Heidelberger Heiligenberg: Bei der Sommertour ein Geheimnis gelüftet (plus Fotogalerie)
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Von Anica Edinger
Heidelberg. Viele Rätsel umgeben den Heiligenberg. "Er wirft mehr Fragen auf, als er uns Antworten bietet", sagt Renate Ludwig, die Leiterin der Abteilung Archäologie und Denkmalschutz des Kurpfälzischen Museums. Doch ein Geheimnis des Heiligenbergs ist jetzt gelüftet – und 15 Leserinnen und Leser der RNZ waren am Dienstagabend die Ersten, die davon erfuhren.
Denn bei der archäologischen Führung zum Thema "Kelten auf dem Heiligenberg" im Rahmen der RNZ-Sommertour präsentierten Renate Ludwig und ihr Kollege Tobias Schöneweis vom Kurpfälzischen Museum den Lesern "brandaktuelle, spektakuläre Forschungsergebnisse", so Ludwig – und zwar zum Heidenloch.
Denn dieses war die letzte Station auf der gut eineinhalbstündigen Tour – und es gehört zu den sagenumwobensten Orten auf dem Berg oberhalb Handschuhsheims. 50 Meter ist es tief; darum, wann es wofür genutzt wurde, stritt sich viele Jahre lang die Wissenschaft. War es ein keltischer Kultschacht? Ein römisches Aquädukt? Erst vor drei Wochen schickte das Kurpfälzische Museum in Kooperation mit dem Landesamt für Denkmalpflege einen Kameraschlitten in den Schacht, mithilfe dessen ein 3D-Modell angefertigt werden konnte, das endlich neue Erkenntnisse liefern sollte. Und das tat er. "Beim Anschauen der Bilder ist es Herrn Schöneweis wie Schuppen von den Augen gefallen", berichtete Ludwig.
Das Video offenbarte: Bei der Anlage muss es sich um einen mittelalterlichen Brunnen gehandelt haben. "Über die Struktur der Felswände konnten wir spannende Details in Erfahrung bringen", erklärte Schöneweis den Lesern. Er fand Spuren eines hölzernen Gerüsts, die in der Felswand noch erkennbar waren. Es seien Balkenlöcher und kleine Sitze zu sehen – typisch für Brunnen-Schachtbauwerke des Mittelalters. Eine 100-prozentige Sicherheit gebe es zwar nicht für diese Annahmen. "Aber alle Indizien sprechen dafür", erklärte Ludwig. Und so sei das Heidenloch ein klein wenig entzaubert worden.
Dass es dennoch auch weiter genügend Zauber auf dem Heiligenberg gibt, führten die beiden Archäologen den Lesern bei der Sommertour eindrücklich vor Augen. Und sie hatten sich mit Infomaterial gewappnet: Zwei Flyer gab es für die Sommertouristen, dazu noch ein eigens für die Leser vorbereitetes Handout. "Wir wissen denkbar wenig darüber, wie die keltische Höhensiedlung hier aussah", erklärte Ludwig. Was man weiß: Zwei Wälle umschlossen zwischen 480 bis 280 vor Christus die Kelten-Siedlung auf dem Heiligenberg – der äußere fünf, der innere drei Kilometer lang. Damit zählt die Siedlung zur größten vorgeschichtlichen Höhensiedlung in ganz Nordbaden. Reste dieser Ringwälle sind überall auf dem Berg noch zu sehen – auch in Form von Steinhaufen. Diese seien teilweise mehrere Tausend Jahre alt, erklärte Schöneweis den Lesern. Auch die Abbruchkanten der keltischen Ringwälle sind noch gut erkennbar – eine davon war eine Station der Leser.
Bei einer weiteren erwartete die Sommertouristen noch eine Überraschung: Mitten im Wald, an einer ehemaligen Ausgrabungsstätte der Archäologen, wartete Karl Fricke-Pälzer, Restaurator für archäologische Funde im Kurpfälzischen Museum, an einem kleinen Tisch mit Ausgrabungsstücken. Die wurden vergangenes Jahr bei einer vierwöchigen Lehrgrabung, an der auch Laien teilnehmen durften, gefunden. "Die Kollegen vom Denkmalamt sind immer wieder erstaunt über die schiere Menge der Funde auf dem Heiligenberg", sagte Ludwig. Darunter war etwa keltische Keramik aus dem fünften Jahrhundert vor Christus, Wetzsteine, eine Glasperle, aber auch Teile von Briquetage-Tiegeln zur Salzgewinnung. Diese deuteten darauf hin, dass von der Keltensiedlung auf dem Heiligenberg aus reger Handel betrieben wurde.
Die Grabung zeigte also auch: Es gibt noch viel zu tun auf dem Heiligenberg. Und da nun auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann Baden-Württemberg zum Keltenland erklärt hat, kommt nun wohl neuer Schwung in die Erforschung der Keltenkultur – auch in Heidelberg.