Domino's-Chef: "Die Deutschen mögen Pizzen, die es woanders nicht auf die Karte schaffen"
Domino's ist das McDonald's der Pizzawelt. Filialen in 84 Ländern und ein Jahresumsatz von 3,4 Milliarden US-Dollar machen den Konzern aus Ann Arbor, Michigan, zum weltweit größten Pizzaverkäufer. Nur in Deutschland konnte das Pizzaimperium lange nicht Fuß fassen. Bis man mit Joey's (2016) und Hallo Pizza (2017) kurzerhand die beiden größten Pizzaketten des Landes aufkaufte und die Filialen auf Domino's umflaggte.
330 Filialen hat Domino's mittlerweile hierzulande, etwa dreimal soviel wie der stärkste Konkurrent. Umsatzzahlen für Deutschland kommuniziert der Konzern nicht. Für das vergangene Halbjahr aber meldete Domino's gerade 9,4 Prozent mehr Umsatz in Europa, mit "besonders starker Entwicklung in Deutschland". Angeführt wird die Dominoisierung der deutschen Pizzalandschaft von Stoffel Thijs, einem 39-jährigen Holländer, der bereits mehr als sein halbes Leben im Konzern arbeitet. Der stern hat den Deutschland-Chef von Domino's in seiner Hamburger Kommandozentrale zum Interview getroffen.
Herr Thijs, vor 23 Jahren haben Sie in den Niederlanden als Lieferfahrer bei Domino's angefangen. Was ist Ihre schlimmste Erinnerung an die Zeit als Pizzabote?
Ich habe 1997 angefangen, bei Domino's zu arbeiten, weil man da Roller fahren konnte, Pizza essen und Geld bekam man auch noch. Das fand ich toll als 16-Jähriger. Aber natürlich gab es auch die stressigen Tage, an denen wir unterbesetzt waren und ich kam von einer Lieferung zurück in den Laden und da wartete schon ein Berg von 20 neuen Pizza-Schachteln auf mich. Eine andere Erinnerung ist, wie ich bei schlechtem Wetter auf dem Roller sitze und sich der Regen langsam in einer Falte der Jacke sammelt und auf einmal ist dein Bauch nass und du hast noch drei Stunden Arbeit vor dir.
Wie wurde aus dem holländischen Lieferjungen der Chef der größten Pizzakette in Deutschland?
Ich habe ungefähr zwei Jahre lang Pizzen ausgefahren. Dann wurde ich Pizzabäcker, Schichtleiter, Store Manager und mit 24 habe ich vier Franchiseläden in meiner Heimatstadt übernommen. Parallel habe ich meinen Bachelor-Abschluss in Management gemacht, was cool war, weil ich alles, was ich gelernt habe, sofort in den Läden anwenden konnte. Dann habe ich für Domino's in den Niederlanden ein Netz von 30 unternehmenseigenen Läden aufgebaut, war ein Jahr CEO von Domino's Frankreich und habe dann die Position hier in Deutschland übernommen.
Statt im Pizzaladen sitzen Sie jetzt in einem Büro in Hamburg mit Blick auf die Elbphilharmonie. Was tun Sie da den ganzen Tag?
Tatsächlich versuche ich so wenig wie möglich im Büro zu sitzen. Ich fahre viel raus in unsere eigenen Läden, wo wir neue Dinge ausprobieren und treffe auch viele Franchisepartner, denn die große Mehrheit unserer Läden in Deutschland werden von Franchisenehmern betrieben. Vapiano 10.43
Durch den Kauf der beiden größten Konkurrenten Joey's und Hallo Pizza ist Domino's mit 330 Läden die mit Abstand größte Pizzakette in Deutschland. Aber das reicht Ihnen nicht. Das erklärte Ziel sind 1000 Läden. Wie wollen Sie das erreichen?
Indem wir einen guten Job machen. Wir möchten mehr Pizzen verkaufen, unsere Franchisepartner dabei unterstützen, noch erfolgreicher zu werden, und so gemeinsam weitere Stores eröffnen.
Oder Sie schlucken einfach den nächsten Wettbewerber?
Eine größere Übernahme sehe ich derzeit eher nicht, kleinere Zukäufe sind immer möglich. Unser Fokus liegt eindeutig auf organischem Wachstum, wir wollen möglichst viele Pizzabäcker überzeugen, bei uns Franchisenehmer zu werden. Mein Ziel ist es, dass die Deutschen irgendwann nicht mehr sagen 'Ich habe Lust auf Pizza', sondern 'Ich habe Lust auf Domino's'. Wir wollen das Synonym für Pizza werden.
Wie läuft das Geschäft in Deutschland insgesamt?
