Straßenkunst in Hardheim: In Krise Freudiges und Positives dargestellt
Hardheim. (adb) Kunst liegt im Auge des Betrachters und ist für diesen nicht immer selbsterklärend. Dass es aber mit einer Tempoüberwachung verwechselt wird, ist nicht alltäglich: "Als ich mein fertiges Werk fotografiert habe und die Kamera aufstellte, dachten manche zunächst an eine Radarfalle", erklärt die Hardheimer Künstlerin Chris McCollough lachend. Im Fokus ihrer Linse befand sich in diesem Moment das farbenfreudige Bildnis "Sun, Fun and Friends", das sie in ihrer Hofeinfahrt auftrug.
"Ohne die Corona-Pandemie wäre ich ins südbadische Blumberg nahe der Schweizer Grenze auf das größte süddeutsche Streetart-Festival gefahren", erklärt die ursprünglich aus der US-amerikanischen Autostadt Detroit stammende, erstmals über die Army nach Deutschland gekommene Künstlerin.
So ganz "ohne" geht aber auch nicht: Nachdem das Event aus gegebenem Grund entfiel, rief Initiator Clemens Benzing die Teilnehmer zu einem "Onlinefestival" auf, bei dem jeder einen frei wählbaren Betrag spenden und eigene Werke präsentieren kann. Für Chris McCollough ein wichtiges Thema: "Die Straßenkünstler leben von solchen Festivals! Wenn aber nichts dergleichen stattfindet, fehlen ihnen ihre zur Lebensunterhaltung wichtigen Einnahmen", erklärt sie nachdenklich. So dachte sie an eine eigene Interpretation des Themas "Straßenkunst", was sich nicht als einfach erwies: "Es erscheint mir als bedrückend, sich ausschließlich auf Corona zu konzentrieren – ich wollte etwas Freudiges und Positives darstellen", schildert sie im RNZ-Gespräch.
Inspirationen für das neue Werk fand sie in ihren Terrarien und ihrem Teich: "Bei uns leben insgesamt acht Schildkröten, die mir durch ihre gemütliche Art sehr imponieren und uns Menschen dadurch den Spiegel vorhalten: Mehr als Sonne, Freunde und Spaß brauchen wir doch eigentlich nicht!", erklärt sie.
Folgerichtig trägt ihr Kunstwerk den Titel "Sun, Fun and Friends" und zeigt vier im Wasser ihr Leben genießende Schildkröten – "zwei Zierschildkröten, eine Nelson-Schildkröte und eine Europäische Schildkröte", wie sie betont. Erstellt wurde das Gemälde bewusst mit Tempura sowie Pastell- und Schulkreide: "Es soll vergänglich sein", räumt Chris McCollough ein und lässt wissen, dass die mit Tempura gemalten Abschnitte noch für einige Monate auf dem Asphalt zu sehen seien, die Kreidezeichnungen jedoch nach einigen Regengüssen der Vergangenheit angehören. "Mit dem Werk verbinde ich die Hoffnung auf Sonnenschein, wahre Freundschaft und Spaß am Leben", umschreibt sie ihre Intention.
Die sie übrigens in beachtlichem Arbeitstempo in die Tat umzusetzen vermocht hatte: Von der ersten flüchtig aufgezeichneten Skizze bis zur fertigen Umsetzung vergingen lediglich sieben Stunden. Eine Zeit, in der die nicht zuletzt durch ihre Stände an den Kunsthandwerkermärkten in der Erftalhalle bekannt gewordene Künstlerin von einigen Passanten angesprochen wurde. "Die häufigste Frage bestand darin, was ich da gerade mache und was mein Bild darstellt – und es ist durchaus positiv angekommen", blickt Chris McCollough erfreut zurück.
Nur die "Schlussabnahme" erwies sich als Beweis dafür, dass der auch künstlerisch beste und vielleicht kurioseste Actionfilm nicht etwa über Kino-Leinwände und TV-Bildschirme flimmert, sondern das wahre Leben ist: Zufällig vorbeikommende Autofahrer und Anwohner hatten sich gefragt, ob sie nicht gerade aufgrund zu schnellen Fahrens "geblitzt" worden waren. Sicher waren sie erleichtert, als sie "nur" Kameras und äußerst farbenprächtige, inhaltlich bemerkenswerte Straßenkunst sahen.