurum Academicum".