Mannheim: Im Franklin-Quartier soll's "das Wohnen von morgen" geben
Von Wolf H. Goldschmitt
Mannheim. Klotzen, nicht Kleckern lautet der Leitsatz von Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD), wenn es um das Lieblingsprojekt "Blue Village Franklin" geht. "Ziel ist es, im Rahmen des Mobilitätskonzepts im ganzen Stadtteil möglichst wenig Energie zu verbrauchen, möglichst viel erneuerbare Energie vor Ort zu erzeugen und möglichst wenige Emissionen zu verursachen", verkündet Mannheims Stadtoberhaupt. Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) hat gestern das ambitionierte Pionierprojekt auf dem Gelände der ehemaligen US-Kasernen bei Käfertal unter die Lupe genommen. Das Fazit seines Kurzbesuchs: "Es klingt gut, wenn es in Städten sauberer und leiser wird."
Es kommt zehn Minuten zu früh, das weiße Elektro-Mobil mit der Nummer "SUM". Lieber zu früh als zu spät, denkt der Grüne mit Blick auf die Aufgaben der Zukunft. Und schaut sich genau an, wofür die Landesregierung bisher drei Millionen Euro ausgegeben hat. Ob es noch weitere Finanzspritzen für das Pilotprojekt geben wird, lässt er offen. Aber Vorbildfunktion könne Mannheims Pionierleistung schon haben, falls auch in Stuttgart die US-Armee abgezogen wird und plötzlich große Flächen zur Bebauung zur Verfügung stünden. Das hört sich nach Zukunftsmusik an. Die wird auch in Franklin gespielt. "Hier sehen wir das Wohnen von morgen. Das ist spannend und eines der innovativsten Vorhaben im ganzen Land", analysiert Franz Untersteller.
Die Messlatte für Franklin liegt freilich hoch. Das Lernfeld für ökologisches Bauen, bezahlbare Wohnungen, neue Mobilität und innovative Architektur mit historischen Bezügen soll bis 2028 Heimat für rund 10.000 Mannheimer werden. Das Gebiet um die Thomas-Jefferson- und Robert-Funari-Straße beherbergte bis vor zehn Jahren die ausgedehnteste Siedlung der amerikanischen Truppen auf deutschem Boden – mit einer völlig autarken Infrastruktur. Mit nahezu 150 Hektar ist das Areal fast genauso groß wie die City der Quadratestadt. Mit im Boot auf der wohl größten Baustelle in Nordbaden ist auch die kommunale Wohnungsbaugesellschaft GBG und deren Tochterfirmen.
"Square" heißt das Modellprojekt für energieeffiziente Gebäudesanierung, bei dem alte Kasernen zu ökologischen Modellhäusern mit bis zu 48 Wohnungen umgebaut wurden. Klare Aufgabe: ein Maximum an ökologischer Verträglichkeit. Diese Energiesparhäuser besitzen Sonnenkollektoren auf den Dächern und Speicherkapazität im Keller, mit dem Elektrofahrzeuge geladen werden können. Insgesamt 60 Millionen Euro investiert die GBG jährlich ins klimaschonende Wohnen. In ihrem Geschäftsplan für Franklin stehen 220 Millionen Euro. Wirtschaftsbürgermeister Michael Grötsch und gleich drei Geschäftsführer der städtischen Gesellschaften überschütten den Minister auf seiner Sommertour mit Informationen.
Und Untersteller hört genau zu, gibt abschließend sogar ein paar Tipps wie es noch besser gemacht werden kann. Zum Beispiel empfiehlt er eine neue Ladestation für jene drei Elektrobusse, die fast geräuschlos durch Franklin fahren: "Eine Erfindung aus Nürtingen lädt ihre Fahrzeuge ruckzuck." Dass die in Wohnungen eingebauten Touch-Screen-Bildschirme, die den aktuellen Konsum von Ressourcen anzeigen, automatisch von allen akzeptiert werden, glaubt Untersteller nicht.
Er schlägt deshalb vor, Anreize zu schaffen, den häuslichen Verbrauch zu kontrollieren: "Vielleicht mit Freifahrtscheinen für den ÖPNV oder Tickets fürs Freibad." Er kenne einen Hotelier, der belohne seine Gäste, die ihr Auto während des Urlaubs stehen lassen, mit Bergkäse, so der Minister. Grötsch kontert scherzhaft: "In Mannheim könnten wir es mit Mannemer Dreck versuchen."