Wir haben ein gesundes Wachstum. Wir erreichen immer mehr Kunden und die Kunden kommen auch wieder, das zeigt uns, dass wir einiges richtig machen.
Mit 1000 Läden wären Sie hierzulande sowas wie das McDonald's für Pizza. Groß bedeutet aber nicht unbedingt gut. Was hat der Kunde davon, dass ein global tätiger Konzern den kleinen Pizza-Laden an der Ecke verdrängt?
Unser Mehrwert ist klar: Wir wollen den Kunden nicht nur guten Service bieten, sondern auch ein tolles Produkt, also leckere Pizza. Je mehr Läden wir haben, desto näher sind wir an den Kunden und können schneller die heiße Pizza liefern. Wenn die Pizza nicht gut schmeckt, hilft dir alles Marketing der Welt nichts.Kiwi-Pizza 21.20
Ihre aktuellen Monatsangebote sind Pizza mit Gyros und Zaziki sowie Pizza Kebap mit Cocktailsauce. Wer denkt sich sowas aus?
Wir haben einen Koch, der Food Trends beobachtet und Rezepte speziell für den deutschen Markt entwickelt. Mein Privileg ist es, das ich auch selbst Vorschläge machen darf.
Nennen Sie mal eine Ihrer persönlichen Ideen, die es nie auf die Karte geschafft hat?
Wir hatten mal eine Kreation mit Fleischkroketten, die in den Niederlanden sehr beliebt sind. Die fand ich persönlich superlecker, aber sie hat es leider nicht auf die Karte geschafft (lacht).
Ihre Pizzen sind Kalorienbomben und wimmeln von Schinken, Steakstreifen, Würstchen, Speck und Hackfleisch. Geht der Trend zu weniger Fleisch und gesünderem Essen komplett an Ihnen vorbei?
Wir sehen diesen Trend und wir haben auch vegetarische und vegane Pizzen im Angebot. Aber wir versuchen nicht, etwas zu sein, was wir nicht sind. Wir wollen vor allem leckere Pizzen backen, nicht gesunde. Geschmack und Qualität stehen an erster Stelle. Wir versuchen aber, weniger ungesund zu sein, wenn es den Geschmack nicht beeinträchtigt, beispielweise indem wir Zucker, Salz und Zusatzstoffe reduzieren.
Wirklich günstig sind Ihre Pizzen nicht. Eine Medium-Pizza kostet 10 bis 12 Euro, das zahlt man auch im Restaurant. Können Sie zu diesen Preisen nicht wenigstens Biofleisch anbieten?
Das ist für uns ökonomisch schwierig. Wir haben Tests gemacht, doch die Resultate fielen leider nicht so positiv aus. Den Preisunterschied kennen Sie ja selbst aus dem Supermarkt. Dennoch arbeiten wir an uns und suchen hier weiter nach Möglichkeiten.
Was ist an deutschen Pizza-Kunden anders als an holländischen oder französischen?
Die Deutschen mögen Pizzen, die es woanders nicht auf die Karte schaffen würden. Wir haben hier zum Beispiel eine Pizza mit Schinken, Brokkoli und Sauce Hollandaise auf der Karte. Sie heißt "Dutchman", aber ein Holländer würde die niemals bestellen. In Frankreich ist eine Pizza mit Kartoffeln und Speck recht beliebt bei unseren Kunden, das geht in Deutschland gar nicht. Die Deutschen lieben außerdem Pizzabrötchen wie kaum eine andere Nation.
An welchen Innovationen arbeiten Sie zurzeit? Die Lieferroboter, mit denen Sie in der Vergangenheit experimentiert haben, sind ja erstmal nicht in Serie gegangen.
Die Lieferroboter waren ein cooler Test, den wir mit Domino’s aktuell in Neuseeland noch weiterführen. Aber woran wir hart arbeiten, ist, dass wir so viel wie möglich mit E-Bikes und E-Rollern ausliefern – in Hamburg wird damit schon jede zweite Lieferung gebracht. Und wir testen viel im Hintergrund, zum Beispiel wie künstliche Intelligenz unsere Prozesse noch effizienter machen kann. Wir nutzen Datenanalysen, um sicherzustellen, dass wir in den richtigen Momenten genug Fahrer bereitstehen haben. Nicht nur, was typische Tageszeiten angeht, sondern auch lokale Ereignisse wie Fußballspiele oder Wetterprognosen. Regenwetter zum Beispiel ist hervorragendes Pizza-Wetter, weil die Leute nicht vor die Tür gehen. Da schießt die Zahl der Bestellungen zuverlässig in die Höhe.
Letzte Frage: Welche Pizza ist Ihr persönlicher Favorit?
Ich mag die Sucuk-Pizza sehr gerne.